Daniel Defoe kennen wir so bisher nicht: als Mondreisenden. Der Consolidator, sein schon 1705 verfasster Roman, ist satirische Aufklärung in einem Europa des Absolutismus.
An der Epochenschwelle vom 17. zum 18. Jahrhundert, als das Empire auf dem Weg zur Weltmacht war, schrieb Daniel Defoe seinen Mondroman und erfüllte sich den Wunsch, endlich die lunare Welt zu bereisen und das außergewöhnliche Wissen der Mondbewohner zu erkunden.
Relaisstation für den Mondflug ist China. Die Mondzivilisation teilt ihre Technologie mit der ältesten Kultur auf der Erde. »Consolidator« heißt die Raumfähre, Defoe wird bequemerweise in Schlaf versetzt, am Ziel wacht er wieder auf. »Der Mann, der vom Mond kommt«, wird der Erdenbewohner auf dem Mond genannt.
Ein Reiseführer erklärt die lunare Welt, lauter Parallelen sind zu entdecken. Eine von vielen spektakulären Erfindungen ist ein »Devilscope«, mit dem man vom Mond aus die Erdendinge detailliert beobachten kann - mit der speziellen Eigenschaft, unsichtbare Phänomene sichtbar zu machen: Der klarsichtige Defoe hält vom Mond aus der Erde einen Spiegel vor.
Der Erzähler unternimmt mehrere Mondflüge, bei einem letzten lernt er auch den »Elevator« kennen, »mit dem die Sinne in alle Extreme, die man sich vorstellen kann, erhoben werden, und der intelligente Wesen in die Lage versetzt, mit ihresgleichen, egal ob sie einen Körper haben oder nicht, zu kommunizieren«.
An der Epochenschwelle vom 17. zum 18. Jahrhundert, als das Empire auf dem Weg zur Weltmacht war, schrieb Daniel Defoe seinen Mondroman und erfüllte sich den Wunsch, endlich die lunare Welt zu bereisen und das außergewöhnliche Wissen der Mondbewohner zu erkunden.
Relaisstation für den Mondflug ist China. Die Mondzivilisation teilt ihre Technologie mit der ältesten Kultur auf der Erde. »Consolidator« heißt die Raumfähre, Defoe wird bequemerweise in Schlaf versetzt, am Ziel wacht er wieder auf. »Der Mann, der vom Mond kommt«, wird der Erdenbewohner auf dem Mond genannt.
Ein Reiseführer erklärt die lunare Welt, lauter Parallelen sind zu entdecken. Eine von vielen spektakulären Erfindungen ist ein »Devilscope«, mit dem man vom Mond aus die Erdendinge detailliert beobachten kann - mit der speziellen Eigenschaft, unsichtbare Phänomene sichtbar zu machen: Der klarsichtige Defoe hält vom Mond aus der Erde einen Spiegel vor.
Der Erzähler unternimmt mehrere Mondflüge, bei einem letzten lernt er auch den »Elevator« kennen, »mit dem die Sinne in alle Extreme, die man sich vorstellen kann, erhoben werden, und der intelligente Wesen in die Lage versetzt, mit ihresgleichen, egal ob sie einen Körper haben oder nicht, zu kommunizieren«.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.01.2019Keine Gedanken, kein Irrsinn
Mondlandung mit Hilfe Chinas: Daniel Defoes "The Consolidator" erzählt vom Weltraum und zielt geradewegs auf die Heimat des britischen Autors.
Unter jenen Schriftstellern, deren Werk durch ein politisches Engagement begleitet wird, nimmt Daniel Defoe zweifelsfrei einen der ersten Ränge ein. Es gibt fast keine Rolle im Schauspiel der britischen Staatswirren, die der "Robinson Crusoe"-Autor nicht gespielt hat: Rebell gegen den letzten katholischen König James II., Günstling und Apologet des Thronfolgers William III., nach dessen Tod unter Queen Anne wiederum verfemt, in den Kerker gesteckt und an den Pranger gestellt, sodann Spion in Edinburgh bei der Vorbereitung der englisch-schottischen Union und schließlich journalistischer agent provocateur sowohl für die Whigs als auch für die Torys. Begleitet wird dieses Leben ungebrochen durch eine Faszination am Staatsleben, in das sich der Presbyterianer Defoe - in der Regel anonym - publizistisch einmischt: Begonnen bei seinem "Essay upon projects" (1697), gilt sein Interesse unter anderem dem Versicherungswesen, der Frauenbildung, dem Aktienmarkt, der Armutsbekämpfung, der britischen Außen- und Innenpolitik, insbesondere der Schlichtung der konfessionellen Konflikte - und natürlich dem Handel. Noch sein "Robinson Crusoe" (1719) atmet den Geist der politischen Ökonomie und avancierte dementsprechend - wie das Marx sehr richtig erkannt hat - zu einem der Gründungstexte des modernen Kapitalismus.
Wenn dieser Tage in der Anderen Bibliothek eine bislang übergangene Schrift Defoes mit dem Titel "Der Consolidator" erscheint, so wird uns die Welt, der sich dieses gewaltige OEuvre verdankt, einmal mehr detailliert vor Augen gestellt. Genau genommen muss der Roman - erstmals 1705 erschienen - als ein Versuch verstanden werden, die Entstehung des modernen Britanniens in einem Akt der Selbstbespiegelung noch einmal in den Blick zu bekommen. Hierzu greift Defoe auf die Textsorte der Mondfantasie zurück, die ein knappes Jahrhundert vor ihm Kepler mit seinem "Somnium" begründet und die in der englischen Literatur des siebzehnten Jahrhunderts ihre Vertreter in den anglikanischen Bischöfen John Wilkins und Francis Godwin gefunden hatte.
Indessen handelt es sich bei Defoes "Erinnerungen an allerlei Vorgänge aus der Welt des Mondes" - so der Untertitel - weder um ein Projekt der spekulativen Astronomie noch um eine kosmische Großerzählung, wie sie Cyrano de Bergeracs "L'Autre Monde" angerissen hatte. Defoes Satire kennt die Genretradition zwar bestens und spielt auch mit ihr. Mit ihren Vorgängertexten verbindet sie gleichwohl vor allem eines: der Reiz des außerirdischen Mediums, dessen Bedeutung für das Projekt der europäischen Aufklärung vielleicht nirgends so präzise erfasst wurde.
Verstehen lässt sich dieses Buch daher wohl am ehesten, wenn man fragt, was so ein "Consolidator" eigentlich sein soll. Zum Ersten bezeichnet der Ausdruck einen Flugapparat, mit dessen Hilfe sich die Reise von der Erde zum Mond und zurück bewältigen lässt. Erbaut hat die Maschine der auf dem Mond geborene, aber in China sesshaft gewordene Gelehrte Mira Cho Cho - der dem chinesischen Volk damit zugleich einen Schlüssel zur wissenschaftlichen, kulturellen wie politischen Vervollkommnung an die Hand gegeben hat. Wie jedes Medium beinhaltet auch der "Consolidator" nämlich wieder nur andere Medien, von denen der Erzähler zu berichten weiß. Auf dem Mond angekommen, macht er Bekanntschaft mit dem größten lunarischen Philosophen, der ihn sogleich mit den technologischen Standards von dessen Welt vertraut macht. Hierzu gehören unter anderem "Gläser", durch die man noch das Fernste, ja, sogar das Unsichtbare in den Blick bekommt, ferner der sogenannte "Cogitator" beziehungsweise "Denkstuhl", der alle störenden Gedankengänge abschaltet und hierdurch "alle Arten von Irrsinn" verhindert, und eine weitere Maschine, der "Elevator", der die Sinne so zu verfeinern und die Vorstellungskraft derart aufzureizen vermag, dass sie die "Vorahnung von nahendem Bösen oder Guten" zum Vorschein bringen.
Produziert wird mittels dieser fantastischen Gerätschaften aber Regierungswissen: Der Elevator erkennt frühzeitig die Bedrohungen der politischen Ordnung im Äußeren und Inneren, der Cogitator "hält Abgeordnete davon ab, lange Reden zu halten, und verhindert Rebellionen, Aufstände, Zusammenstöße zwischen Ober- und Unterhaus". Die Gläser ermöglichen es den Lunariern hingegen, Abstrakta wie die Staatspolitik, das öffentliche Vertrauen oder auch den Kriegszustand zwischen den Nationen zu kartographieren und hierdurch ihrer Herr zu werden.
Nicht Utopie, sondern politische Perfektibilität kommt durch den "Consolidator" somit in die Welt - und damit ist man bereits bei seiner zweiten Bedeutung angelangt. Die Stabilität des Fluggeräts wird nämlich allein gewährleistet durch die sorgfältige Auswahl von 512 Federn und einer Steuerfeder - das entspricht exakt der Anzahl der Sitze des irdischen House of Commons. In die Lüfte erhoben werden soll somit der englische Parlamentarismus, dem es, wie Defoes Roman deutlich macht, just an jenen Vorzügen der Voraussicht und der gedanklichen Stringenz gebricht. Doch selbst dort, wo die Technik zur Hand wäre, auf dem Mond also, entzieht sich die gesellschaftliche Wirklichkeit ihrem Zugriff. Menschenfeindlichkeit und Streitsucht kennzeichnen die jüngere Mondgeschichte, deren Verlauf hier minutiös nacherzählt wird - und die sich natürlich als eine Allegorie der britischen Geschichte erweist. Das Chaos der zwischen den Parteien, Konfessionen und Nationen stets wechselnden und immer wieder mit sich selbst in Widerspruch geratenden Machtstrategien, die Despotie der Herrscherhäuser, die Hypokrisie der anglikanischen Kirche, ja, selbst Defoes eigene Inhaftierung im Jahre 1703 passieren hier noch einmal das durch die lunare Medientechnik geschärfte Auge des Lesers. In der Übersetzung von Rolf Schönlau wird diesen Schilderungen eine ganz eigene, würdevolle Lebendigkeit zuteil - ein Verdienst, das nicht zu überschätzen ist: erfordert die genaue, entschlüsselnde Lektüre in diesem Fall doch auch ein gerüttelt Maß an Geduld und vor allem den Willen, den umfangreichen Anmerkungsteil mitzustudieren (für den Schönlau ebenfalls verantwortlich zeichnet).
Zum Dritten ist Defoes "Consolidator" eben selbst eine Allegorie, eine zum Buch verschobene Mondmaschine. Wer sich den Text vornimmt, der befindet sich schon auf der Reise, erwirbt geheimes Wissen und sieht mit anderen Augengläsern in Vergangenheit und Zukunft. Wie Keplers, Godwins und Cyranos Weltraumexpeditionen ist auch Defoes Mondfahrt keineswegs nur Spielerei: Sie lebt vom Gedanken einer kosmischen Teilhabe des Menschen, zu der uns die poetische Einbildungskraft vordringen lässt, die aber auch irgendwann einmal politisch produktiv gemacht werden kann. Das deutsche achtzehnte Jahrhundert wird mit der Trope vom "Mondbürger", die etwa Wielands "Geschichte des Agathon" regiert, genau dieser Hoffnung Ausdruck verleihen.
PHILIPP THEISOHN
Daniel Defoe: "Der Consolidator oder Erinnerungen an allerlei Vorgänge aus der Welt des Mondes".
Übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort von Rolf Schönlau. Die Andere Bibliothek, Berlin 2018. 300 S., geb., 42,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mondlandung mit Hilfe Chinas: Daniel Defoes "The Consolidator" erzählt vom Weltraum und zielt geradewegs auf die Heimat des britischen Autors.
Unter jenen Schriftstellern, deren Werk durch ein politisches Engagement begleitet wird, nimmt Daniel Defoe zweifelsfrei einen der ersten Ränge ein. Es gibt fast keine Rolle im Schauspiel der britischen Staatswirren, die der "Robinson Crusoe"-Autor nicht gespielt hat: Rebell gegen den letzten katholischen König James II., Günstling und Apologet des Thronfolgers William III., nach dessen Tod unter Queen Anne wiederum verfemt, in den Kerker gesteckt und an den Pranger gestellt, sodann Spion in Edinburgh bei der Vorbereitung der englisch-schottischen Union und schließlich journalistischer agent provocateur sowohl für die Whigs als auch für die Torys. Begleitet wird dieses Leben ungebrochen durch eine Faszination am Staatsleben, in das sich der Presbyterianer Defoe - in der Regel anonym - publizistisch einmischt: Begonnen bei seinem "Essay upon projects" (1697), gilt sein Interesse unter anderem dem Versicherungswesen, der Frauenbildung, dem Aktienmarkt, der Armutsbekämpfung, der britischen Außen- und Innenpolitik, insbesondere der Schlichtung der konfessionellen Konflikte - und natürlich dem Handel. Noch sein "Robinson Crusoe" (1719) atmet den Geist der politischen Ökonomie und avancierte dementsprechend - wie das Marx sehr richtig erkannt hat - zu einem der Gründungstexte des modernen Kapitalismus.
Wenn dieser Tage in der Anderen Bibliothek eine bislang übergangene Schrift Defoes mit dem Titel "Der Consolidator" erscheint, so wird uns die Welt, der sich dieses gewaltige OEuvre verdankt, einmal mehr detailliert vor Augen gestellt. Genau genommen muss der Roman - erstmals 1705 erschienen - als ein Versuch verstanden werden, die Entstehung des modernen Britanniens in einem Akt der Selbstbespiegelung noch einmal in den Blick zu bekommen. Hierzu greift Defoe auf die Textsorte der Mondfantasie zurück, die ein knappes Jahrhundert vor ihm Kepler mit seinem "Somnium" begründet und die in der englischen Literatur des siebzehnten Jahrhunderts ihre Vertreter in den anglikanischen Bischöfen John Wilkins und Francis Godwin gefunden hatte.
Indessen handelt es sich bei Defoes "Erinnerungen an allerlei Vorgänge aus der Welt des Mondes" - so der Untertitel - weder um ein Projekt der spekulativen Astronomie noch um eine kosmische Großerzählung, wie sie Cyrano de Bergeracs "L'Autre Monde" angerissen hatte. Defoes Satire kennt die Genretradition zwar bestens und spielt auch mit ihr. Mit ihren Vorgängertexten verbindet sie gleichwohl vor allem eines: der Reiz des außerirdischen Mediums, dessen Bedeutung für das Projekt der europäischen Aufklärung vielleicht nirgends so präzise erfasst wurde.
Verstehen lässt sich dieses Buch daher wohl am ehesten, wenn man fragt, was so ein "Consolidator" eigentlich sein soll. Zum Ersten bezeichnet der Ausdruck einen Flugapparat, mit dessen Hilfe sich die Reise von der Erde zum Mond und zurück bewältigen lässt. Erbaut hat die Maschine der auf dem Mond geborene, aber in China sesshaft gewordene Gelehrte Mira Cho Cho - der dem chinesischen Volk damit zugleich einen Schlüssel zur wissenschaftlichen, kulturellen wie politischen Vervollkommnung an die Hand gegeben hat. Wie jedes Medium beinhaltet auch der "Consolidator" nämlich wieder nur andere Medien, von denen der Erzähler zu berichten weiß. Auf dem Mond angekommen, macht er Bekanntschaft mit dem größten lunarischen Philosophen, der ihn sogleich mit den technologischen Standards von dessen Welt vertraut macht. Hierzu gehören unter anderem "Gläser", durch die man noch das Fernste, ja, sogar das Unsichtbare in den Blick bekommt, ferner der sogenannte "Cogitator" beziehungsweise "Denkstuhl", der alle störenden Gedankengänge abschaltet und hierdurch "alle Arten von Irrsinn" verhindert, und eine weitere Maschine, der "Elevator", der die Sinne so zu verfeinern und die Vorstellungskraft derart aufzureizen vermag, dass sie die "Vorahnung von nahendem Bösen oder Guten" zum Vorschein bringen.
Produziert wird mittels dieser fantastischen Gerätschaften aber Regierungswissen: Der Elevator erkennt frühzeitig die Bedrohungen der politischen Ordnung im Äußeren und Inneren, der Cogitator "hält Abgeordnete davon ab, lange Reden zu halten, und verhindert Rebellionen, Aufstände, Zusammenstöße zwischen Ober- und Unterhaus". Die Gläser ermöglichen es den Lunariern hingegen, Abstrakta wie die Staatspolitik, das öffentliche Vertrauen oder auch den Kriegszustand zwischen den Nationen zu kartographieren und hierdurch ihrer Herr zu werden.
Nicht Utopie, sondern politische Perfektibilität kommt durch den "Consolidator" somit in die Welt - und damit ist man bereits bei seiner zweiten Bedeutung angelangt. Die Stabilität des Fluggeräts wird nämlich allein gewährleistet durch die sorgfältige Auswahl von 512 Federn und einer Steuerfeder - das entspricht exakt der Anzahl der Sitze des irdischen House of Commons. In die Lüfte erhoben werden soll somit der englische Parlamentarismus, dem es, wie Defoes Roman deutlich macht, just an jenen Vorzügen der Voraussicht und der gedanklichen Stringenz gebricht. Doch selbst dort, wo die Technik zur Hand wäre, auf dem Mond also, entzieht sich die gesellschaftliche Wirklichkeit ihrem Zugriff. Menschenfeindlichkeit und Streitsucht kennzeichnen die jüngere Mondgeschichte, deren Verlauf hier minutiös nacherzählt wird - und die sich natürlich als eine Allegorie der britischen Geschichte erweist. Das Chaos der zwischen den Parteien, Konfessionen und Nationen stets wechselnden und immer wieder mit sich selbst in Widerspruch geratenden Machtstrategien, die Despotie der Herrscherhäuser, die Hypokrisie der anglikanischen Kirche, ja, selbst Defoes eigene Inhaftierung im Jahre 1703 passieren hier noch einmal das durch die lunare Medientechnik geschärfte Auge des Lesers. In der Übersetzung von Rolf Schönlau wird diesen Schilderungen eine ganz eigene, würdevolle Lebendigkeit zuteil - ein Verdienst, das nicht zu überschätzen ist: erfordert die genaue, entschlüsselnde Lektüre in diesem Fall doch auch ein gerüttelt Maß an Geduld und vor allem den Willen, den umfangreichen Anmerkungsteil mitzustudieren (für den Schönlau ebenfalls verantwortlich zeichnet).
Zum Dritten ist Defoes "Consolidator" eben selbst eine Allegorie, eine zum Buch verschobene Mondmaschine. Wer sich den Text vornimmt, der befindet sich schon auf der Reise, erwirbt geheimes Wissen und sieht mit anderen Augengläsern in Vergangenheit und Zukunft. Wie Keplers, Godwins und Cyranos Weltraumexpeditionen ist auch Defoes Mondfahrt keineswegs nur Spielerei: Sie lebt vom Gedanken einer kosmischen Teilhabe des Menschen, zu der uns die poetische Einbildungskraft vordringen lässt, die aber auch irgendwann einmal politisch produktiv gemacht werden kann. Das deutsche achtzehnte Jahrhundert wird mit der Trope vom "Mondbürger", die etwa Wielands "Geschichte des Agathon" regiert, genau dieser Hoffnung Ausdruck verleihen.
PHILIPP THEISOHN
Daniel Defoe: "Der Consolidator oder Erinnerungen an allerlei Vorgänge aus der Welt des Mondes".
Übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort von Rolf Schönlau. Die Andere Bibliothek, Berlin 2018. 300 S., geb., 42,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Defoes Satire kennt die Genretradition zwar bestens und spielt auch mit ihr. Mit ihren Vorgängertexten verbindet sie gleichwohl vor allem eines: der Reiz des außerirdischen Mediums, dessen Bedeutung für das Projekt der europäischen Aufklärung vielleicht nirgends so präzise erfasst wurde." Philipp Theisohn Frankfurter Allgemeine Zeitung 20190110