Biologische Wurzeln menschlichen Erkennens
Es geht in diesem Buch um einen alternativen Ansatz zum Verständnis elementarer biologischer Vorgänge, durch die wir zu Wissen bzw. Erkenntnis gelangen. Die Neurobiologen Maturana und Varela versuchen lebende Systeme als den Prozess zu verstehen, der
diese verwirklicht, und sie nicht durch die Beziehung zu ihrer Umwelt zu erklären.
Um einen…mehrBiologische Wurzeln menschlichen Erkennens
Es geht in diesem Buch um einen alternativen Ansatz zum Verständnis elementarer biologischer Vorgänge, durch die wir zu Wissen bzw. Erkenntnis gelangen. Die Neurobiologen Maturana und Varela versuchen lebende Systeme als den Prozess zu verstehen, der diese verwirklicht, und sie nicht durch die Beziehung zu ihrer Umwelt zu erklären.
Um einen vorurteilsfreien Einstieg zu ermöglichen, thematisieren die Autoren gleich zu Beginn die „Versuchung der Gewissheit“. Im Alltag verlässt der Mensch sich auf seine Wahrnehmung und ist sich möglicher blinder Flecken (Beispiel Auge) nicht bewusst. Das Erstaunliche am blinden Fleck ist, dass uns trotzdem eine geschlossene Welt präsentiert wird. Wir sehen nicht, dass wir nicht sehen. Maturana und Varela beschreiben das Phänomen des Erkennens auf konstruktivistische Art. Jeder Akt des Erkennens bringt eine Welt hervor.
In weiteren Kapiteln geht es um die Organisation des Lebendigen. Die Eigenart von Lebewesen ist, dass sie sich permanent selbst erzeugen. Die zugrunde liegende Organisationsform ist die Autopoiese. Lebende Systeme realisieren sich als Produkte ihrer eigenen Operationen. Das Sein und das Tun einer autopoietischen Einheit sind untrennbar verbunden, und dies bildet ihre spezifische Art von Organisation. Dieser Denkansatz ist wegen der Selbstbezüglichkeit nicht leicht zu verstehen.
Eine Erkenntnistheorie soll zeigen, wie das Erkennen die Erklärung des Erkennens erzeugt. Hier schließt sich der Kreis. Es gibt keinen festen Bezugspunkt. Wenn wir die Existenz einer objektiven Welt voraussetzen, die von uns als den Beobachtern unabhängig und die unserem Erkennen durch unser Nervensystem zugänglich ist, dann können wir nicht verstehen, wie unser Nervensystem eine Repräsentation dieser unabhängigen Welt erzeugen soll. Setzen wir jedoch nicht eine von uns als Beobachtern unabhängige Welt voraus, scheinen wir zuzugestehen, dass alles relativ ist und dass alles möglich ist, da es keine Gesetzmäßigkeiten gibt.
In dem Buch geht es nicht nur um einen alternativen Vorschlag zum Verständnis elementarer biologischer Vorgänge, sondern auch um einen neuro-philosophischen Ansatz. Genau genommen wird die von Mystikern behauptete Einheit von Subjekt und Objekt und damit die untrennbare Ganzheitlichkeit des Seins begründet. Man kann zum Konstruktivismus stehen, wie man will: Das Buch ist sehr zu empfehlen.