Examensarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - 1848, Kaiserreich, Imperialismus, Note: 1,2, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Historisches Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: Ob sie die öffentliche Meinung nun widerspiegelt oder selbst formt, unumstritten ist, dass die Presse bis heute ein akkurates Abbild der Stimmung einer Gesellschaft liefert. Dies gilt umso mehr für das 19. Jahrhundert, in dem die Zeitung noch das einzige Massenmedium war. Jeder, der sich über alltägliches Geschehen jenseits seines unmittelbaren Bekanntenkreises informieren wollte, musste zur Zeitung greifen. Zeitungsarchive versetzen uns deshalb in die Lage, die Entwicklung politischer Klimata mit hoher zeitlicher Auflösung nachzuzeichnen, was in dieser Arbeit anhand der Berichterstattung zum Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 in der britischen Presse geschehen soll. Das Hauptziel wird es dabei sein, die Wahrnehmung der bedeutendsten Kriegsereignisse in der britischen Öffentlichkeit zu untersuchen, insbesondere bezüglich einer möglichen Bedrohung des europäischen Mächtegleichgewichts.
Obwohl der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 ein relativ isolierter Konflikt zwischen zwei Großmächten war, hatte er nachhaltige Auswirkungen nicht nur für die deutschen Siegerstaaten, die als geeintes Deutschland aus dem Konflikt hervorgingen, und für den Verlierer Frankreich, der als Reaktion auf die Verluste einen nachhaltigen Revanchismus entwickelte, sondern darüber hinaus auf das europäische Mächtesystem als Ganzes. Das Gleichgewicht der Mächte hatte ab seiner Formulierung als europapolitisches Grundprinzip im Wiener Vertrag von 1815 ein relativ friedliche Phase gewährleistet, die bis zum Krimkrieg von 1853-1856 währte, in dem neue, jedoch abermals relativ stabile Machtverhältnisse entstanden. Im Verlauf des Deutsch-Französischen Krieges, spätestens jedoch mit dem Friedensschluss, wurde das Prinzip des Gleichgewichts der Mächte jedoch weitgehend ausgehebelt. Die deutsche Einigung einerseits und andererseits die Demütigung Frankreichs, beispiellos in der französischen Geschichte bis dato, veränderten nicht nur die Machtrelationen, sondern schufen auch eine tiefe Feindschaft zwischen zwei europäischen Großmächten, die homöostatische Beziehungsgefüge in Europa nicht mehr zuließ, sondern das politische System erstarren ließ. Somit war mit dem Friedensschluss 1871 nicht nur ein erneuter Konflikt zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich mehr als wahrscheinlich, sondern es war auch abzusehen, dass die Lokalisation des Krieges das nächste Mal deutlich schwieriger werden könnte.
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Obwohl der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 ein relativ isolierter Konflikt zwischen zwei Großmächten war, hatte er nachhaltige Auswirkungen nicht nur für die deutschen Siegerstaaten, die als geeintes Deutschland aus dem Konflikt hervorgingen, und für den Verlierer Frankreich, der als Reaktion auf die Verluste einen nachhaltigen Revanchismus entwickelte, sondern darüber hinaus auf das europäische Mächtesystem als Ganzes. Das Gleichgewicht der Mächte hatte ab seiner Formulierung als europapolitisches Grundprinzip im Wiener Vertrag von 1815 ein relativ friedliche Phase gewährleistet, die bis zum Krimkrieg von 1853-1856 währte, in dem neue, jedoch abermals relativ stabile Machtverhältnisse entstanden. Im Verlauf des Deutsch-Französischen Krieges, spätestens jedoch mit dem Friedensschluss, wurde das Prinzip des Gleichgewichts der Mächte jedoch weitgehend ausgehebelt. Die deutsche Einigung einerseits und andererseits die Demütigung Frankreichs, beispiellos in der französischen Geschichte bis dato, veränderten nicht nur die Machtrelationen, sondern schufen auch eine tiefe Feindschaft zwischen zwei europäischen Großmächten, die homöostatische Beziehungsgefüge in Europa nicht mehr zuließ, sondern das politische System erstarren ließ. Somit war mit dem Friedensschluss 1871 nicht nur ein erneuter Konflikt zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich mehr als wahrscheinlich, sondern es war auch abzusehen, dass die Lokalisation des Krieges das nächste Mal deutlich schwieriger werden könnte.
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