Die Frage nach dem Wert einer Taschenuhr steht für den Sammler, gleich ob Anfänger oder Profi, ganz am Anfang der Leidenschaft. Ob es sich um den Wert der eigenen Sammlung handelt oder um ein neues Objekt der Begierde - die Kenntnis des Marktes und der Preise ist notwendiges Basiswissen für die richtige Kaufentscheidung. Die Einführung vermittelt alles über den planvollen Aufbau einer Sammlung, die Geschichte der Taschenuhr und technische Fachausdrücke. Im Mittelpunkt steht aber der umfangreiche Bildteil mit 393 Taschenuhren. Er ist benutzerfreundluch alphabetisch nach Signaturen geordnet. Jede Uhr wird abgebildet und exakt beschrieben. Die angegebenen Preise sind aus zahlreichen Quellen sorgfältig ermittelt und enthalten das Aufgeld und die Mehrwertsteuer.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.1995Historische Ausflüge zu Audi, Alpine, Architekturen und Aviateuren
Technik-Bücher laden zum Blättern, Schmökern und Dazulernen ein / Noch eine Auswahl vor Weihnachten
Der Callwey-Preisführer Taschenuhren. Was ist meine Taschenuhr heute wert? Von Norbert Enders, Stefan Muser und Christian Pfeiffer-Belli. Callwey Verlag, München, 224 Seiten, 546 Abbildungen, 88 Mark.
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, ob nicht Opas goldene Taschenuhr womöglich heute recht wertvoll ist? Zumal sie vielleicht sogar mit einem noblen Namen signiert ist, den man immer wieder liest? Daß man sich darauf allein noch nicht verlassen kann, machen die Autoren, allesamt ausgewiesene Uhrenfachleute, bereits im Vorwort klar: In der Regel werde sich der Preis am Goldwert des Gehäuses orientieren. Der Erbe wie der Käufer eines solchen altmodischen Zeitmessers sollte vor allem Freude daran haben, denn - so werden viele Hoffnungen gedämpft - "ob die Taschenuhr unbedingt eine gute Geldanlage darstellt, darf bezweifelt werden". Daß dieser ideelle Wert durchaus auch Geld kosten kann, wird anhand ausgewählter Versteigerungsergebnisse des bekannten Auktionshauses Dr. H. Crott (Mitautor Muser ist dessen Inhaber) reichlich bebildert dokumentiert. Nur sollte man sich an diesen Werten aus den Jahren von 1978 bis 1994 gegenwärtig nicht allzu sehr orientieren, denn viele der beschriebenen Stücke sind im Kurs deutlich gefallen. Daß es bei ihnen vor allem auf den Erhaltungszustand ankommt, lernt der aufmerksame Leser bereits auf den ersten 15 Seiten. Ihm werden auch einige Tricks verraten, die vor kostspieligen Reinfällen bewahren. Alles in allem wieder eines von Callweys typischen Bilderbüchern, vielleicht mit etwas zu komprimierter Information.
Kulturgeschichte der Physik - Von den Anfängen bis 1990. Von Károly Simonyi. Verlag Harri Deutsch, Thun/Frankfurt am Main, 583 Seiten, 98 Mark.
Schwergewichtig wie das Thema kommt es daher, das Buch, dessen Inhaltsverzeichnis zwar exaktes Wissen ahnen läßt, aber hinter den trockenen Kapitelbezeichnungen wahre Schätze verbirgt. Wenn man kein anderes Werk über die Geschichte der Naturwissenschaften hat, dieses müßte her. Für den interessierten Leser, ob Laie oder Fachmann, ist es ein reichhaltiger Fundus, den zu erschließen unerwartetes Vergnügen bereitet. Thematisch verbindet es die Physik durchgängig mit ihren Anwendungen, es ist also auch eine Technikgeschichte, Physik des Alltags, und zwar von der Antike bis in unsere Zeit. Die eigentliche Stärke des Buches ist nicht nur des Autors Fähigkeit, einzuordnen und zu bewerten, komplizierte Sachverhalte verständlich darzustellen, ohne Lehrerhaftigkeit und natürlich sachrichtig, nein, es ist auch das Buch als Kunstwerk. In einer Zeit, in der multimediale Medien scheinbar ihre Trümpfe ausspielen, wird man beim intensiven wie auch flüchtigen Durchblättern des fast DIN A4 großen Werks feststellen, was man durch die konsequente Rückbesinnung auf die Schwarze Kunst des Druckerhandwerks heute noch an Interaktivität entfalten kann. Da finden sich nicht nur Auszüge aus Originalschriften aller Jahrhunderte in den Marginalien, sondern auch Grafiken, Fotos und Erläuterungen. Auch vor dem Einsatz von mathematischen Formeln schreckt Simonyi nicht zurück - ohne deshalb den Leser zu erschrecken. Wem die Formelsprache fern liegt, der mag das getrost übergehen, er wird trotzdem den Anschluß nicht verlieren. Autor und Verlag ist es zu danken, daß dieses Buch nun in einer aktualisierten Auflage vorliegt, die sowohl den naturwissenschaftlich-technisch interessierten Leser begeistert als auch den Bibliophilen, in dessen Sammlung es keinesfalls fehlen darf.
Architekturmodelle der Renaissance. Die Harmonie des Bauens von Alberti bis Michelangelo. Herausgegeben von Bernd Evers. Prestel-Verlag, 416 Seiten, 300 Abbildungen, 118 Mark.
Als im 14. Jahrhundert die künstlerisch wichtigsten Ideen der Zeit die schwierigsten technischen Bauaufgaben stellten, entwickelten die Architekten neue Methoden der Planung und Darstellung. Den Entwurfsskizzen und Konstruktionszeichnungen standen erstmals maßstäblich gebaute Modelle zur Seite. Viele von ihnen wurden nach Fertigstellung der Bauten zerstört, manche aber auch in Archivräumen und Abstellkammern erhalten. Sie verdeutlichen in den prächtigen Abbildungen dieses Buches - und bis zum 7. Januar in einer Ausstellung des Berliner Alten Museums - nicht nur die künstlerischen Ideen, sondern auch die bautechnischen Absichten ihrer Schöpfer. Modelltreue wie auch Ausmaße dieser Arbeiten lassen Modellbauern von heute das Wasser im Munde zusammenlaufen oder die Haare zu Berge stehen. Allein das Modell zu dem von Michelangelo abgelehnten Sangallo-Entwurf für den Petersdom mißt 7,36 6,02 4,68 Meter.
Alpine. Von Dominique Pascal. Herausgeber und Vertrieb Gérard Hemmer, Lorsbacher Straße 1, 65719 Hofheim, 415 Seiten, 530 Abbildungen, 175 Mark.
Das Abenteuer Alpine ist passé: Der französische Sportwagen, ursprünglich auf der Basis einer Mischung aus Renault 4CV und Dauphine entstanden, war das vielleicht rücksichtsloseste Gerät zum Fahren bei Rallyes, Sporteinsätzen und natürlich auch im zivilen Einsatz auf den Straßen des Alltags. Der Weg ins Büro wurde mit einer Alpine zur Sonderprüfung und führte zu den Anfängen der Beziehung zwischen menschlichem Organismus und Automobil zurück. Dieses überaus sorgfältig gemachte und kenntnisreich verfaßte Buch (nach zwölf Jahren wurde endlich die französische Fassung - in vorzüglicher Form - ins Deutsche übertragen) ist eine tiefe Dokumentation über das Leben der Alpine und der schönste Ausflug in die vergangene Welt der Alpine, eine Ära, die laut war und gefährlich und geprägt von einer im Rückblick fast absurden Hingabe an die Technik und Gemeinheit eines Autos, das in seiner bürgerlichen Version, zum Beispiel als Berlinette A 110-1600 S etwa 180 PS hatte. Das mag nicht übertrieben viel sein, aber man sollte dazu wissen, daß die Alpine jener Tage vielleicht ein bißchen mehr als 600 Kilogramm wog. Diese Leichtigkeit der Wucht des Fahrens wird in tollen Bildern vermittelt, begleitet von unzähligen Persönlichkeiten der Rallye-Szene, und natürlich spielt Jean Rédélé, Vater und Genius der Alpine-Wagen, die ihm angemessene Rolle. Das Buch ist jede Mark wert, die es kostet.
FrauenMotorradHandbuch. Von Susan Bobke und Shirley Seul. Verlag Frauenoffensive, München, 180 Seiten, 84 Abbildungen, 29,80 Mark.
"Daß Frauen nicht Auto fahren können, wissen wir mittlerweile. Deshalb fahren wir jetzt Motorrad." Schon am ersten Satz des Buchs merkt man, daß hier Frauen unter sich sind, und dabei sollte sie ein Mann eigentlich nicht stören. Trotzdem hat der Rezensent weitergelesen und fand den Namen des Verlags bestätigt: Das Werk ist ein am Motorrad aufgehängtes Stück Abrechnung mit den Männern, und da speziell unter den Bikern noch große Reste von Machismo blühen, geschieht es ihnen recht, wenn sie hier in erster Linie als Buhmänner herhalten müssen. Die beiden Autorinnen - eine Kraftfahrzeug-Meisterin und eine Schriftstellerin - klappern mit flotter Schreibe und bisweilen forciert lustig alle Aspekte des fraulichen Selberfahrens von Motorrädern ab - im vertraulichen Du gegenüber den Leserinnen, versteht sich - und sorgen im ausführlichen technischen Teil für so manche männliche Erheiterung. Aber gerade das zeigt ja, daß die Kerle das Buch trotzdem viel zu ernst nehmen. Wetten, daß keiner von ihnen alles wüßte, was drinsteht?
Im Zeichen der vier Ringe. 1945-1968. Von Hans-Rüdiger Etzold, Ewald Rother und Thomas Erdmann. Edition quattro im Delius Klasing Verlag, Bielefeld, 364 Seiten, 507 Abbildungen, 98 Mark.
Audi 1965-1975. Die entscheidenden Jahre. Von Christian Steiger. Heel Verlag, Königswinter, 136 Seiten, 300 Abbildungen, 39,90 Mark.
Zwei Bücher über Audis Nachkriegsgeschichte - im Umfang kaum vergleichbar und auch unterschiedliche Zeiträume betreffend - rücken die dramatischen Jahre der Marke wieder ins Licht, in denen sie die Wende vom maroden DKW-Erben zur Daimler-Benz- und Volkswagen-Tochtergesellschaft vollzog. "Im Zeichen der vier Ringe. 1945-1968" ist der zweite von mutmaßlich drei Bänden, die sozusagen das offizielle Geschichtswerk der Marke darstellen sollen. Das Autorenteam hat sich schon beim ersten Band bewährt. Auch hier hat es seine Arbeit wieder in minutiöser Ausführlichkeit gemacht. So schildert es den mühevollen Neuanfang in Ingolstadt und Düsseldorf nach der Zerschlagung der alten Auto Union in Sachsen. Das lange Kapitel "Verfehlte Modellpolitik" zeichnet den Weg in die Krise nach, die das Unternehmen schließlich die Selbständigkeit kostete, doch zugleich der Keim für den neuen Aufstieg war - bis zum heutigen Status als Edelmarke des Volkswagen-Konzerns mit dem Anspruch "Vorsprung durch Technik". Viele zum Teil noch nicht veröffentlichte Fotos dokumentieren zwei schwere, von Rückschlägen und neuen Hoffnungen bestimmte Jahrzehnte, der übersichtliche Seitenaufbau erleichtert die Lektüre. Von ganz anderer Art ist Steigers Audi-Buch. Der etwas wüste Umbruch sollte nicht vom Lesen abschrecken: Hier geht es vor allem um die Ära von Ludwig Kraus, der von Daimler-Benz entsandt worden war, um aus DKW Audi zu machen, die überkommene Zweitakt-Verkrampfung zu lösen und die Weichen für eine solide Zukunft zu stellen. Jener berühmte Mitteldruckmotor im ersten Nachkriegs-Audi, den Kraus schuf und dessen zunächst revolutionär erscheinende Technik bald wieder in den Mainstream einscherte, war das Symbol für den Neubeginn. Audi 100, 80 und 50 (der nachmalige VW Polo) markierten das endgültige Gelingen der Wiederbelebung. Der Autor schildert das flott und mit viel Insider-Wissen, bebilderte es hübsch - auch mit vielen langbeinigen Mädchen aus der Werbung - und erfreut die Freunde der alten neuen Audis mit einer ausführlichen Kaufberatung und vielen Modelldaten.
Als die Oldtimer flogen - Die Geschichte des Flugplatzes Johannisthal. Von Günter Schmitt. Aviatic Verlag, Oberhaching, 216 Seiten, 208 Abbildungen, 45 Mark.
Dies ist die verwestlichte, von sozialistischen Überzeichnungen befreite Ausgabe eines Buches, das bereits in der DDR zwei Auflagen erlebte. Günter Schmitt erzählt und dokumentiert die Geschichte des Flugplatzes Johannisthal im Berliner Südosten. Johannisthal: Das war nicht nur der erste deutsche Flugplatz, an dessen Rand sich Hunderttausende von Schaulustigen drängten, es war auch ein frühes Zentrum der Luftfahrttechnik, die alsbald die Welt verändern sollte. Viele Fotos, Skizzen und Tabellen zeigen die Entwicklung des Flugplatzes, der Unternehmen und Fliegerschulen, die Welt der Rekorde und Wettbewerbe. Günter Schmitt, als Luftfahrthistoriker auch im Westen bekannt und anerkannt, läßt die vielbewunderten Flieger noch einmal lebendig werden: Dorner, Engelhard, Hanuschke, Hirth, Pégoud, Thelen, Sablatnig und natürlich Melli Beese. Eine empfehlenswerte Lektüre - wiewohl das Kapitel "Revolutionäre Aktivitäten und Ereignisse der Novemberrevolution" die Wende nicht überlebt hat.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Technik-Bücher laden zum Blättern, Schmökern und Dazulernen ein / Noch eine Auswahl vor Weihnachten
Der Callwey-Preisführer Taschenuhren. Was ist meine Taschenuhr heute wert? Von Norbert Enders, Stefan Muser und Christian Pfeiffer-Belli. Callwey Verlag, München, 224 Seiten, 546 Abbildungen, 88 Mark.
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, ob nicht Opas goldene Taschenuhr womöglich heute recht wertvoll ist? Zumal sie vielleicht sogar mit einem noblen Namen signiert ist, den man immer wieder liest? Daß man sich darauf allein noch nicht verlassen kann, machen die Autoren, allesamt ausgewiesene Uhrenfachleute, bereits im Vorwort klar: In der Regel werde sich der Preis am Goldwert des Gehäuses orientieren. Der Erbe wie der Käufer eines solchen altmodischen Zeitmessers sollte vor allem Freude daran haben, denn - so werden viele Hoffnungen gedämpft - "ob die Taschenuhr unbedingt eine gute Geldanlage darstellt, darf bezweifelt werden". Daß dieser ideelle Wert durchaus auch Geld kosten kann, wird anhand ausgewählter Versteigerungsergebnisse des bekannten Auktionshauses Dr. H. Crott (Mitautor Muser ist dessen Inhaber) reichlich bebildert dokumentiert. Nur sollte man sich an diesen Werten aus den Jahren von 1978 bis 1994 gegenwärtig nicht allzu sehr orientieren, denn viele der beschriebenen Stücke sind im Kurs deutlich gefallen. Daß es bei ihnen vor allem auf den Erhaltungszustand ankommt, lernt der aufmerksame Leser bereits auf den ersten 15 Seiten. Ihm werden auch einige Tricks verraten, die vor kostspieligen Reinfällen bewahren. Alles in allem wieder eines von Callweys typischen Bilderbüchern, vielleicht mit etwas zu komprimierter Information.
Kulturgeschichte der Physik - Von den Anfängen bis 1990. Von Károly Simonyi. Verlag Harri Deutsch, Thun/Frankfurt am Main, 583 Seiten, 98 Mark.
Schwergewichtig wie das Thema kommt es daher, das Buch, dessen Inhaltsverzeichnis zwar exaktes Wissen ahnen läßt, aber hinter den trockenen Kapitelbezeichnungen wahre Schätze verbirgt. Wenn man kein anderes Werk über die Geschichte der Naturwissenschaften hat, dieses müßte her. Für den interessierten Leser, ob Laie oder Fachmann, ist es ein reichhaltiger Fundus, den zu erschließen unerwartetes Vergnügen bereitet. Thematisch verbindet es die Physik durchgängig mit ihren Anwendungen, es ist also auch eine Technikgeschichte, Physik des Alltags, und zwar von der Antike bis in unsere Zeit. Die eigentliche Stärke des Buches ist nicht nur des Autors Fähigkeit, einzuordnen und zu bewerten, komplizierte Sachverhalte verständlich darzustellen, ohne Lehrerhaftigkeit und natürlich sachrichtig, nein, es ist auch das Buch als Kunstwerk. In einer Zeit, in der multimediale Medien scheinbar ihre Trümpfe ausspielen, wird man beim intensiven wie auch flüchtigen Durchblättern des fast DIN A4 großen Werks feststellen, was man durch die konsequente Rückbesinnung auf die Schwarze Kunst des Druckerhandwerks heute noch an Interaktivität entfalten kann. Da finden sich nicht nur Auszüge aus Originalschriften aller Jahrhunderte in den Marginalien, sondern auch Grafiken, Fotos und Erläuterungen. Auch vor dem Einsatz von mathematischen Formeln schreckt Simonyi nicht zurück - ohne deshalb den Leser zu erschrecken. Wem die Formelsprache fern liegt, der mag das getrost übergehen, er wird trotzdem den Anschluß nicht verlieren. Autor und Verlag ist es zu danken, daß dieses Buch nun in einer aktualisierten Auflage vorliegt, die sowohl den naturwissenschaftlich-technisch interessierten Leser begeistert als auch den Bibliophilen, in dessen Sammlung es keinesfalls fehlen darf.
Architekturmodelle der Renaissance. Die Harmonie des Bauens von Alberti bis Michelangelo. Herausgegeben von Bernd Evers. Prestel-Verlag, 416 Seiten, 300 Abbildungen, 118 Mark.
Als im 14. Jahrhundert die künstlerisch wichtigsten Ideen der Zeit die schwierigsten technischen Bauaufgaben stellten, entwickelten die Architekten neue Methoden der Planung und Darstellung. Den Entwurfsskizzen und Konstruktionszeichnungen standen erstmals maßstäblich gebaute Modelle zur Seite. Viele von ihnen wurden nach Fertigstellung der Bauten zerstört, manche aber auch in Archivräumen und Abstellkammern erhalten. Sie verdeutlichen in den prächtigen Abbildungen dieses Buches - und bis zum 7. Januar in einer Ausstellung des Berliner Alten Museums - nicht nur die künstlerischen Ideen, sondern auch die bautechnischen Absichten ihrer Schöpfer. Modelltreue wie auch Ausmaße dieser Arbeiten lassen Modellbauern von heute das Wasser im Munde zusammenlaufen oder die Haare zu Berge stehen. Allein das Modell zu dem von Michelangelo abgelehnten Sangallo-Entwurf für den Petersdom mißt 7,36 6,02 4,68 Meter.
Alpine. Von Dominique Pascal. Herausgeber und Vertrieb Gérard Hemmer, Lorsbacher Straße 1, 65719 Hofheim, 415 Seiten, 530 Abbildungen, 175 Mark.
Das Abenteuer Alpine ist passé: Der französische Sportwagen, ursprünglich auf der Basis einer Mischung aus Renault 4CV und Dauphine entstanden, war das vielleicht rücksichtsloseste Gerät zum Fahren bei Rallyes, Sporteinsätzen und natürlich auch im zivilen Einsatz auf den Straßen des Alltags. Der Weg ins Büro wurde mit einer Alpine zur Sonderprüfung und führte zu den Anfängen der Beziehung zwischen menschlichem Organismus und Automobil zurück. Dieses überaus sorgfältig gemachte und kenntnisreich verfaßte Buch (nach zwölf Jahren wurde endlich die französische Fassung - in vorzüglicher Form - ins Deutsche übertragen) ist eine tiefe Dokumentation über das Leben der Alpine und der schönste Ausflug in die vergangene Welt der Alpine, eine Ära, die laut war und gefährlich und geprägt von einer im Rückblick fast absurden Hingabe an die Technik und Gemeinheit eines Autos, das in seiner bürgerlichen Version, zum Beispiel als Berlinette A 110-1600 S etwa 180 PS hatte. Das mag nicht übertrieben viel sein, aber man sollte dazu wissen, daß die Alpine jener Tage vielleicht ein bißchen mehr als 600 Kilogramm wog. Diese Leichtigkeit der Wucht des Fahrens wird in tollen Bildern vermittelt, begleitet von unzähligen Persönlichkeiten der Rallye-Szene, und natürlich spielt Jean Rédélé, Vater und Genius der Alpine-Wagen, die ihm angemessene Rolle. Das Buch ist jede Mark wert, die es kostet.
FrauenMotorradHandbuch. Von Susan Bobke und Shirley Seul. Verlag Frauenoffensive, München, 180 Seiten, 84 Abbildungen, 29,80 Mark.
"Daß Frauen nicht Auto fahren können, wissen wir mittlerweile. Deshalb fahren wir jetzt Motorrad." Schon am ersten Satz des Buchs merkt man, daß hier Frauen unter sich sind, und dabei sollte sie ein Mann eigentlich nicht stören. Trotzdem hat der Rezensent weitergelesen und fand den Namen des Verlags bestätigt: Das Werk ist ein am Motorrad aufgehängtes Stück Abrechnung mit den Männern, und da speziell unter den Bikern noch große Reste von Machismo blühen, geschieht es ihnen recht, wenn sie hier in erster Linie als Buhmänner herhalten müssen. Die beiden Autorinnen - eine Kraftfahrzeug-Meisterin und eine Schriftstellerin - klappern mit flotter Schreibe und bisweilen forciert lustig alle Aspekte des fraulichen Selberfahrens von Motorrädern ab - im vertraulichen Du gegenüber den Leserinnen, versteht sich - und sorgen im ausführlichen technischen Teil für so manche männliche Erheiterung. Aber gerade das zeigt ja, daß die Kerle das Buch trotzdem viel zu ernst nehmen. Wetten, daß keiner von ihnen alles wüßte, was drinsteht?
Im Zeichen der vier Ringe. 1945-1968. Von Hans-Rüdiger Etzold, Ewald Rother und Thomas Erdmann. Edition quattro im Delius Klasing Verlag, Bielefeld, 364 Seiten, 507 Abbildungen, 98 Mark.
Audi 1965-1975. Die entscheidenden Jahre. Von Christian Steiger. Heel Verlag, Königswinter, 136 Seiten, 300 Abbildungen, 39,90 Mark.
Zwei Bücher über Audis Nachkriegsgeschichte - im Umfang kaum vergleichbar und auch unterschiedliche Zeiträume betreffend - rücken die dramatischen Jahre der Marke wieder ins Licht, in denen sie die Wende vom maroden DKW-Erben zur Daimler-Benz- und Volkswagen-Tochtergesellschaft vollzog. "Im Zeichen der vier Ringe. 1945-1968" ist der zweite von mutmaßlich drei Bänden, die sozusagen das offizielle Geschichtswerk der Marke darstellen sollen. Das Autorenteam hat sich schon beim ersten Band bewährt. Auch hier hat es seine Arbeit wieder in minutiöser Ausführlichkeit gemacht. So schildert es den mühevollen Neuanfang in Ingolstadt und Düsseldorf nach der Zerschlagung der alten Auto Union in Sachsen. Das lange Kapitel "Verfehlte Modellpolitik" zeichnet den Weg in die Krise nach, die das Unternehmen schließlich die Selbständigkeit kostete, doch zugleich der Keim für den neuen Aufstieg war - bis zum heutigen Status als Edelmarke des Volkswagen-Konzerns mit dem Anspruch "Vorsprung durch Technik". Viele zum Teil noch nicht veröffentlichte Fotos dokumentieren zwei schwere, von Rückschlägen und neuen Hoffnungen bestimmte Jahrzehnte, der übersichtliche Seitenaufbau erleichtert die Lektüre. Von ganz anderer Art ist Steigers Audi-Buch. Der etwas wüste Umbruch sollte nicht vom Lesen abschrecken: Hier geht es vor allem um die Ära von Ludwig Kraus, der von Daimler-Benz entsandt worden war, um aus DKW Audi zu machen, die überkommene Zweitakt-Verkrampfung zu lösen und die Weichen für eine solide Zukunft zu stellen. Jener berühmte Mitteldruckmotor im ersten Nachkriegs-Audi, den Kraus schuf und dessen zunächst revolutionär erscheinende Technik bald wieder in den Mainstream einscherte, war das Symbol für den Neubeginn. Audi 100, 80 und 50 (der nachmalige VW Polo) markierten das endgültige Gelingen der Wiederbelebung. Der Autor schildert das flott und mit viel Insider-Wissen, bebilderte es hübsch - auch mit vielen langbeinigen Mädchen aus der Werbung - und erfreut die Freunde der alten neuen Audis mit einer ausführlichen Kaufberatung und vielen Modelldaten.
Als die Oldtimer flogen - Die Geschichte des Flugplatzes Johannisthal. Von Günter Schmitt. Aviatic Verlag, Oberhaching, 216 Seiten, 208 Abbildungen, 45 Mark.
Dies ist die verwestlichte, von sozialistischen Überzeichnungen befreite Ausgabe eines Buches, das bereits in der DDR zwei Auflagen erlebte. Günter Schmitt erzählt und dokumentiert die Geschichte des Flugplatzes Johannisthal im Berliner Südosten. Johannisthal: Das war nicht nur der erste deutsche Flugplatz, an dessen Rand sich Hunderttausende von Schaulustigen drängten, es war auch ein frühes Zentrum der Luftfahrttechnik, die alsbald die Welt verändern sollte. Viele Fotos, Skizzen und Tabellen zeigen die Entwicklung des Flugplatzes, der Unternehmen und Fliegerschulen, die Welt der Rekorde und Wettbewerbe. Günter Schmitt, als Luftfahrthistoriker auch im Westen bekannt und anerkannt, läßt die vielbewunderten Flieger noch einmal lebendig werden: Dorner, Engelhard, Hanuschke, Hirth, Pégoud, Thelen, Sablatnig und natürlich Melli Beese. Eine empfehlenswerte Lektüre - wiewohl das Kapitel "Revolutionäre Aktivitäten und Ereignisse der Novemberrevolution" die Wende nicht überlebt hat.
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