Die enge Verflechtung von Architektur, Macht und Politik Ein neuer Blick auf berühmte Bauten und ihre Symbolkraft.
Faszinierendes Panorama großer Architektur des 20. Jahrhunderts
Ob Präsidenten, Diktatoren oder schlicht Millionäre, fast allen Mächtigen dieser Welt ist eines gemeinsam: die Faszination für Architektur. Was motivierte sie, oft in großem Stil Monumente, Paläste, Moscheen und Museen errichten zu lassen? Der Architekturkritiker Deyan Sudjic geht in diesem Buch dem engen Verhältnis von Architektur, Macht, Geld und Politik auf den Grund. Eindrucksvoll zeigt er, warum im Dienste der Macht gerade Architektur stets eine herausragende Rolle spielte. Anhand einer Vielzahl von Beispielen zeichnet er ein imposantes Panorama der Mächtigen und ihrer Bauten von Hitler, Stalin, Mussolini bis zu Saddam Hussein, von Mitterrand über Tony Blair bis hin zu den berühmten Architekten Albert Speer, Le Corbusier oder Norman Foster. Ein faszinierendes Buch, das durch Sudjics kluge Analyse das Thema Architektur und Macht in völlig neuem Licht erscheinen lässt.»Wenn man ein Gebäude entwirft oder entwerfen lässt, dann lässt das auf die Welt schließen, wie man sie haben will. So kann Wirklichkeit erst erschaffen werden.«Deyan Sudjic
Faszinierendes Panorama großer Architektur des 20. Jahrhunderts
Ob Präsidenten, Diktatoren oder schlicht Millionäre, fast allen Mächtigen dieser Welt ist eines gemeinsam: die Faszination für Architektur. Was motivierte sie, oft in großem Stil Monumente, Paläste, Moscheen und Museen errichten zu lassen? Der Architekturkritiker Deyan Sudjic geht in diesem Buch dem engen Verhältnis von Architektur, Macht, Geld und Politik auf den Grund. Eindrucksvoll zeigt er, warum im Dienste der Macht gerade Architektur stets eine herausragende Rolle spielte. Anhand einer Vielzahl von Beispielen zeichnet er ein imposantes Panorama der Mächtigen und ihrer Bauten von Hitler, Stalin, Mussolini bis zu Saddam Hussein, von Mitterrand über Tony Blair bis hin zu den berühmten Architekten Albert Speer, Le Corbusier oder Norman Foster. Ein faszinierendes Buch, das durch Sudjics kluge Analyse das Thema Architektur und Macht in völlig neuem Licht erscheinen lässt.»Wenn man ein Gebäude entwirft oder entwerfen lässt, dann lässt das auf die Welt schließen, wie man sie haben will. So kann Wirklichkeit erst erschaffen werden.«Deyan Sudjic
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.05.2006Gefrorene Marschmusik
Endlich mal ein gutes Buch über Architektur und Macht
Wobei sich Politiker übrigens auch überraschend oft fotografieren lassen, jetzt mal abgesehen vom Winken, vom Händeschütteln und vom Kinderwangenbetätscheln, ist das Begutachten von Architekturmodellen. Und je autokratischer der Politiker, desto mehr solcher Bilder. Spitzenreiter ist natürlich wieder einmal Hitler, der sich sogar dann noch über die Pläne von Speers Germania beugte, als die Russen schon in Hörweite waren. Hitler dabei ganz in marmornem Weiß, alle um ihn herum tragen Schwarz - "als schauerliche Vorboten des Einheitsgeschmacks im Comme-des-Garçons-Look, wie er unter den Architekten zu Beginn des 21. Jahrhunderts üblich ist", schreibt Deyan Sudjic. Und dazu muß man wissen, daß Sudjic, Jahrgang 1952, Architekturkritiker beim "Observer" in London und unter anderem verantwortlich für die insgesamt recht lebensfroh geratene Architekturbiennale des Jahres 2002 in Venedig ist, Fotos, auf denen sich die Reichen und Mächtigen dieser Welt über Architekturmodelle lehnen, systematisch sammelt und jetzt ein Buch über die Stein, Stahl oder Glas gewordenen "Monumente der Macht" geschrieben hat, welches im Ton ungefähr dort ansetzt, wo Tom Wolfe nach "From Bauhaus to Our House" aufgehört hatte - und das ist natürlich schon einmal ein großer Segen, wenn dieses Thema ausnahmsweise einmal nicht in dem zerknirschten Jargon von doppelnamigen Fachkunsthistorikerinnen zermalen wird, ich sage nur "politische Indienstnahme und künstlerische Autonomie". Zu der Frage, ob Architektur überhaupt eine dezidiert politische Bedeutung haben oder ausdrücken kann, könnte man sich durch ganze Tagungsbände lesen, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Ein Problem, das sich gleich an Sudjics erstem Beispiel zeigt: Saddam Husseins Prunkmoschee, die den Namen "Mutter aller Schlachten" trug und von der die "New York Times" in der Vorbereitungsphase des Irak-Kriegs schrieb, ihre Minarette sollten Scud-Raketen darstellen; es ist allerdings auch für das friedlichste Minarett - schlank, rund, hoch und mit Spitze obendrauf - leider sehr schwer, nicht irgendwie an eine Rakete zu erinnern.
Sudjic legt sich deshalb klugerweise nicht so sehr einzelne Staatsbauten zur politikonographischen Detailanalyse vor. Er macht eher das Gegenteil, vergrößert radikal den Blickwinkel und erzählt ausufernde Geschichten, die mit der Bauwut der Mächtigen anfangen, mit der psychologischen Wirkung von Architektur zu tun haben und immer wieder auf die Frage hinauslaufen, weshalb ausgerechnet die Architekten immer so rettungslos verstrickt sein müssen in die Macht und warum, mit Orwell gesprochen, ausgerechnet die Architektur vom Despotismus immer so profitiert. Es sind die Geschichten von Hitler und Speer, Stalin und Iofan, Mussolini und Piacentini, aber auch die von Philip Johnson, den Sudjic regelrecht von seinem architekturgeschichtlichen Sockel herunterprügelt. Es geht um die Frage, warum Leute wie Albert Speer jr., Herzog und de Meuron sowie Rem Koolhaas die Erfüllung ihrer architektonischen Lebensabende ausgerechnet in einer kommunistischen Diktatur wie China suchen. Es geht darum, daß dem Balkankrieg ein seltsames Um-die-Wette-Bauen von Kirchen vorausging, supermodernistisch die der Kroaten, ultraorthodox geformt die der Serben. Mitterrand, Attali, die Grands Projets, Blairs New-Labour-London, Australien, Südafrika, der Palast der Republik, sogar Mohammed Attas Diplomarbeit an der TU Harburg . . . Den Vorwurf, irgend etwas ausgelassen zu haben, kann man Sudjic wirklich nicht machen. Und wenn dieses wichtige, spannende, tolle Buch auch einen Lektor gehabt hätte, dem die brutal vielen Schlampigkeiten und Namensirrtümer aufgefallen wären, die sich durch den Text ziehen wie böse Bauschäden, dann könnte man es noch viel uneingeschränkter empfehlen.
PETER RICHTER
Deyan Sudjic: "Der Architekturkomplex. Monumente der Macht". Deutsch von Katrin Schreiner. Artemis & Winkler, 29,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Endlich mal ein gutes Buch über Architektur und Macht
Wobei sich Politiker übrigens auch überraschend oft fotografieren lassen, jetzt mal abgesehen vom Winken, vom Händeschütteln und vom Kinderwangenbetätscheln, ist das Begutachten von Architekturmodellen. Und je autokratischer der Politiker, desto mehr solcher Bilder. Spitzenreiter ist natürlich wieder einmal Hitler, der sich sogar dann noch über die Pläne von Speers Germania beugte, als die Russen schon in Hörweite waren. Hitler dabei ganz in marmornem Weiß, alle um ihn herum tragen Schwarz - "als schauerliche Vorboten des Einheitsgeschmacks im Comme-des-Garçons-Look, wie er unter den Architekten zu Beginn des 21. Jahrhunderts üblich ist", schreibt Deyan Sudjic. Und dazu muß man wissen, daß Sudjic, Jahrgang 1952, Architekturkritiker beim "Observer" in London und unter anderem verantwortlich für die insgesamt recht lebensfroh geratene Architekturbiennale des Jahres 2002 in Venedig ist, Fotos, auf denen sich die Reichen und Mächtigen dieser Welt über Architekturmodelle lehnen, systematisch sammelt und jetzt ein Buch über die Stein, Stahl oder Glas gewordenen "Monumente der Macht" geschrieben hat, welches im Ton ungefähr dort ansetzt, wo Tom Wolfe nach "From Bauhaus to Our House" aufgehört hatte - und das ist natürlich schon einmal ein großer Segen, wenn dieses Thema ausnahmsweise einmal nicht in dem zerknirschten Jargon von doppelnamigen Fachkunsthistorikerinnen zermalen wird, ich sage nur "politische Indienstnahme und künstlerische Autonomie". Zu der Frage, ob Architektur überhaupt eine dezidiert politische Bedeutung haben oder ausdrücken kann, könnte man sich durch ganze Tagungsbände lesen, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Ein Problem, das sich gleich an Sudjics erstem Beispiel zeigt: Saddam Husseins Prunkmoschee, die den Namen "Mutter aller Schlachten" trug und von der die "New York Times" in der Vorbereitungsphase des Irak-Kriegs schrieb, ihre Minarette sollten Scud-Raketen darstellen; es ist allerdings auch für das friedlichste Minarett - schlank, rund, hoch und mit Spitze obendrauf - leider sehr schwer, nicht irgendwie an eine Rakete zu erinnern.
Sudjic legt sich deshalb klugerweise nicht so sehr einzelne Staatsbauten zur politikonographischen Detailanalyse vor. Er macht eher das Gegenteil, vergrößert radikal den Blickwinkel und erzählt ausufernde Geschichten, die mit der Bauwut der Mächtigen anfangen, mit der psychologischen Wirkung von Architektur zu tun haben und immer wieder auf die Frage hinauslaufen, weshalb ausgerechnet die Architekten immer so rettungslos verstrickt sein müssen in die Macht und warum, mit Orwell gesprochen, ausgerechnet die Architektur vom Despotismus immer so profitiert. Es sind die Geschichten von Hitler und Speer, Stalin und Iofan, Mussolini und Piacentini, aber auch die von Philip Johnson, den Sudjic regelrecht von seinem architekturgeschichtlichen Sockel herunterprügelt. Es geht um die Frage, warum Leute wie Albert Speer jr., Herzog und de Meuron sowie Rem Koolhaas die Erfüllung ihrer architektonischen Lebensabende ausgerechnet in einer kommunistischen Diktatur wie China suchen. Es geht darum, daß dem Balkankrieg ein seltsames Um-die-Wette-Bauen von Kirchen vorausging, supermodernistisch die der Kroaten, ultraorthodox geformt die der Serben. Mitterrand, Attali, die Grands Projets, Blairs New-Labour-London, Australien, Südafrika, der Palast der Republik, sogar Mohammed Attas Diplomarbeit an der TU Harburg . . . Den Vorwurf, irgend etwas ausgelassen zu haben, kann man Sudjic wirklich nicht machen. Und wenn dieses wichtige, spannende, tolle Buch auch einen Lektor gehabt hätte, dem die brutal vielen Schlampigkeiten und Namensirrtümer aufgefallen wären, die sich durch den Text ziehen wie böse Bauschäden, dann könnte man es noch viel uneingeschränkter empfehlen.
PETER RICHTER
Deyan Sudjic: "Der Architekturkomplex. Monumente der Macht". Deutsch von Katrin Schreiner. Artemis & Winkler, 29,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main