Geniale Aufarbeitung gegen das Vergessen
Ein Dachdecker fand 1997 bei Renovierungsarbeiten der Gedenkstätte Buchenwald 701 Urnen, gefüllt mit der Asche von unbekannten Häftlingen des ehemaligen Konzentrationslagers. Nachdem Weimar 1999 Kulturhauptstadt Europas werden sollte, bereitete sich die
ganze Umgebung darauf vor, und dieser Fund wirkte befremdlich bei den Verantwortlichen. Die…mehrGeniale Aufarbeitung gegen das Vergessen
Ein Dachdecker fand 1997 bei Renovierungsarbeiten der Gedenkstätte Buchenwald 701 Urnen, gefüllt mit der Asche von unbekannten Häftlingen des ehemaligen Konzentrationslagers. Nachdem Weimar 1999 Kulturhauptstadt Europas werden sollte, bereitete sich die ganze Umgebung darauf vor, und dieser Fund wirkte befremdlich bei den Verantwortlichen. Die Ratlosigkeit, was damit zu tun sei, war groß. Es wurde schließlich beschlossen, die Asche in einem Gemeinschaftsgrab beizusetzen, unter der Leitung von Würdenträgern von vier großen Religionen
Der Autor, geboren 1929, war selbst Inhaftierter in Buchenwald, und hat aus diesen schrecklichen Erfahrungen einen eindrücklichen Roman erschaffen, der viele der Schrecken der Shoa zur Sprache bringt.
Aus der zusammengeworfenen Asche formte sich ein Wesen, einer ätherischen Wolke gleich, kaum sichtbar für Menschenaugen, dennoch als Beklemmung wahrnehmbar (denn auch die Vögel verstummten), die fortan über dem ehemaligen KZ, und jetzt Gedenkstätte, schwebte. Es entstand der Aschenmensch, mit ihm erwachten alle seine 701 Seelen.
Sie unterhielten sich untereinander, erzählten von ihren Leben. Und vor allem von ihrem Sterben und den Grausamkeiten im KZ. Sie suchten untereinander nach Gemeinsamkeiten, kamen aber sehr rasch zum Schluss, dass dies kaum möglich war. Ihr einziger Nenner sind und waren die Gräuel der Naziherrschaft.
Ivanji blickt zurück, sucht während des Schreibens seinerseits für Erklärungen, und lässt diesen fiktiven Aschemenschen stellvertretend denken und sprechen, und präsentiert der Leserschaft die grausamen Tatsachen. Er macht dies ohne Hass und Verurteilungen, bindet auch die Rolle des Ettersberg und der nahegelegenen Stadt Weimar (samt ihrem Goethe) ein, und schafft somit ein eindrückliches literarisches Mahnmal gegen das Vergessen.
Gerne gebe ich hier eine absolute Leseempfehlung – das Buch kann ich wirklich nur jedem ans Herzen legen. Auch wenn manche Inhalte nichts für empfindliche Mägen sind, das Buch, zum ersten Mal 1999 veröffentlicht und jetzt neu aufgelegt ist, ist aktueller denn je.