Fußball ist immer komplizierter geworden, so scheint es. Nie wurde mehr über Taktik und Systeme geredet. Diese kleine Fibel des modernen Fußballs soll Sehhilfe für jeden Fan sein, ob im Stadion oder vor dem Fernseher, und offene Fragen klären: Ist der deutsche Fußball wirklich veraltet? Was können wir von Sepp Herberger lernen? Wer spielt noch Catenaccio? Liegt die Rettung in der Viererkette? Was bedeutet "Überzahlspiel" und "Verschieben"? Welche Entwicklung haben Taktik und Systeme durchlaufen? Wer erfand die Raumdeckung? Müssen wir Abschied vom Libero nehmen? Und bedeutet schöner Fußball am Ende auch erfolgreichen Fußball?
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.1999Im Verschiebebahnhof auf dem Abstellgleis
cei. Die anderen spielen schöner, am Ende gewinnt Deutschland - von dieser Fußballregel musste man sich bei der WM 1998 verabschieden. So entstand die Idee, endlich ein lesbares, verständliches Buch darüber zu schreiben, wie moderner Fußball funktioniert. "Das Spiel muss heutzutage anders gelesen werden. Nicht nur als Aneinanderreihung aufregender Momente, sondern mit Blick auf tiefer liegende Zusammenhänge", schreiben die Autoren in ihrer "Sehhilfe für den heutigen Fußball". Ihr Buch erklärt, wie der Wandel vom starren Positionsspiel zum Verschieben von Mannschaftsteilen das Spiel veränderte, wie der Spielraum schrumpfte, weil flexible Defensivakteure ständig in Ballnähe Überzahlsituationen entwickeln. Dagegen helfen nur Ballsicherheit, technisches Können, Kurzpässe, Schnelligkeit im Denken und Handeln, aber nicht mehr die alten Raster. "Kreativ und witzig" sei der moderne Fußball, schreiben die Autoren wider allen Kulturpessimismus. Diese Modernisierung, die selbstständige, entscheidungsfreudige Akteure verlangt und keine Trainer-Marionetten, hat den deutschen Fußball im internationalen Verschiebebahnhof auf ein Abstellgleis gedrängt, weil es an der Grundausbildung mangelt - zu lange war man mit Kampf, Kondition, Glück und Diagonalflanken erfolgreich. Und nun, da die Viererkette in Deutschland als letzter Schrei der Taktik gilt, ist sie woanders schon wieder passé. Genug Nachholbedarf für lesende Fußballer.
Besprochenes Buch: Christoph Biermann/Ulrich Fuchs: "Der Ball ist rund, damit das Spiel die Richtung ändern kann. Wie moderner Fußball funktioniert", Kiepenheuer & Witsch, Köln, 175 Seiten, 16,90 Mark.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
cei. Die anderen spielen schöner, am Ende gewinnt Deutschland - von dieser Fußballregel musste man sich bei der WM 1998 verabschieden. So entstand die Idee, endlich ein lesbares, verständliches Buch darüber zu schreiben, wie moderner Fußball funktioniert. "Das Spiel muss heutzutage anders gelesen werden. Nicht nur als Aneinanderreihung aufregender Momente, sondern mit Blick auf tiefer liegende Zusammenhänge", schreiben die Autoren in ihrer "Sehhilfe für den heutigen Fußball". Ihr Buch erklärt, wie der Wandel vom starren Positionsspiel zum Verschieben von Mannschaftsteilen das Spiel veränderte, wie der Spielraum schrumpfte, weil flexible Defensivakteure ständig in Ballnähe Überzahlsituationen entwickeln. Dagegen helfen nur Ballsicherheit, technisches Können, Kurzpässe, Schnelligkeit im Denken und Handeln, aber nicht mehr die alten Raster. "Kreativ und witzig" sei der moderne Fußball, schreiben die Autoren wider allen Kulturpessimismus. Diese Modernisierung, die selbstständige, entscheidungsfreudige Akteure verlangt und keine Trainer-Marionetten, hat den deutschen Fußball im internationalen Verschiebebahnhof auf ein Abstellgleis gedrängt, weil es an der Grundausbildung mangelt - zu lange war man mit Kampf, Kondition, Glück und Diagonalflanken erfolgreich. Und nun, da die Viererkette in Deutschland als letzter Schrei der Taktik gilt, ist sie woanders schon wieder passé. Genug Nachholbedarf für lesende Fußballer.
Besprochenes Buch: Christoph Biermann/Ulrich Fuchs: "Der Ball ist rund, damit das Spiel die Richtung ändern kann. Wie moderner Fußball funktioniert", Kiepenheuer & Witsch, Köln, 175 Seiten, 16,90 Mark.
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