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Europa ist kein Paradies, auch nicht für Einwanderer aus dem Senegal. Trotzdem will Salies kleiner Bruder Madické nach Frankreich, um als Fußballer reich und berühmt zu werden. Doch die Träume, die auf der kleinen Insel inmitten des Ozeans ersonnen werden, stoßen auf ein Hindernis: die Wirklichkeit.

Produktbeschreibung
Europa ist kein Paradies, auch nicht für Einwanderer aus dem Senegal. Trotzdem will Salies kleiner Bruder Madické nach Frankreich, um als Fußballer reich und berühmt zu werden. Doch die Träume, die auf der kleinen Insel inmitten des Ozeans ersonnen werden, stoßen auf ein Hindernis: die Wirklichkeit.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.12.2004

Wenn das Meer speit
Fatou Diomes Roman „Im Bauch des Ozeans”
Sage und schreibe 200 000 Mal hat sich Fatou Diomes Ethno-Episodenroman „Der Bauch des Ozeans” in Frankreich seit seinem Erscheinen verkauft. Die einfachen Geschichten in exotischer Szenerie, aus denen sich das Buch zusammensetzt, trägt Diome lebhaft vor wie den Höhepunkt des Schultags beim Familienabendessen. Ein einziges Telefon gibt es in dem senegalesischen Dorf der Erzählerin, die nach Frankreich auswandert, es thront auf einem Tisch wie auf einem Altar. Als die Bewohner zum ersten Mal Menschen mit weißer Haut sehen, führen sie sich wie Besucher eines Zoos auf. Madicke, der Bruder der Erzählerin, ist fanatischer AC-Milan-Fan und weiß alle Ergebnisse der ersten italienischen Liga. Moussa, ein anderer begabter Kicker, wird tatsächlich von einem französischer Club abgeworben, um zum Fußballstar getrimmt zu werden, aber als er es nicht bringt, lässt man ihn fallen wie einen zerstochenen Lederball, und per Flugzeug schiebt man ihn in die Heimat ab. Ndetare, der alte Lehrer, ist seit einem Vierteljahrhundert Dorfschuldirektor und Marxist, und die Erzählerin nimmt am Unterricht teil, ohne richtig eingeschrieben zu sein.
Fatou Diome schildert Alltägliches auf die dürrste Weise. Das hat nicht nur Nachteile. Sie ist nie in Gefahr zu verklären, ihre Geschichten wirken authentisch. Sie weiß die schönen Seiten ihrer Heimat zu nennen, hat aber auch Kritik für traditionsgläubige Senegalesinnen übrig und ist definitiv für Geburtenplanung. Andererseits verdient nicht jeder „Furz” (Diome liebt das naturalistische Vokabular), der Welt zu Gehör gebracht zu werden. Der naiv-begeisterte Bruder Madicke, der unermüdlich Fußballergebnisse referiert, ist zunehmend ein kleiner Nerventöter. Dass die Erzählerin ausgerechnet - ausgerechnet! - in dem Augenblick zur Welt gekommen ist, in dem die Hebamme abwesend war, und dass sie in der Schule die Klassenbeste gewesen ist, obwohl sie bereits damals ein Mädchen war, das hat man schon einmal so oder ähnlich gehört. Obwohl man merkt, dass die Autorin mit ihren Figuren viel verbindet, kann der Leser nichts mit ihnen anfangen, weil Diomes Sätze trotz gegenteiliger Bemühungen oft abstrakt bleiben. So setzt sich der Lehrer an den Pier und sucht den Horizont nach „seinen marxistischen Idealen ab, doch das Meer spie sie ihm vor die Füße, wo sie allmählich verfaulten.” Ein in seiner Konstruktion misslungenes und in seiner angestrebten Aussage ausgewaschenes Bild.
„Die Kolonialisierung hatte Folgen: Alles, wonach sie sich sehnten, kam aus Frankreich. Der einzige Fernsehapparat, auf dem sie Fußball schauen konnten, kam aus Frankreich. Dessen Besitzer, eine einflussreiche Persönlichkeit, hatte in Frankreich gearbeitet.” Und die Frauen sämtlicher senegalesischer Präsidenten, erzählt Diome, sind Französinnen. Am Senegal ist gar nichts gut und in Frankreich alles besser. Diesen Eindruck gilt es zu widerlegen. Diome tut es ganz nüchtern und mit Erfolg. Dafür ist man dankbar. Für mehr nicht.
KAI WIEGANDT
FATOU DIOME: Der Bauch des Ozeans. Roman. Aus dem Französischen von Brigitte Große. Diogenes Verlag. Zürich, 2004. 221 S., 18,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"Frank Wittmann macht zunächst unmissverständlich klar, dass er den Roman der senegalesischen Autorin Fatou Diome den "neokolonialistischen Peinlichkeiten" von Autoren wie Corinne Hofmann oder Ryszard Kapuscinski bei weitem vorzieht. Das Buch, das sich im französischen Original 200.000-mal verkauft hat wie Wittmann informiert, lobt er als "mutigen Roman über die Schwierigkeiten der Interkulturalität", die in einzelnen "charmanten Episoden" über die senegalesische Gesellschaft und über das Leben der Immigranten in Frankreich erzählt. Während ihm die "intellektuelle Leistung" Diomes imponiert, die Gefahr der Interkulturalitäts-Klischees zu umschiffen, sieht er auf der "ästhetischen Seite" dieses Buches zu seinem Bedauern allerdings "keine Entsprechung". Er findet die Geschichten, die die Autorin erzählt, zwar "nett", kritisiert aber, dass Diome ihren Charakteren kaum ein "literarisches Eigenleben" zu schaffen im Stande ist und der Einsatz der "Stilmittel" auch eher "plump" ausgefallen ist. Und so moniert der Rezensent zwar den "beschränkten literarischen Anspruch" des Romans, betont aber wohlwollend, dass er wegen der "charmanten Behandlung tiefgreifender gesellschaftlicher Konflikte" alles in allem trotzdem "lesenswert" ist.

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»Eine unglaubliche Karriere.« Romain Leick / Der Spiegel Der Spiegel