Im heutigen Istanbul teilt die neunzehnjährige Asya Kazanci ihr Zuhause mit ihrer Großfamilie, einer bunten Ansammlung eigenwilliger Charaktere. Als Armanoush, Asyas armenisch-amerikanische Cousine, die Familie besucht, geraten jedoch die Grundmauern des Hauses ins Wanken. Denn sie hat keine Scheu, sich dem Familiengeheimnis zu widmen, das eng mit einem der dunkelsten Kapitel des Landes verbunden ist.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2015NEUE TASCHENBÜCHER
Macondo
am Bosporus
Der sicherste Sinn ist der Geschmackssinn. Als Stimulus der Erinnerung ist er mit am Tisch, wo Fremde zu Gästen werden. Aus dem Kochbuch des Mittelmeeres stammt eine Süßspeise, die die Türken Aşure nennen. Der Legende nach, die daneben auch armenische, kurdische, griechische, jüdische und arabische Mütter ihren Kindern erzählen, haben die Bewohner von Noahs Arche, als die Vorräte knapp wurden, die Reste eingesammelt, sie in einem großen Topf verrührt und dann gemeinsam verzehrt. Als bittersüßes Gericht folgt diesem überlieferten Rezept der Roman der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak. Mit den Protagonisten zweier Klans – eines türkischen, der nur noch aus Frauen besteht, und einer armenischen Diaspora-Familie, auf der hundert Jahre Traumata lasten – werden die disparaten Erinnerungen dergestalt zusammenführt, dass ein jeder die fehlenden Teile der eigenen Geschichte in der Geschichte des jeweils anderen wiederfindet. Man verzehrte ja schließlich auch schon immer die gleichen Gerichte. Elif Shafaks schräge Familiensaga besteht aus so viel funkelnden Erzählungen wie der Aşure aus Gewürzen. VOLKER BREIDECKER
Elif Shafak: Der Bastard von Istanbul. Aus dem Englischen von Juliane Gräbener-Müller. Kein & Aber Verlag, Zürich 2015. 464 Seiten, 12, 90 Euro.
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Macondo
am Bosporus
Der sicherste Sinn ist der Geschmackssinn. Als Stimulus der Erinnerung ist er mit am Tisch, wo Fremde zu Gästen werden. Aus dem Kochbuch des Mittelmeeres stammt eine Süßspeise, die die Türken Aşure nennen. Der Legende nach, die daneben auch armenische, kurdische, griechische, jüdische und arabische Mütter ihren Kindern erzählen, haben die Bewohner von Noahs Arche, als die Vorräte knapp wurden, die Reste eingesammelt, sie in einem großen Topf verrührt und dann gemeinsam verzehrt. Als bittersüßes Gericht folgt diesem überlieferten Rezept der Roman der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak. Mit den Protagonisten zweier Klans – eines türkischen, der nur noch aus Frauen besteht, und einer armenischen Diaspora-Familie, auf der hundert Jahre Traumata lasten – werden die disparaten Erinnerungen dergestalt zusammenführt, dass ein jeder die fehlenden Teile der eigenen Geschichte in der Geschichte des jeweils anderen wiederfindet. Man verzehrte ja schließlich auch schon immer die gleichen Gerichte. Elif Shafaks schräge Familiensaga besteht aus so viel funkelnden Erzählungen wie der Aşure aus Gewürzen. VOLKER BREIDECKER
Elif Shafak: Der Bastard von Istanbul. Aus dem Englischen von Juliane Gräbener-Müller. Kein & Aber Verlag, Zürich 2015. 464 Seiten, 12, 90 Euro.
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»Das Buch macht Lust, sich näher mit dem Land und seiner vielfältigen Geschichte zu befassen.« Katja Töpfer, Apotheken Umschau, 07/2021 Katja Töpfer Apotheken Umschau 20210701