Der belgische Autor Samuel Quiccheberg (1529-1567) stellt mit seinem 'Traktat' Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi' von 1565 den Anfang der Museumslehre in Deutschland dar. Diese erste Theorie mit praktischer Anleitung zu Aufbau und Präsentation der Objekte in einem Museum steht in enger Verbindung mit der Münchner Kunstkammer, die zur gleichen Zeit gebaut wurde. Quicchbergs außerordentliche Leistung besteht darin, die klassischen Bereiche der Kunst- und Wunderkammer mit den Naturalia, Mirabilia, Artefacta, Scientifica, Antiquites und Exotica zu einer Einheit zu verbinden, die den Begriff Museum rechtfertigt. Erstmals gibt eine Übersetzung und Edition des Textes einen Einblick in die Sammelwelt des 16. Jahrhunderts. Der ausführliche Kommentar entschlüsselt die Verständnisebenen des Textes in seinem wissenschaftshistorischen, kunsthistorischen und ideengeschichtlichen Kontext. Fragen nach theoretischen und praktischen Vorbildern werden neben dem Museumsbegriff und der Bedeutung für die neuere Museumsgeschichte erörtert. Quicchebergs Traktat zeigt, dass die Kunstkammer des späten 16. Jahrhunderts nicht nur eine Ansammlung von Kuriositäten war, sondern das Bemühen von Gelehrten widerspiegelt, die nach einer Ordnung von Welt und Natur, besonders aber nach einer Ordnung des Wissens suchen.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Bernhard Graff ist begeistert! Harriet Roths Dissertation über Samuel Quiccheberg, den Begründer der deutschen Museumskunde im 16. Jahrhundert, ist ein "glänzendes" Grundlagenwerk, schwärmt er. Roths Verdienst sei einerseits die erstmalige geschlossene Übersetzung von Quicchebergs lateinischem Traktat, das ein fünfteiliges Ordnungssystem für das Museum ("Theatrum") entwirft, und andererseits die gekonnte und "wissenschaftlich präzise kommentierte" Einführung in die "Welt der gelehrten Gedanken des 16. Jahrhunderts, den Makrokosmos des Wissens und den Mikrokosmos der Sammlungen". Nun fragt sich der Rezensent, ob Roths Arbeit eine "Orientierung für die Probleme der Museen in unserer Zeit" liefern kann. Dazu zitiert er Roths Schlussbemerkung, in der sie Quicchebergs Traktat als Anregung begreift, über die "Ordnung von Wissen" und deren "Darstellung" nachzudenken. Fazit des begeisterten Rezensenten: "Roths Buch liest sich spannender und ist um Klassen substanzieller als viele neuere Grundlagenwerke dieser Disziplin."
© Perlentaucher Medien GmbH
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