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Bergführer machten hundert Jahre lang den Menschen Gipfel und Grate zugänglich, die sie allein nicht erreicht hätten. Das Jahrhundert des klassischen Alpinismus ist vorüber. Mit ihm geht eine ganze Kultur des Gehens und eine Haltung zur Landschaft unter. An die Stelle der Bergführerschaft ist heute das Rundum-Entertainment am Berg getreten. Die Helden des alltäglichen Alpinismus treten hinter den Stars des Extremen und des ultimativen Outdoorkicks in den Schatten der Geschichte zurück. Ersteren wird in der biografischen Erzählung "Der Berggeher" ein Denkmal gesetzt.

Produktbeschreibung
Bergführer machten hundert Jahre lang den Menschen Gipfel und Grate zugänglich, die sie allein nicht erreicht hätten. Das Jahrhundert des klassischen Alpinismus ist vorüber. Mit ihm geht eine ganze Kultur des Gehens und eine Haltung zur Landschaft unter. An die Stelle der Bergführerschaft ist heute das Rundum-Entertainment am Berg getreten. Die Helden des alltäglichen Alpinismus treten hinter den Stars des Extremen und des ultimativen Outdoorkicks in den Schatten der Geschichte zurück. Ersteren wird in der biografischen Erzählung "Der Berggeher" ein Denkmal gesetzt.
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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.05.2011

Unterwegs im
toten Winkel
Loblied auf Bergführer alter Schule
– eine Figur, die verschwindet
Verrückt wird er nicht, dieser Wanderer. Nur alt und aus der Zeit gefallen. Dennoch hat „Der Berggeher“ von Wieland Elfferding ein paar Ähnlichkeiten mit jenem in den Wahnsinn abgleitenden Karrer aus Thomas Bernhards Erzählung „Gehen“. Leidenschaftliche Fußgänger sind beide, und im Gehen bedenken sie die Welt, das eigene Dasein sowie ihre Verträglichkeit für andere. Weil Bernhard sich stets nur Weltverächter ausdenken wollte, gehen seine Figuren zwangsläufig an der Welt zugrunde. Wieland Elfferding meint es da besser mit seinem namenlosen Helden. Der hat einen Weg gefunden, mit Unbilden vielfältiger Art klarzukommen.
„Der Berggeher“ ist von seinem Autor nicht kategorisiert, nicht als Erzählung, nicht als Tatsachenbericht. Der kurze Text ist beides: Literatur und Dokument. Elfferding schildert in einer kargen, präzisen Sprache den Alpinismus des 20. Jahrhunderts, die klassische Bergführerschaft. Sie hat keinen Stand mehr, ist abgelöst worden von einer Entertainment-Erwartung derjenigen, die es in und auf die Berge drängt – der Text ist jedoch mehr Loblied als Abgesang auf das Verblassende.
Der Geher bewegt sich durch die toten Winkel: „Wo ein Lift geht und ein Wirtshaus steht, ist der Parkplatz unten voll, und man steht Schlange, statt zu gehen.“ Wenige Kilometer weiter ist man für sich, das sind die Reviere des Bergführers. So gut die Alpen erschlossen sind – es gibt zahllose weiße Flecken, auch weil manche Wege aus Desinteresse oder Geldmangel wieder verfallen. „Die Sensation des Unspektakulären“ sei die Spezialität des Bergführers und -gehers, schreibt Elfferding, „mehr Entdeckung als Gipfelsammeln, mehr Erlebnis als Prestige.“ Aus dem Text spricht eine im besten Sinn konservative Haltung, die geprägt ist von Ehrfurcht den Bergen gegenüber und Entdeckerfreude, die einhergeht mit einer genauen Kenntnis der eigenen Leistungsfähigkeit – und jener der Kundschaft, die sich vom Bergführer anleiten lässt. Elfferding entwirft das schöne Bild eines Bergführers als Hausherr im Gebirge. Er beharrt darauf, dass seine Kunst wieder gefragt sein wird. STEFAN FISCHER
WIELAND ELFFERDING: Der Berggeher. Aus einem Bergführerleben. Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag, Wien 2011. 104 Seiten, 19 Euro.
Entdecken statt Gipfel
sammeln: Die Sensation
ist das Unspektakuläre
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2011

Halt dich fest, lieber Bruder

Wieland Elfferding, Publizist und Lehrer, hat früher im Hamburger Argument-Verlag veröffentlicht, der sich als Haus linker Wissenschaft und Wissenschaftskritik versteht. Elfferdings neues Buch ist im österreichischen Jagd- und Fischerei-Verlag erschienen. Elfferding schreibt über Bergführer, die jahrzehntelang Menschen auf Berge führten, bis das sogenannte führerlose Gehen den Alpinismus veränderte. Das ist jedoch, anders als der Autor anklingen lässt, keine moderne Erscheinung. Schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts gelangen eigenständigen Bergsteigern Erfolge. Und ein Standardwerk zum Thema "Führerloses Bergsteigen" erschien bereits in den Zwanzigern. Was Elfferding als zeitgenössische Tendenz hinstellt, gibt es also seit hundert Jahren. Dies ist wichtig zu wissen, weil der Autor sein Buch anlegt, als würde er damit das Ende einer Epoche gerade noch einmal beschreiben. Das aber ist nicht richtig. Nach wie vor gibt es in den Bergen beide Spielarten des Alpinimus: Touren mit Bergführern und Menschen, die allein unterwegs sind. Und warum auch nicht. Doch das ist es nicht allein, was an Elfferdings Text nicht stimmig ist. Auch der Ton wirkt unpassend. Mal versucht er sich in Stifterscher Manier, schreibt dräuend, auf dem Bergrücken kenne "der Geher jeden Meterbreit", sei ihn "vielmal hinauf- und heruntergestiegen, er weiß um die Kluft, die sich mittendrin plötzlich auftut". Und immer wieder das Kafka abgeschaute "der Geher". Es soll wohl eine Art von neutralem Beschreiben darstellen, wie Kafkas Blick auf "den Reisenden", bekommt aber einen polemischen Unterton. Elfferding versteigt sich stilistisch in gestelzte Distanz, wenn er schreibt: "Mitunter muss die heimwärtige Route mit Bedacht gewählt werden." Er schüttet Häme über die anderen aus, die Nordwandgesichter, Turnschuhtouristen und - natürlich - die Handybesitzer. Während mit dem "sehr gut trainierten und für diese heikle Bergfahrt bestens geeigneten Gast" wohl niemand anders als der Autor selbst gemeint sein kann. In der "Hohen Schule des Gehens" erklärt Elfferding, ganz praktisch anstatt philosophisch, "den Fuß ein wenig schräg aufgesetzt", gehe es sich leichter und ohne im Spann zu verkrampfen. So gar nicht mag der Autor die Grünen, immer wieder teilt er aus, und dieses politische Draufhauen passt nicht zu einem Text, der sich sonst literarisch gibt. Er verurteilt den "grünen Grundsatz, dass die Erde allen gehöre", ereifert sich über "grün Gesinnte aus der Stadt" und "grüne Phrasen über Gletscherschmelze". Der Denkfehler des Buches ist aber: Bis heute gehen Menschen gerne in die Berge. Und auch ohne Bergführer nicht zwangsläufig als Anhänger des "Rundum-Entertainments". Weder der Autor noch sein "Geher" haben die "Augenblicke der äußersten Anstrengung und die des Innehaltens und Verweilens" für sich gepachtet. Die Zeit werde wieder kommen, so Elfferding, wenn die Menschen nicht mehr nur nach der Zahl der Schichten ihrer Outdoor-Kleidung fragen, sondern nach den Tiefenschichten der Berglandschaft. Diese Zeit war nie zu Ende.

bär

"Der Berggeher. Aus einem Bergführerleben" von Wieland Elfferding. Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag, Wien 2011. 102 Seiten. Gebunden, 19 Euro.

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