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Seit in der Umgebung ein Drache gesehen worden ist, leben die Einwohner des kleinen Dorfes in Angst und Schrecken. Nur der Sohn des Schäfers, der seine Nase in jeder freien Minute in Bücher steckt und sich in Naturgeschichte und Märchen auskennt, weiß es besser.

Produktbeschreibung
Seit in der Umgebung ein Drache gesehen worden ist, leben die Einwohner des kleinen Dorfes in Angst und Schrecken. Nur der Sohn des Schäfers, der seine Nase in jeder freien Minute in Bücher steckt und sich in Naturgeschichte und Märchen auskennt, weiß es besser.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.1997

Heiliger Georg, muß das sein?
Kenneth Grahames friedliche Drachenjagd

Der heilige Georg hat die Nase voll. Vom Drachentöten nämlich. Und dank der umsichtigen Mithilfe des kleinen Jungen, der sich in der Naturgeschichte der Büchertiere auskennt wie ein Alter, gelingt ihm eine sehr überzeugende Drachen-Umerziehung. Im übrigen hatten die Dorfbewohner auch keinen richtigen Grund, sich vor dem phlegmatischen und Sonette schreibenden Drachen zu fürchten; sie meinten es nur, gutmütige Lügenbolde, die sie sind. Und so wäre es aus einem Mißverständnis heraus beinahe zu einer ganz und gar überflüssigen Drachenhatz gekommen. Aber, wie gesagt: Der Junge und der heilige Georg, ein präraffaelitischer Prinz Eisenherz, können das verhindern. Auch der Drache selbst spielt dabei mit.

Geschichten, die unsere festgefügten Klischees vom Gemütlichen und Ungemütlichen auflockern, haben einen besonderen Reiz. Jedenfalls wenn sie gut erzählt sind, also zum Beispiel ohne die Absicht, uns, die Welt oder die Natur zu verbessern. Das ist aber gar nicht so einfach. Wem fielen nicht auf Anhieb ein halbes Dutzend Geschichten von Stieren ein, die lieber kuscheln, oder von Rittern, die lieber stricken wollen, und die damit listig und mit zuweilen etwas artifiziellem Charme auch irgendwie durchkommen.

Diese Geschichte nun ist älter als die meisten dieser Art. Ihr Autor gehört zu den klassischen britischen Kinderbuchautoren um die Jahrhundertwende. Sein "Wind in den Weiden" hat bereits mehrere Kinder-Generationen auf der Insel beglückt, und auch von diesem Buch geht stellenweise ein eigenartiger Zauber aus. Das liegt vor allem an der lieblichen Ironie des Autors. Er gibt all den Personen in der Geschichte und dem Drachen natürlich auch auf plausible Weise recht. Das Ergebnis ist aber keineswegs eine heile Welt. Vielmehr eine, in der alle und jeder eine Menge Phantasie aufbringen müssen, um mit der Last der Umstände und der Dummheit des Konventionellen zu Rande zu kommen. Ein postviktorianisches Kinderbuch also mit einem Hauch von Fin-de-siècle-Stimmung.

Die Illustrationen von Ernest H. Shepard stammen aus den dreißiger Jahren und sind schlichtweg entzückend: der lesende Knabe, der heilige Georg mit einem Rinder-Trinkhorn, das dörfliche Volk in seiner mittelalterlichen Kleidung. Und immer wieder und vor allem der Drache, mal faul auf der Seite, mal behaglich über Stilfragen argumentierend, mal urtümliche Wildheit simulierend. Zwar irritiert ein bißchen, daß er auf der Titelseite grün schimmert, während im Text von den leuchtendblauen Schuppen auf seinem Rücken die Rede ist. Manche zeitgenössische Konvention, etwa die bei ordentlichem "gesellschaftlichen Verkehr" seinerzeit zu beachtenden Regeln, sind heute weitgehend unverständlich. Auch stutzt man manchmal über den einen oder anderen Ausdruck in der Übersetzung, etwa wenn der Drache zu dem Jungen sagt: "Du bist doch so ein Manager." Aber solche Verfremdungen zählen zuletzt nicht viel vor jenem ganz und gar anbiederungsfreien Augenzwinkern, das Kenneth Grahames Markenzeichen ist. WILFRIED VON BREDOW

Kenneth Grahame: "Der Drache, der nicht kämpfen wollte". Bilder von Ernest H. Shepard. Aus dem Engl. von Barbara Rojahn-Deyk. Gerstenberg, Hildesheim 1997. 64 S., geb., 16,80 DM. Ab 8 J.

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