Erstmals in der Fichte-Forschung legt Traub den Einfluss pietistischen Gedankenguts auf Fichtes Philosophie und dessen akademisches und politisches Selbstverständnis dar. Belege dafür sind etwa Fichtes Befürworten einer Personalisierung und Popularisierung des Glaubenswissens, die Innerlichkeitskultur moraltheologischer und rationaler Selbstprüfung oder der Primat der »praxis pietatis«. Im Zentrum steht die Analyse der kaum beachteten konfessionellen Aspekte von Fichtes Bildungsbiographie: in Herkunftsmilieu, Schule und Universität. Besonders mit Fichtes frühen Arbeiten zur Dogmatik und Christologie weist Traub nach, dass Fichte weit vor seiner Kant-Lektüre über eine konfessionell geprägte theologisch-philosophische Orientierung verfügte, die jedes angemessene Verständnis seiner späteren Philosophie berücksichtigen muss.
»Die Studie verfolgt primär das Ziel, eine lange vernachlässigte Gruppe von Faktoren in Fichtes Werde- und Bildungsgeschichte in ihrer Bedeutung hervorzuheben und zu würdigen. Zugleich jedoch will Traub zeigen, dass sich auf diese Weise neue Akzente für ein Gesamtbild von Fichtes Denken bis in sein Spätwerk hinein ergeben. So unterbricht der profunde Kenner von Fichtes Gesamtwerk, der sich auch souverän-kritisch in der Forschungslandschaft bewegt, den Erzählfluss seiner Darstellung immer wieder durch Vorgriffe auf spätere Entwicklungsstadien von Fichtes Denken. Die Lektüre von Traubs Buch wird dadurch zu einer außergewöhnlich abwechslungsreichen Reise, die, der Jugendgeschichte des Protagonisten folgend, immer neue Schauplätze, Akteure und Ereignisse der Frömmigkeits- und Bildungsgeschichte erschließt, aber auch in die Höhenregionen idealistischer Geist- und Geschichtsphilosophie führt.« Martin Ohst, Jahrbuch für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlands