Durch Zufall lernt Pablo Flores den Tango kennen. Und der Tango lässt ihn nicht mehr los. Oberengadin zu Beginn der 1970er-Jahre: Im Grandhotel am See wird der Sohn italienischer Einwanderer durch argentinische Immigrantenkinder in das komplexe Ritual des Tangos eingeführt, das Abend für Abend heimlich in den Kellerräumen des Luxushotels zelebriert wird.Aus Pablo wird ein großer Tangotänzer. Als er das Engadin und seine argentinischen Freunde verlassen muss, scheint der Traum zu Ende zu gehen. Da meldet sich ein zweiter 'Tanguero': der Abenteurer Ermanno Guidi, Pablos Großvater, der aus Italien nach Südamerika ausgewandert ist und dessen Geschichte den Horizont dieses Romans weit öffnet.Doch Pablo ist in der Schweiz zu Hause. Er hat einen kleinen Sohn, der bei seiner Ex-Frau Nadja lebt. Er liebt Nadja, aber der Tango, der sein Leben ist, ist mit ihrer Welt nicht vereinbar. Er ist überhaupt mit der Schweiz nicht vereinbar. Die schweizerische Wirklichkeit erscheint im Roman - dank ihrer Spiegelung in Pablos Tangowelt - freilich in besonders grellem Licht: die geistige Öde, die seelische Leere, die simulierte Sinnlichkeit, der Konsumterror, die 'Rationalität', die No-Future-Generation, die Gewalt in ihren offenen und verdeckten Formen - und ihre Opfer ...Dieser Roman ist ein Sittengemälde der heutigen Schweiz, melancholisch, witzig und leidenschaftlich erzählt. Wie ein Tango.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rico F. Valär hat verschiedene Probleme mit diesem dritten Roman von Vincenzo Todisco, was er umso bedauerlicher findet, als er durchaus beeindruckende Passagen und sehr lebendige Motive darin gefunden hat. In "Der Bandoneonspieler" rekapituliert der Erzähler Pablo Flores seine verwickelte Herkunftsgeschichte, seine in der Schweiz geweckte Tangoleidenschaft, seine gescheiterte Ehe und schließlich das Leben seines Großvaters, eines gefeierten Bandoneonspielers in Argentinien. Der Rezensent bekrittelt, dass der Erzähler trotz seiner subjektiven Erzählperspektive immer wieder mit intimen Kenntnissen über die Gedanken und Gefühle anderer Figuren prunkt. Zudem stört es den Rezensenten nachhaltig, dass sich Pablo zu äußerst spießigen moralischen Verurteilungen seiner Umgebung hinreißen lässt. Valär kommen die Klagen des Protagonisten über die Oberflächlichkeit der Welt reichlich "pathetisch" vor. Schließlich moniert er manch "peinlichen" Fehlgriff bei der Übersetzung, was ein gründlicheres Lektorat seiner Ansicht nach verhindert hätte. Aber der Rezensent findet auch versöhnliche Worte: Denn wenn Todisco vom Tango schreibe, dann "fasziniert sein Text".
© Perlentaucher Medien GmbH
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