Mit seinem Roman „Der Bananentourist“ führt Georges Simenon seinen Roman „Das Testament Donadieu“ fort. Der junge Oscar Donadieu aus La Rochelle, der in dem Vorgängerroman mehr eine Randfigur spielte, ist der letzte Erbe einer mächtigen Reedereifamilie, die nach einem schmerzlichen Skandal zugrunde
gegangen war.
Nachdem er den Nachlass der Familie in Ordnung gebracht hat, begibt sich Donadieu…mehrMit seinem Roman „Der Bananentourist“ führt Georges Simenon seinen Roman „Das Testament Donadieu“ fort. Der junge Oscar Donadieu aus La Rochelle, der in dem Vorgängerroman mehr eine Randfigur spielte, ist der letzte Erbe einer mächtigen Reedereifamilie, die nach einem schmerzlichen Skandal zugrunde gegangen war.
Nachdem er den Nachlass der Familie in Ordnung gebracht hat, begibt sich Donadieu mit dem kombinierten Fracht- und Passagierschiff „Ile-de-Ré“ nach Tahiti - dort auf der Insel im Südpazifik, fernab der Heimat, frei von Geldsorgen, will er ein einsames Leben in der unberührten Natur führen. Doch bereits auf der Überfahrt wird er mit seiner Vergangenheit konfrontiert, denn einige der Schiffsmannschaft und der Gäste verdankten ihre Karriere seinem Vater.
Kurz vor der Ankunft in Tahiti kommt es noch zu einer außergewöhnlichen Begegnung mit dem Schwesterschiff der „Ile-de-Ré“, die ihren Kapitän Lagre als Gefangenen übergibt. Er soll aus Eifersucht einen seiner Offiziere erschossen haben. Auch Lagre hatte einst seine Karriere in der Reederei Donadieu begonnen. Oscar Donadieu hatte vor Jahren sogar bei Lagres erstem Kind Pate gestanden.
Und so bringt die „Ile-de-Ré“ neben ihrer üblichen Fracht zwei ungewöhnliche Probleme mit nach Tahiti, zumindest für den Gouverneur der Insel. Hier hat es noch nie einen Mordprozess gegen einen Franzosen aus dem Mutterland gegeben, selbst die Gefängnisse sind für Weiße nicht eingerichtet. Und dann noch dieser Oscar Donadieu mit seinem spleenigen Vorhaben eines naturgemäßen Lebens in der Wildnis. Solche wunderlichen Ankömmlinge belächeln die Insulaner und nennen sie scherzhaft „Bananentouristen“.
Der Gouverneur, der sich ebenfalls der ehemaligen Reederfamilie Donadieu verpflichtet fühlt, versucht, Oscar von seinen Plänen abzubringen. Viele hätten schon die Mühsal der Wildnis unterschätzt und wären nach einiger Zeit ernüchternd wieder in die Heimat zurückgekehrt. Zunächst scheint es Oscar Donadieu jedoch richtig anzupacken, aber die harte Realität des einsamen Insellebens holt den Aussteiger immer mehr ein. Schließlich sendet der Gouverneur einen Späher zu ihm mit der Mission, Donadieu endlich von seinem gefährlichen und unsinnigen Vorhaben abzubringen. Begleitet wird der Gesandte von einer schönen Eingeborenen, in die sich Donadieu Hals über Kopf verliebt und die am Ende zu seinem Verhängnis wird.
Der Roman, in dem Simenon neben Donadieus Schicksal auch das Leben auf der Süd-see-Insel realistisch beschreibt, erschien 1938 unter dem Originaltitel „Touriste de bananes“, während die deutsche Erstausgabe erstmals 1988 im Diogenes Verlag veröffentlicht wurde. Für die vorliegende Edition der „Ausgewählten Romane“ wurde diese Übersetzung noch einmal überarbeitet.
Manfred Orlick