Der heute kaum noch gekannte thüringische Schriftsteller Ahasverus Fritsch (1629-1701) gehört zu den produktivsten Autoren des 17. Jahrhunderts. In seinen zahlreichen, in der seit dem Mittelalter lebendigen Tradition der hofkritischen Literatur stehenden kulturkritischen Schriften spiegeln sich seine Erfahrungen als Beamter an dem kleinen schwarzburgischen Hof in Rudolstadt. Der homiletisch geprägte Traktat "Der Beschämte Geschenck-Fresser" (1683) ist ein Beamtenspiegel, dessen Gegenstand der in den höfischen Alltag transportierte stoische Tugendbegriff ist. Die Hauptfigur ist der lasterhafte - im dargestellten Falle der bestechliche, leicht zu korrumpierende - Beamte. Der Text erhält durch Sprichwörter, Alliterationen und Wortspiele sein Gepräge, hat aber gattungsgemäß durch seinen plaudernd-schimpfhaften Unterton zugleich einen moralisierenden Gestus. Damit steht Fritsch in der Nähe der von ihm bewunderten Autoren Johann Matthäus Meyfart und Veit Ludwig von Seckendorff. In seinem theologischen Verständnis und in seiner Ethik ist er ein Adept des Gothaer Herzogs Ernst der Fromme. Wie dieser - doch darin im Widerspruch stehend zu den Pietisten - will er die ethische Erneuerung der gesamten christlichen Welt.