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MIQUEL MARTÍ I POL wurde am 19. März 1929 in Roda de Ter, einem Dorf der Provinz Barcelona, geboren. Seine Kindheit verlief in den Wirren der Republik, gefolgt vom Bürgerkrieg und Sieg des Faschismus, der Katalonien zu einer Besatzungszone und das Katalanische durch die Übermacht der Waffen zu einem „schlecht gesprochenen Spanisch“ machte, d.h.: einem „befremdenden Dialekt“ am Rande, der schließlich verboten wurde. Er ging in die Pfarrschule seines Dorfes und lernte in seinen Gassen, daß es weder eine durchsetzbare Verordnung gibt, welche die Identität eines Volkes ausmerzt, noch eine Sprache,…mehr

Produktbeschreibung
MIQUEL MARTÍ I POL wurde am 19. März 1929 in Roda de Ter, einem Dorf der Provinz Barcelona, geboren. Seine Kindheit verlief in den Wirren der Republik, gefolgt vom Bürgerkrieg und Sieg des Faschismus, der Katalonien zu einer Besatzungszone und das Katalanische durch die Übermacht der Waffen zu einem „schlecht gesprochenen Spanisch“ machte, d.h.: einem „befremdenden Dialekt“ am Rande, der schließlich verboten wurde. Er ging in die Pfarrschule seines Dorfes und lernte in seinen Gassen, daß es weder eine durchsetzbare Verordnung gibt, welche die Identität eines Volkes ausmerzt, noch eine Sprache, die zum Verstummen gezwungen werden kann. Vielleicht entschied er damals, ein katalanischer Dichter zu werden, und seine Poesie sollte die Stimme der zum Schweigen Verurteilten sein. Er kam aus einer einfachen Familie, begann mit 14 Jahren, in der Textilfabrik Cala Tecla Sala zu arbeiten, in der seine Mutter beschäftigt war, und lernte dort etwas dazu, das er nie vergessen würde: die Erniedrigten und Gepeinigten der Welt konnten nicht weniger als eine gleichberechtigte und gerechte Welt erträumen und mußten dafür kämpfen, um ihr gelobtes Land zu erreichen. Niemals diese Lehren des Lebens vergessen zu haben, brachte ihm die Anerkennung seines Volkes und folglich der grenzenlosen Erde ein, die an der Hand der besten Poesie die Wege jedes Dorfes bis ins Unendliche bahnt. Eine Lungentuberkulose zwang den 19-Jährigen ein Jahr lang zur Bettruhe, was ihm gestattete, zu schreiben und vor allem zu lesen. Saint-Exupéry, Simone de Beauvoir, Apollinaire, Flaubert, Zola, Racine, Huysmans und Roland Barthes standen ihm an den Pforten der großen Literatur zur Seite und wurden so vertraut, daß er sie Jahre später hervorragend ins Katalanische übersetzte. Sein Debütband „Paraules al vent“ wurde 1954 mit dem Literaturpreis „Ossa Menor“ geehrt und fügte seinen Namen zu den Besten der neuen katalanischen Poesie hinzu. So kehrte er zu öffentlichen Tätigkeiten zurück und verwandelte die Filmforen und Bühnen der Liedbewegung Nova Cançó in Versammlungsorte, in denen seine Gedichte zu Massengesängen wurden. Er war davon überzeugt, daß die Franco-Diktatur nicht nur durch Filme, Debatten und Lieder bezwungen werden konnte, und engagierte sich politisch, notwendigerweise im Untergrund, in den Reihen der Sozialistischen Einheitspartei Kataloniens (PSUC – Partit Socialista Unificat de Catalunya). Zu Beginn der siebziger Jahre erkrankte er an Multipler Sklerose, die seinen Körper schwer angriff. Allmählich beraubte ihn die Krankheit seiner elementarsten Möglichkeiten und fesselte ihn dann für alle Zeiten an einen Rollstuhl. Seltsamerweise wurde seine Poesie, berührt von Staunen, Verzweiflung und auch Qual, je mehr sich seine körperlichen Bewegungen einschränkten, umso schwungvoller, erhabener und universeller, sicherlich ohne die feinsinnigen Wege zu vergessen, die in der einen oder anderen Richtung den Himmel und die Erde zusammenfügen. Nach einiger Verzögerung bewies das Leben, daß die Diktatur vergänglicher war als der himmlischste oder ätherischste Text von ihm. 1978, drei Jahre nach der Wiedererlangung der Demokratie, wurde in Osona eine Semana Popular unter dem bedeutungsvollen Motto „Ara és demà“ (Jetzt ist morgen) gefeiert, bei der Künstler wie Antoni Tàpies und Dichter wie Vicent Andrés Estellés, Pere Quart, Joan Brossa, Joan Vinyoli, Ramon Puyol und Xavier Bru de Sala sowie viele andere Martí i Pol würdigten. Sein dreibändiges Gesamtwerk – „L’arrel i l’escorça“, „El llarg viatge“, „Amb vidres a la sang“ – ließ ihn nicht nur zu einem der meistgelesenen, sondern auch meistgesungenen katalanischen Dichter werden. Dies geschah dank der Inspiration von Musikern und Sängern wie Maria del Mar Bonet, Ramon Muntaner, Lluís Llach, Celdoni Fonoll, Teresa Redbull und Rafael Subirachs. Heute wird die Poesie von Martí i Pol auf Spanisch, Portugiesisch, Englisch, Flämisch, Slowenisch, Bulgarisch, Russisch und Japanisch gelesen und gesungen. Es war an der Zeit, wie dieses Buch belegt, daß Martí i Pol eine größere Beachtung in der Sprache Goethes findet. Der Dichter aus Roda de Ter erhielt neben vielen anderen Auszeichnungen folgende Literaturpreise: „Fastenrath“, „de la Crítica“, „Salvador Espriu“, „Ciutat de Barcelona“ (als Dichter und Übersetzer), „Nosside Internacional“, „d’Honor de les Lletres Catalanes“, „Creu de Sant Jordi“, „Medalla de Oro al mérito en las Bellas Artes“, „Nacional de Literatura“ und „Medalla de oro“ der Regierung Kataloniens. 1999 stimmte ein Großteil der katalonischen Gemeinden mit der Vereinigung der Schriftsteller katalanischer Sprache und dem Institut für katalanische Literatur darin überein, ihn bei der Schwedischen Akademie als Nobelpreiskandidaten vorzuschlagen. Aber vielleicht sind es nicht so sehr jene Ehrungen und Auszeichnungen, über die sich der Dichter dankbar erfreute, sondern eher andere, die er inniger und sympathischer fand: daß sein Name zum Namen zahlreicher Straßen, Schulen und Büchereien in etlichen Dörfern und Städten wurde. In diesem Universum bewegen sich, lieben, leiden und kämpfen jene anonymen Wesen, deren Stimmen er in seinem Herzen zu versammeln wußte und in Gedichte verwandelte. Vielleicht ist es auch deshalb nur ein rein biographisches Detail, daß Miquel Martí i Pol mit 74 Jahren am 11. November 2003 verstarb. Alberto Szpunberg