Heilige Texte sind gefährlich: Ihre Auslegung kann dazu dienen, auch unheilige Ereignisse zu rechtfertigen.Der Ruf der Juden: 'Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!' (Mt 27,25) spielt in der Debatte über den Antijudaismus bis heute eine große Rolle.Keller verortet den Vers in seinem zeitgeschichtlichen Kontext: in der Zeit, als das Christentum aus dem Judentum entstand. Die daher bedingte Polemik des Textes wurde nicht immer mit aufgeklärten Augen betrachtet, sondern erzeugt bis heute judenfeindliche Reaktionen.Texte der Passionsliturgie, Pressenotizen, Interpretationshilfen zum Kriegsgeschehen u.a. werden analysiert und zu Zeugnissen dafür, wie Fehldeutungen von Mt 27,25 und ihre Rezeption das kirchliche Leben und manche schweigend zugestehende Haltung in der Schweiz geprägt haben.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Korrekturen Bücherschau Perlentaucher 2007-02-13Endlich, begrüßt und lobt Rezensent Siegfried Weichlein die Studie, wird einmal mit der viel beschworenen Interdisziplinarität in der Antisemitismusforschung ernst gemacht. Einerseits könne Zsolt Keller klar herausarbeiten, dass das Matthäuszitat "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder", mit der die Menge Jesu Tod fordere, ein "zentraler Referenzpunkt" des katholischen Antisemitismus sei. Über eine Analyse theologischer Literatur, der Liturgie und ikonographischer Entsprechungen zeige der Autor die Wirkungsgeschichte dieses Bibelsatzes bis hin zum Schweigen der katholischen Bischöfe zur Deportation der ungarischen Juden im Jahr 1944. Andererseits werde so zugleich der Antisemitismus im Hinblick auf seine "religiöse Semantik" befragt. Auch drücke sich der Autor keineswegs um die heikle Frage, ob der so genannte Blutruf eine nur nachträglich aufgepfropfte Sinnentstellung der Passionsgeschichte sei. Hier laute die traurige historische Erkenntnis, Matthäus habe auf dem antiken "Religionsmarkt" gehandelt, für den die Polemik und der Fluch zum täglichen Geschäft gehörte, und weniger theologische Argumente.
© Perlentaucher Medien GmbH
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