Spätestens seit der Lektüre von Karl May weiß jedes Kind, dass ein guter Moslem seinen Eid beim Barte des Propheten bekräftigt. Aber wer weiß schon, dass dieser Bart des Mohammed, oder wenigstens einige Haare davon, in Istanbul aufbewahrt werden? Bärte spielen im Leben jedes Türken eine herausragende Rolle, denn an der Barttracht lässt sich leicht die politische Gesinnung des Trägers ablesen. Diese und andere "haarige" Geschichten hat Wolfgang Koydl über die Stadt am Bosporus zusammengetragen. Istanbul: eine Stadt, die vielen vertraut scheint und doch allen fremd ist. Bemerkenswert ist etwa, dass Tänzerinnen und Musiker von Zigeunern abstammen, die Sultan Fatih Mehmet nach der Eroberung Konstantinopels 1453 "zur Erheiterung" der Bewohner seiner neuen Hauptstadt geholt hatte. Noch nicht so lange im Geschäft ist Necati Inci, seine Produktionen sind jedoch im ganzen Land nicht zu übersehen: Er stellt Denkmäler, Büsten und Totenmasken des Republikgründers Atatürk her - aus nahezu unzerstörbarem Fiberglas. Neben Amüsantem und Wissenswertem weiß Wolfgang Koydl aber auch um die ernsten Seiten des Lebens dieser Stadt, die kurdischen Flüchtlinge in den Elendsvierteln oder die Spannungen zwischen Religion und säkularem Staat, die oft Familien spalten können.