Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem Beschluß vom 24. Oktober 1996 die umstrittene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Tötungen an der innerdeutschen Grenze für verfassungsgemäß erklärt. Danach können sowohl einfache Grenzsoldaten als auch ihre Vorgesetzten bis hin zur politischen Führung der DDR wegen der Tötung von Flüchtlingen strafrechtlich verfolgt werden.Der Autor fragt, ob die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Ergebnis und in der Begründung richtig ist. Dabei geht es vor allem um drei Probleme. Das erste und wichtigste ist, ob die heutige Bestrafung der damals nach anderem Recht handelnden Täter mit der vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich und systematisch hervorgehobenen strikten oder absoluten Geltung des in Art. 103 Abs. 2 GG festgeschriebenen Rückwirkungsverbot vereinbar ist.Das zweite Problem ist, ob man eine heutige Bestrafung ohne die Radbruchsche Formel, also ohne Rückgriff auf überpositives Recht, überhaupt begründen kann, wenn man auf eine nachträgliche Uminterpretation des damals geltenden Rechts der DDR, welche als verdeckte Rückwirkung schlimmer wäre als eine offene, verzichten will.Bei dem dritten Problem schließlich geht es darum, ob die Bestrafung der damals zumeist noch recht jungen Grenzsoldaten mit dem Schuldgrundsatz vereinbar ist. Die Ergebnisse des Bundesverfassungsgerichts werden, außer in der Schuldfrage, für richtig befunden. Ihre Begründung findet Kritik.