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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Manager auch in der Bundesrepublik zur prägenden Figur moderner Unternehmen. Bernhard Dietz erklärt diesen Aufstieg der Manager und setzt ihn in Beziehung zu sich wandelnden Idealen und Leitbildern. Indem er untersucht, wie sich "Arbeit", "Leistung" und "Führung" zwischen Nationalsozialismus und Neoliberalismus veränderten, leistet er einen ganz neuen Beitrag zu einer Kulturgeschichte des Kapitalismus.

Produktbeschreibung
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Manager auch in der Bundesrepublik zur prägenden Figur moderner Unternehmen. Bernhard Dietz erklärt diesen Aufstieg der Manager und setzt ihn in Beziehung zu sich wandelnden Idealen und Leitbildern. Indem er untersucht, wie sich "Arbeit", "Leistung" und "Führung" zwischen Nationalsozialismus und Neoliberalismus veränderten, leistet er einen ganz neuen Beitrag zu einer Kulturgeschichte des Kapitalismus.
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Autorenporträt
Bernhard Dietz, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Siegeszug der Manager
Vom Wandel der Chefetagen in der Bonner Republik

Manager sind angestellte Unternehmer, die keine oder nur wenige Anteile an den von ihnen geleiteten Unternehmen besitzen. Dieser Sozialtypus war schon vor 1945 in der deutschen Wirtschaft breit vertreten, traf aber auf erhebliches Misstrauen. Eigentümerunternehmer schienen solider zu sein, schreibt der Wirtschaftshistoriker Bernhard Dietz in seinem gut lesbaren Buch über den Aufstieg der Manager und den Wertewandel in den Führungsetagen der westdeutschen Wirtschaft nach dem Krieg bis 1989. Die von den Nationalsozialisten besonders vehement vertretene Auffassung, dass im Eigentum verwurzelte "Betriebsführer" vermeintlich "bindungslosen Angestellten" vorzuziehen seien, lebte nach 1945 fort.

Eigentümerunternehmer, die wegen ihrer NS-Verstrickungen ohnehin in der Defensive waren, stilisierten sich in den 1950er Jahren zu Garanten des Wirtschaftswunders, denen das "Führen" gleichsam in die Wiege gelegt worden war. Diese naturgegebene Eigenschaft könne man nicht erlernen. Zudem spielten antiamerikanische Vorurteile eine große Rolle, denn in den Vereinigten Staaten besaßen Manager schon einen weitaus größeren Einfluss. Business Schools, an denen sie als Generalisten universitär ausgebildet wurden, waren etabliert. Das Angebot, mit finanzieller Unterstützung und Expertise aus Amerika in Berlin ein Pendant zur Harvard Business School zu errichten, scheiterte in den 1950er Jahren am Widerstand der deutschen Wirtschaft. Es dominierte die Sorge vor dem Kontrollverlust und der Entzauberung des eigenen Geniemythos. Nach wie vor hielt man an autoritären Führungsstilen fest, die sich auch gegen die Gewerkschaften und die Mitbestimmung richteten.

In der Öffentlichkeit galten leitende Angestellte oft als Totengräber bürgerlicher Tugenden, als seelenlose und gehetzte Knechte des Kapitals. Der Begriff "Manager" wurde vermieden oder nur negativ verwendet. Der einflussreiche Jesuitenpater Leppich sah in Managern apokalyptische Reiter, die mit ihrer Rastlosigkeit und Profitsucht das Abendland in den Untergang führten. Die "Manager-Krankheit", die durch innere Leere, Stress und Überarbeitung zum vorzeitigen Tode führe, war ein vieldiskutiertes Schreckensbild.

Diese wertkonservativen Einstellungen ließ sich aber nicht lange halten, denn es herrschte ein Mangel an Führungsnachwuchs, nicht zuletzt durch die hohen Kriegsverluste der betreffenden Jahrgänge. Aus dem Kreis der Eigentümerfamilien allein war der Bedarf bei weitem nicht zu decken. Zudem schickten sich jüngere leitende Angestellte an, die Kommandohöhen der Wirtschaft zu erklimmen, indem sie sich auf Leistung beriefen, die qua Ausbildung und Bewährung nachzuweisen war. Ausgerechnet der frühere SS-Funktionär Reinhard Höhn postulierte mit dem Harzburger Modell, das die Delegation von Aufgaben über Hierarchiestufen hinweg vorsah, einen kooperativen Führungsstil. Zwischen 1956 und 1971 nahmen über 200 000 Angestellte an den Lehrgängen teil. Hinzu traten seit Mitte der 1960er Jahre tiefgreifende Veränderungen der Umwelt. Das schnelle Wachstum des Wirtschaftswunders lief aus. Die internationale Konkurrenz nahm zu, und divisionalisierte Unternehmen schufen komplexere Anforderungen. Eine zunehmend kritische Wirtschaftspresse und noch mehr die fundamentale Herausforderung durch die 1968er-Bewegung erzwangen ein Umdenken.

Der Autor zeigt, dass nicht allein die studentische Kapitalismuskritik den autoritären Konzepten den Garaus machte. Keineswegs wurden einfach linke Alternativentwürfe in neoliberale Konzepte überführt. Vielmehr erzwangen die vielen gleichzeitig auftretenden Herausforderungen eine grundlegende Neuorientierung. Das aus Amerika stammende Menschenbild der Selbstverwirklichung ließ Prinzipien wie Eigenverantwortung, Flexibilität, Teamarbeit und Kreativität in den Vordergrund treten. Führung bedeutete jetzt nicht mehr, Untergebenen Befehle zu erteilen und die Einhaltung zu überwachen, sondern Kreativität und intrinsische Motivation von Mitarbeitern zu fördern. Der heraufziehende Wertepluralismus wurde weniger als Bedrohung der alten Tugenden von Pflicht und Gehorsam gesehen, sondern als Chance. "Human Resources" war viel mehr als eine unbeholfene Übersetzung von "Personalwesen", sondern die Vorstellung, dass Mitarbeiter Produktionsfaktoren sind, die der systematischen Entwicklung bedürfen. Personalentwicklung wurde eine zusätzliche, zentrale Aufgabe des Managements.

Die Akademisierung und seit den 1980er Jahren Feminisierung des Managements, dessen Leitbilder sowie die Ausbildungsinhalte und -institutionen der Führungskräfte sind weitere zentrale Inhalte dieses Buches. Es fehlt jedoch eine Analyse der Internationalisierung und der betrieblichen Praxis. Die Darstellung basiert zum großen Teil auf programmatischen und theoretischen Schriften, während die unternehmensinterne Interaktion weitgehend ausgespart bleibt. Auch wenn die dargestellte Abkehr von autoritären Konzepten zutreffend ist, sollten Diskurse nicht mit der Realität verwechselt werden. Wenn Arbeiter plötzlich "Leistungspartner" heißen, ist nicht zwingend der Geist der Kooperation eingezogen. Unverständlich bleibt auch, warum der Autor nicht ein einziges Interview mit ehemaligen Managern oder Betriebsräten geführt hat. Auch ist der Kontrast zwischen Eigentümerunternehmern und Managern überzeichnet, denn vielfach teilten beide Gruppen dieselbe Führungsphilosophie. In der Summe handelt es sich um ein sehr spannendes Buch, das aufzeigt, wie tiefgreifend sich die Normen und das Selbstverständnis der Führungskräfte in nur wenigen Jahrzehnten verändert haben.

HARTMUT BERGHOFF

Bernhard Dietz, Der Aufstieg der Manager. Wertewandel in den Führungsetagen der westdeutschen Wirtschaft, 1949-1989, De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2020, 524 Seiten, 74,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wirklich spannend und zudem kenntnisreich zudem findet Rezensent Werner Bührer die Lektüre der Habilschrift des Mainzer Historikers Bernhard Dietz. Wie sich das Selbstverständnis des Managers in Deutschland seit dem Krieg veränderte, welche Personen und Motive dabei eine Rolle spielten, vermittelt der Autor laut Bührer aufgrund von Recherchen beim BDI und in verschiedenen Unternehmens- und Wirtschaftsarchiven. Den legislativ und soziokulturell befeuerten Wandel dessen, was unter Führungsqualitäten verstanden wird, zeigt der Autor dem Rezensenten anhand der sechziger Jahre auf und an Figuren wie Alfred Herrhausen. Debatten und Leitbilder der alten BRD werden für Bührer sichtbar.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Das Buch vermittelt nicht nur neue Erkenntnisse zum Wandel des unternehmerischen Selbstverständnisses, sondern auch tiefe Einblicke in gesellschaftspolitische Debatten um Werte und Leitbilder in der alten Bundesrepublik und damit in (west-)deutsche Besonderheiten. [...] Und es liest sich darüber hinaus wirklich spannend." Werner Bührer in der Süddeutschen Zeitung vom 11.1.2021