Neuauflage 2022: Das Buch zur ARD-Sendung "Auf den Spuren von Dr. Mord"
Diese Geschichte ist nicht der Phantasie eines Krimi-Autors entsprungen, sondern das wahre Leben hat sie geschrieben. Ein angesehener Arzt wird beschuldigt, einen Patienten umgebracht zu haben - er wird zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Als er auf Bewährung frei kommt und wieder als Arzt arbeitet, wird ein zweiter Patient ermordet. Was steckt hinter diesen Morden? Ist der Arzt tatsächlich der Täter? Zwei Juristen forschen nach und zeichnen ein faszinierendes Bild einer gestörten Persönlichkeit.
Diese Geschichte ist nicht der Phantasie eines Krimi-Autors entsprungen, sondern das wahre Leben hat sie geschrieben. Ein angesehener Arzt wird beschuldigt, einen Patienten umgebracht zu haben - er wird zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Als er auf Bewährung frei kommt und wieder als Arzt arbeitet, wird ein zweiter Patient ermordet. Was steckt hinter diesen Morden? Ist der Arzt tatsächlich der Täter? Zwei Juristen forschen nach und zeichnen ein faszinierendes Bild einer gestörten Persönlichkeit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2012Faszinosum "Dr. Mord"
Lehrstück von zwei Juristen
Auch ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder soll grundsätzlich die Chance haben, irgendwann wieder in Freiheit zu leben. Das hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt klargestellt. Voraussetzung für die Freilassung nach Verbüßung der Mindeststrafe von 15 Jahren ist allerdings eine sogenannte günstige Sozialprognose: Ein psychiatrischer Sachverständiger muss zu dem Schluss gekommen sein, dass der Gefangene für die Allgemeinheit nicht mehr gefährlich sein wird.
Was für eine Frage, wenn ein "Lebenslänglicher" sein Dasein unschuldig hinter Gefängnismauern fristet. Bei dem Arzt Wolfgang R. schienen davon fast alle überzeugt zu sein, die mit dem Gefangenen zu tun hatten, angefangen vom Leiter der Justizvollzugsanstalt Butzbach über Sozialarbeiter bis hin zum katholischen Seelsorger, der dem hessischen Justizministerium im Kampf um Vollzugslockerungen für seinen Schützling sogar einen Sitzstreik androhte. Sie alle einschließlich etlicher psychiatrischer Gutachter von Renommee haben sich offenbar von der Persönlichkeit des Arztes blenden lassen. Der "außergewöhnliche Mensch, hochintelligent und leistungsfähig" (Zitat Vollzugsplan) mordete nach wenigen Jahren in Freiheit abermals.
"Der Arzt, dein Freund und Mörder", so hat das Darmstädter Juristen-Ehepaar Christoph Gebhardt und Christine Gutmann ihr Buch überschrieben, in dem sie dem Faszinosum "Dr. Mord", als der R. mittlerweile medial bekannt ist, akribisch nachgehen. Entstanden ist eine flott geschriebene dokumentarische Reportage, in Strecken spannend wie ein Krimi - die Autoren selbst sprechen von einem "Lehrstück".
R. galt in Höchst im Odenwald als erfolgreicher niedergelassener Orthopäde, als Ende Dezember 1984 seine Praxis in Brand geriet und sein 67 Jahre alter Vermieter im angrenzenden Haus tot aufgefunden wurde. Erst drei Jahre später verurteilte das Landgericht Darmstadt den Arzt am Ende eines schwierigen Indizienverfahrens wegen Mordes und versuchten Versicherungsbetrugs zu "lebenslang" und stellte zudem die "besondere Schwere" seiner Schuld fest, was einer vorzeitigen Entlassung nach frühestens 15 Jahren im Wege steht.
Vergebens betrieb der "unschuldige" Mediziner sein Wiederaufnahmeverfahren, im April 2003 immerhin wurde er aufgrund "günstiger Sozialprognose" nach 17 Jahren in Haft in die Freiheit entlassen, erhielt sogar seine Approbation als Arzt zurück und praktizierte fortan in Augsburg. Fünf Jahre später hat R. im Dorf Kirchasch (Kreis Erding) einen Finanzbeamten aus Habgier ermordet. Das Landgericht Landshut ordnete diesmal über das "lebenslang" hinaus die Sicherungsverwahrung des Täters an. Das Urteil ist rechtskräftig.
HEIDI MÜLLER-GERBES
Christoph Gebhardt, Christine Gutmann: "Der Arzt, dein Freund und Mörder", S. Hirzel Verlag Stuttgart 2012, 188 Seiten. 17,80 Euro. ISBN 978-3-7776-2256-9.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Lehrstück von zwei Juristen
Auch ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder soll grundsätzlich die Chance haben, irgendwann wieder in Freiheit zu leben. Das hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt klargestellt. Voraussetzung für die Freilassung nach Verbüßung der Mindeststrafe von 15 Jahren ist allerdings eine sogenannte günstige Sozialprognose: Ein psychiatrischer Sachverständiger muss zu dem Schluss gekommen sein, dass der Gefangene für die Allgemeinheit nicht mehr gefährlich sein wird.
Was für eine Frage, wenn ein "Lebenslänglicher" sein Dasein unschuldig hinter Gefängnismauern fristet. Bei dem Arzt Wolfgang R. schienen davon fast alle überzeugt zu sein, die mit dem Gefangenen zu tun hatten, angefangen vom Leiter der Justizvollzugsanstalt Butzbach über Sozialarbeiter bis hin zum katholischen Seelsorger, der dem hessischen Justizministerium im Kampf um Vollzugslockerungen für seinen Schützling sogar einen Sitzstreik androhte. Sie alle einschließlich etlicher psychiatrischer Gutachter von Renommee haben sich offenbar von der Persönlichkeit des Arztes blenden lassen. Der "außergewöhnliche Mensch, hochintelligent und leistungsfähig" (Zitat Vollzugsplan) mordete nach wenigen Jahren in Freiheit abermals.
"Der Arzt, dein Freund und Mörder", so hat das Darmstädter Juristen-Ehepaar Christoph Gebhardt und Christine Gutmann ihr Buch überschrieben, in dem sie dem Faszinosum "Dr. Mord", als der R. mittlerweile medial bekannt ist, akribisch nachgehen. Entstanden ist eine flott geschriebene dokumentarische Reportage, in Strecken spannend wie ein Krimi - die Autoren selbst sprechen von einem "Lehrstück".
R. galt in Höchst im Odenwald als erfolgreicher niedergelassener Orthopäde, als Ende Dezember 1984 seine Praxis in Brand geriet und sein 67 Jahre alter Vermieter im angrenzenden Haus tot aufgefunden wurde. Erst drei Jahre später verurteilte das Landgericht Darmstadt den Arzt am Ende eines schwierigen Indizienverfahrens wegen Mordes und versuchten Versicherungsbetrugs zu "lebenslang" und stellte zudem die "besondere Schwere" seiner Schuld fest, was einer vorzeitigen Entlassung nach frühestens 15 Jahren im Wege steht.
Vergebens betrieb der "unschuldige" Mediziner sein Wiederaufnahmeverfahren, im April 2003 immerhin wurde er aufgrund "günstiger Sozialprognose" nach 17 Jahren in Haft in die Freiheit entlassen, erhielt sogar seine Approbation als Arzt zurück und praktizierte fortan in Augsburg. Fünf Jahre später hat R. im Dorf Kirchasch (Kreis Erding) einen Finanzbeamten aus Habgier ermordet. Das Landgericht Landshut ordnete diesmal über das "lebenslang" hinaus die Sicherungsverwahrung des Täters an. Das Urteil ist rechtskräftig.
HEIDI MÜLLER-GERBES
Christoph Gebhardt, Christine Gutmann: "Der Arzt, dein Freund und Mörder", S. Hirzel Verlag Stuttgart 2012, 188 Seiten. 17,80 Euro. ISBN 978-3-7776-2256-9.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Der Titel liest sich spannend und ist zugleich informativ, so daß er sich hervorragend als anspruchsvolle Unterhaltung zusätzlich zum juristischen Studium eignet."
juraplus.de
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Der Titel liest sich spannend und ist zugleich informativ, so daß er sich hervorragend als anspruchsvolle Unterhaltung zusätzlich zum juristischen Studium eignet.