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Sturla ist ein Dichter aus Island. Er hat das große Los gezogen: Als einziger Vertreter seines Landes wird er zu einem Literaturfestival nach Litauen eingeladen. Doch der Ausflug wird zum Horrortrip. In Vilnius angekommen, wird er des Plagiats bezichtigt. Statt seine Gedichte vorzulesen, muss er seine Unschuld beweisen. Und dann wird ihm noch sein nagelneuer Mantel geklaut. Aber in seiner größten Not rettet ihn das Glück in Gestalt der schönen Liliya. Alles wendet sich auf wundersame Weise zum Guten - nicht ohne ein paar unerlaubte Tricks. Ein unterhaltsamer und vielschichtiger Roman darüber,…mehr

Produktbeschreibung
Sturla ist ein Dichter aus Island. Er hat das große Los gezogen: Als einziger Vertreter seines Landes wird er zu einem Literaturfestival nach Litauen eingeladen. Doch der Ausflug wird zum Horrortrip. In Vilnius angekommen, wird er des Plagiats bezichtigt. Statt seine Gedichte vorzulesen, muss er seine Unschuld beweisen. Und dann wird ihm noch sein nagelneuer Mantel geklaut. Aber in seiner größten Not rettet ihn das Glück in Gestalt der schönen Liliya. Alles wendet sich auf wundersame Weise zum Guten - nicht ohne ein paar unerlaubte Tricks. Ein unterhaltsamer und vielschichtiger Roman darüber, dass nichts unmöglich ist, solange man gute Einfälle hat, und dass manchmal kriminelle Energie hilft, um das Schicksal zu beeinflussen.
Autorenporträt
Bragi Ólafsson, 1962 in Reykjavik geboren, war Bassist in der von Björk gegründeten Band Sugarcubes. Er hat Romane, Theaterstücke und Gedichte verfasst.

Tina Flecken, geboren 1968 in Köln. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Verlagslektorin arbeitet sie seit 2005 als freie Übersetzerin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2010

Unsichere Identitäten

Bragi Olafsson jongliert mit faszinierenden Plagiaten: Im Roman des isländischen Autors "Der Botschafter" gerät die Welt ins Wanken. Deren Bewohner auch.

Der Dichter Sturla reist zu einem Poesiefestival nach Litauen, vorher kauft er sich noch einen Mantel, einen Aquascutum-Trenchcoat. Er ist nicht nur teuer, sondern auch wasserabweisend wie ein laminierter Schutzumschlag, "das sollten Sie als Lyriker ja kennen", bemerkt der Verkäufer. In Wilna wird Sturla der Mantel entwendet, er rächt sich, indem er selbst einen stiehlt, einen Brooks Brothers, der ist noch teurer. Dass der Mantel dem amerikanischen Finanzier des Festivals gehört, ist eine der Zufallsbeziehungen, der erstaunlichen Verbindungen im Buch, andererseits aber ergibt sich das eine aus dem anderen, alles hängt irgendwie zusammen.

"Wir Dichter dürfen sagen, was uns in den Sinn kommt. Selbst wenn es grober Unfug ist", sagt im Roman ein bärtiger litauischer Poet, dabei ist "Der Botschafter" kein Nonsense-Buch, sondern ein Roman vertauschter und unsicherer Identitäten, von Menschen, Texten und Dingen. Dass Bragi Olafsson bei Gelegenheit gesagt hat, die ganze Literatur stehe auf dem Boden der Tatsachen, macht alles nur verwirrender.

Von Selbstzweifeln geplagt, fühlt sich Sturla in Litauen immerhin als "Botschafter" seines Landes, doch er kommt nie dazu, seine Sachen vorzutragen, und wenn er durch Wilna geht, lässt er das Viertel seiner Kindheit in Reykjavík Revue passieren, all die Straßen, in denen der Vater, ein alter Filmregisseur, und die Mutter, dem Alkohol zugeneigt, wohnen. Seine Erinnerung korrespondiert mit dem realen Abschied von den Eltern vor der Abreise nach Wilna. Hier nun erfahren wir auch, was es mit der Mappe auf sich hat, die Sturlas Großvater gehörte und die nach dessen Tod über den Vetter Jonas zu Sturla gelangte. In der Mappe fand Sturla ein fertiges Manuskript mit brauchbaren Gedichten, auf die er gern zurückgreift, die aber selbst wiederum von den alten isländischen Poeten beeinflusst sind. Dass man ihn nun des Plagiats bezichtigt, ist niederschmetternd und absurd zugleich.

Bragi Olafsson hat viel von Paul Auster gelernt, dessen "Stadt aus Glas" er ins Isländische übersetzt hat. Er verwendet Zitate, Sackgassen und Irrfahrten. Aber er hat auch von den frühen Modernen gelernt, seinen Roman nennt er "Gedicht in freiem Vers", eine Verbeugung vor dem Vorbild Gogol, der "Die toten Seelen" ein "Poem" nannte, damit aber eigentlich ein Prosaepos meinte. Das Motiv findet sich in Gogols Erzählung "Der Mantel", und das Ausführliche und gleichzeitig Nervöse gibt es bei Herman Bang und beim jungen Hamsun. Neu ist das Spiel mit den Identitäten, mit Originalen, Artefakten und Plagiaten, nicht. Faszinierend aber dennoch. Zumal Olafsson, einst Bassist bei Björks Sugarcubes, ein geistreicher und hinreißend amüsanter Schriftsteller ist (und von Tina Flecken "haarfein und clever" übersetzt wurde), artistisch raffiniert, aber mit existentiellem Ernst und Druck, sein Roman ist eben nicht nur ein postmodernes Spiel.

PETER URBAN-HALLE

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Island und Lyrik, das kann ja so spannend ja nicht sein, denkt auch der Rezensent. Und wenn die Handlung um einen skeptischen, alkoholseligen Dichter aus Reykjavik, den es zu einem Literaturfestival nach Litauen verschlägt, und eine verwandte weibliche Seele so "halbamüsant" dahinplätschert, fühlt sich Christoph Bartmann durchaus bestätigt. Als allerdings das Unprätentiöse der Figur von Bragi Olafsson mal wieder bis an die Schmerzgrenze getrieben wird, geht dem Rezensenten plötzlich ein Licht auf: Wenn die Figuren hier mit heiligem Ernst die Sache der Lyrik verhandeln, entstehen die "Umrisse eines poetologisch-philosophischen Essays".

© Perlentaucher Medien GmbH