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Reinhard Kleist erzählt das unglaubliche, aber wahre Leben des jüdischen Boxers Hertzko Haft, der im Konzentrationslager von seinen Bewachern zum Faustkampf gezwungen wurde und daraus seine Überlebensstrategie machte. Nachdem Reinhard Kleist mit "Cash" und "Castro" bereits zwei sehr erfolgreiche grafische Biografien gezeichnet hat, geht er nun einen Schritt weiter. Mit "Der Boxer" hat er sich an sein bisher schwierigstes Thema gewagt und herausgekommen ist seine spannendste Graphic Novel.

Produktbeschreibung
Reinhard Kleist erzählt das unglaubliche, aber wahre Leben des jüdischen Boxers Hertzko Haft, der im Konzentrationslager von seinen Bewachern zum Faustkampf gezwungen wurde und daraus seine Überlebensstrategie machte. Nachdem Reinhard Kleist mit "Cash" und "Castro" bereits zwei sehr erfolgreiche grafische Biografien gezeichnet hat, geht er nun einen Schritt weiter. Mit "Der Boxer" hat er sich an sein bisher schwierigstes Thema gewagt und herausgekommen ist seine spannendste Graphic Novel.
Autorenporträt
Reinhard Kleist, geboren 1970 in Hürth, studierte Grafik und Design in Münster. Seit 1996 lebt und arbeitet er in Berlin. Reinhard Kleist veröffentlichte zahlreiche Comics, u. a. bei den Verlagen Ehapa, Landpresse, Reprodukt, Edition 52 und Carlsen. Neben seinen Comicarbeiten schuf der Berliner Künstler Illustrationen für Bücher und Plattencover. Reinhard Kleist wurde für seine Comics bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Max und Moritz-Preis für "Cash - I see a darkness". Mit "Der Boxer" gewann er den Deutschen Jugendliteraturpreis. Vor der Biografie des jüdischen Boxers schuf Reinhard Kleist die Comic-Biografie "Castro" und brachte im Vorfeld dazu das Reisetagebuch "Havanna - eine kubanische Reise" heraus. Für "Der Traum von Olympia" erhielt er u. a. den Jahres-LUCHS 2015 und den Gustav-Heinemann Friedenspreis 2016. Nachdem er 2017 seine Comic-Biografie "Nick Cave" veröffentlichte, in der er das bewegte Leben des Musikers nacherzählte, erhielt Reinhard Kleist den Max und Moritz-Preis als Bester deutschsprachiger Künstler (2018). In "Knock Out!" setzt er sich zum zweiten Mal mit einem außergewöhnlichen Boxerleben auseinander. Mit "Starman - The Ziggy Stardust Years" hat er dem englischen Jahrhundertmusiker David Bowie ein erstes zeichnerisches Denkmal gesetzt - Fortsetzung folgt mit "Low" über Bowies Berlin Jahre.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit viel Lob bedenkt Gottfried Knapp diese Graphoc Novel über den jüdischen Boxers Hertzko Haft von Reinhard Kleist. Er attestiert dem Autor, die unglaubliche Lebensgeschichte von Haft, der im Konzentrationslager vor deutschen SS-Größen in mörderischen Boxkämpfen boxen musste, auf der Grundlage von Hafts Biographie, die dessen Sohn Alan Scott Haft verfasst hat, überzeugend in Bilder umzusetzen. Das Ungeheuerliche dieser Geschichte findet in seinen Augen in Kleists expressivem zeichnerisch-erzählerischem Stil angemessenen Ausdruck, gerade weil in den grausamsten Momenten der Geschichte "wild zerfetzte Schwarzflächen" die Bilder teilweise bedecken, so dass die Phantasie des Betrachters zu fiebern beginne. Das Fazit des Rezensenten: "Das Unsagbare findet seinen Ausdruck."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.07.2012

Ring unfrei
Hier findet das Unsagbare seinen Ausdruck: Reinhard Kleist hat die Biografie des jüdischen Boxers Hertzko Haft, der
im Konzentrationslager vor deutschen SS-Größen kämpfen musste, in einer Graphoc Novel eindrucksvoll in Bilder übersetzt
VON GOTTFRIED KNAPP
Wenn ein Bildmedium, das erfunden worden ist, um Phantasiewelten erlebbar zu machen, sich mit zeitgeschichtlichen Themen beschäftigt, also mit Welten, die durch fotografische Dokumente optisch weitgehend definiert scheinen, muss es individuelle Formen des Ausdrucks finden, mit denen sich die dokumentarisch belegten Ereignisse in eine Folge von erzählenden Bildern verflüssigen lassen. Was dabei entsteht, darf der Realität nicht widersprechen, muss sich aber über die bekannten Muster und Momentaufnahmen so erheben, dass eigene Erzählformen entstehen.
  Reinhard Kleist hat auf diesem Gebiet fundamentale Arbeit geleistet. In seinen Comic-Biografien über so bekannte Persönlichkeiten wie Elvis Presley, Johnny Cash oder den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro hat er jeweils einige der zu Archetypen verdichteten Motive aus der Überfülle bekannter Dokumente in seinem eigenen zeichnerisch-erzählerischen Stil eingeschmolzen, im Übrigen aber, auf die Überzeugungskraft seines zeichnerischen Spontanstils vertrauend, mit den auf bestimmte physische Kennzeichen reduzierten Hauptfiguren eine freie flüssige Bild-Erzählung entwickelt, die auf längere erklärende Textpassagen verzichten kann.
  Dass Reinhard Kleist bei der Suche nach einem neuen Stoff auf die ungeheuerliche (Über-)Lebensgeschichte des polnischen Juden Hertzko Haft (1925–2007) gestoßen ist, kann man nachträglich als Glücksfall für beide Seiten empfinden. Vierzig Jahre hat Alan Scott Haft, der Sohn des Boxers Hertzko Haft, in den USA darauf warten müssen, dass sein Vater, den er als rätselhaft „grausamen und gewalttätigen Menschen“ erlebt hat, endlich seine Ankündigung wahrmachte und sich die grauenhaften Erinnerungen an die Jahre in deutschen Konzentrationslagern, die er nur überlebt hat, weil er als brutaler Schauboxer gewisse Sonderrechte genoss, von der Seele redete.
  Alan Scott Haft hat die verbalen Auslassungen seines Vaters, der nie eine Chance hatte, richtig lesen und schreiben zu lernen, in eine literarische Form gebracht und 2003 unter dem Titel „Harry Haft, Auschwitz Survivor, Challenger of Rocky Marciano“ in den USA veröffentlicht. Als Kleist die so entstandene, in vielen Details bedrückend authentische Biografie aus dem Zentrum der Hölle in die Hände bekam, waren die quälenden Bilder, die Hertzko, der Boxer, fast bis in sein 80. Lebensjahr mit sich herumgetragen hat, allesamt verbalisiert, nur noch über Texte nachvollziehbar. Kleist erkannte das enorme visuelle Potenzial, das in diesen Beschreibungen auf seine Erweckung wartete, und machte sich an eine Rekonstruktion, indem er die vom Sohn in einen zeitlichen Zusammenhang gebrachten Lebenserinnerungen ins Medium des Comics zu übersetzen und als Graphic Novel nachzuerzählen begann. So fand die in Deutschland unter dem Titel „Eines Tages werde ich alles erzählen“ erschienene Biografie unter dem neuen Titel „Der Boxer. Die wahre Geschichte des Hertzko Haft“ zu ihren bildhaften Ursprüngen zurück.
  Wenn es eine Art Gesetzmäßigkeit, eine Folge glücklicher und gleichzeitig fataler Fügungen im Leben des „Boxers“ gab, dann waren es die kleinen schaurigen Sonderrollen, die ihm im Lauf seines Lebens aus wechselnden Gründen immer wieder zugefallen sind und ihm in einigen besonders brenzligen Situationen das Leben gerettet haben. Als kleinster von drei Brüdern, die sich nach der Besetzung Polens mit Schmuggeleien über Wasser hielten, musste er nachts die gefährlichen Botengänge durch die Schlupflöcher der Grenze machen. Beim Versuch, seinen ältesten Bruder von der Selbstregistrierung als Jude abzuhalten, wurde er selber verhaftet und nacheinander in verschiedene Arbeitslager verschleppt, in denen er, gerade mal 16 Jahre alt, seiner vergleichsweise robusten Konstitution wegen immer härteren Aufgaben zugeteilt wurde.
  Bei der buchstäblich infernalischen Arbeit vor den Verbrennungsöfen von Auschwitz brach Hertzko dann physisch wie psychisch zusammen – und nur die Einsprüche eines deutschen Wachmanns, der ihn in ein anderes Lager versetzen ließ, um ihn zum Boxer auszubilden, retteten ihn vor dem Tod. Die Boxkämpfe vor deutschen SS-Größen und ihren aggressiven Hunden, bei denen er serienweise entkräftete Mitgefangene zu Boden prügeln und damit in den sicheren Tod befördern musste, gruben sich tief in Hertzkos Psyche. Von den quälenden Erinnerungen an diese Schaumord-Veranstaltungen sollte er auch noch in Amerika bei seinen Profikämpfen regelmäßig heimgesucht werden.
  Während der letzten Kriegstage, auf dem Todesmarsch aus einem schlesischen Lager in Richtung Bayern, gelingt Hertzko dann die Flucht. Er wird von amerikanischen Offizieren aufgegriffen und bald schon – wieder eine seiner schrillen Sonderrollen – mit der seltsamen Aufgabe betraut, in einer ehemals jüdischen Villa in Straubing, in der zuletzt Nazi-Parteibonzen residiert hatten, mit deutschen Frauen eine Art Bordell für GIs einzurichten. Die Nachricht, dass außer einem seiner Brüder die gesamte Verwandtschaft in deutschen Lagern umgekommen ist, treibt Hertzko Haft dann endgültig nach Amerika, wo er schon bald nach seiner Ankunft in die Hände von sinistren Box-Managern und -Spekulanten gerät, die ihn gnadenlos in Kämpfe hetzen. Nach einer schmählichen Niederlage gegen Rocky Marciano fällt er mittellos ins Nichts.
  Reinhard Kleist hat für die Ungeheuerlichkeiten, die im Lauf der Geschichte wiederzugeben waren, seinem expressiv harten Schwarz-Weiß-Zeichenstil durch Abstrahierungen zusätzliche Ausdrucksdimensionen hinzugewonnen. In den schrecklichsten Momenten der Erzählung bedecken wild zerfetzte Schwarzflächen, die nur noch partiell gegenständlich zu deuten sind, auf so beunruhigende Weise große Partien der einzelnen Bilder, dass die Phantasie des Betrachters zu fiebern beginnt. Das Unsagbare findet seinen Ausdruck.
  
In den schlimmsten Momenten
sind die Bilder wild zerfetzt
Die Phantasie des Betrachters
beginnt zu fiebern
Von den SS-Männern wird er „das jüdische Biest“ genannt: Hertzko Haft bei einem seiner Boxkämpfe im KZ; die Bilder werden ihn ein Leben lang heimsuchen.
 ABBILDUNG AUS DEM BESPROCHENEN BAND
  
  
  
Reinhard Kleist: Der Boxer.
Die wahre Geschichte des Hertzko Haft. Carlsen Verlag, Hamburg 2012. 176 Seiten, 16,90 Euro.
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"Kleists Erzählweise ist direkt, markant und dynamisch, dabei immer grundiert von Neugier und Mitgefühl." Petra Morsbach Frankfurter Allgemeine Zeitung 20151205