Sammelt nicht jeder im Lauf seines Lebens Dinge, die ihm etwas bedeuten, dann aber in Vergessenheit geraten, verstauben, lästig sind? Wie wäre es, wenn diese Dinge ihre Geschichte erzählen könnten? Finn Causley sammelt den Krempel anderer Leute, lagert ihn in einer riesigen viktorianischen Fabrik im Herzen Englands ein und versteigert die nicht abgeholten Sachen, indem er ihnen redegewandt Geschichten andichtet. Wenn er jedoch Dinge betrachtet, die mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun haben, kommen immer wieder dieselben Erinnerungen hoch: die kleine Porzellanfigur, die im Auto seiner Mutter gefunden wurde, als sie einen tödlichen Unfall hatte; der Stein, den er mit seiner Frau am Strand entdeckte, der Frau, die er jahrelang betrog, weil er von einer anderen träumte, einer in einem Kandinsky-Kleid unter dem nachtblauen Himmel von Sydney; die Baseballkappe, die eine von den zehn Mitbewohnern der Fabrik - Freunde und Globetrotter allesamt, und gefährlichen Substanzen nicht a bgeneigt - in den Händen hielt, als man sie fand... Poetisch und mit einem sehr zarten Gespür für die Beziehungen zwischen Menschen erzählt der Engländer Charles Fernyhough von der Wahrheit, die in den Dingen steckt, von den Lügen, mit denen man sich und andere betrügt, und von der Liebe, die jeder sucht und die nur wenige erkennen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Der Soundtrack von Genesis färbt auf die Erzählatmosphäre des "Auktionators" ab, findet Friedhelm Rathjen, der den Roman "versponnen, gewitzt, klar im Ton und rätselhaft in der Botschaft" charakterisiert. Der Held dieses Buches, Finn Causley, muß sich mit traumatischen Erlebnissen der Kindheit und der Gegenwart auseinandersetzen. Wohl am einschneidensten ist die Marienkrankheit seiner Frau Hen und anderer Menschen seiner Umgebung, die sich durch totale geistige Absenz äußert und die der Rezensent als Fernyhoughs Version der "ultimativen Zivilisationskrankheit" bezeichnet. Die Betroffenen haben das "eingefrorene Dauerlächeln der Glückseligkeit im Gesicht" und sind zu kaum noch etwas fähig. Finn, so der Rezensent, sammelt ihre Hinterlassenschaften und versteigert sie schließlich. Die Dinge, erklärt Rathjen, haben keine Geschichte mehr, sobald das Gedächtnis des Besitzers versagt, aber Finn dichte ihnen im Verkaufskatalog eine neue an. Rathjen lobt den "Auktionator" als eine wunderbare Leistung, weil es dem Autor gelinge, mit der "Auffächerung der Welt zu isolierten Dingen, Zeiten, Orten" ein Bild der "allgegenwärtigen Desorientierung" zu zeichnen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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