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Produktdetails
  • Verlag: Mosaik
  • Seitenzahl: 264
  • Abmessung: 315mm
  • Gewicht: 1752g
  • ISBN-13: 9783576113275
  • ISBN-10: 3576113274
  • Artikelnr.: 27390673
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Erwin Seitz lobt Ducasse und sein Kochbuch, das in Zusammenarbeit mit der "Gastrosophin" Linda Dannenberg entstand, in höchsten Tönen. Schon die Aufmachung findet er fantastisch: stimmungsvolle, natürlich wirkende Bilder, ein ruhiges Erscheinungsbild des Textes ohne typografische Sperenzchen. Dazu werden bei jedem Rezept die zu Grunde liegenden kompositorischen Überlegungen erläutert, scheinbar aber unserem Rezensenten nicht durchgängig ausführlich genug. Aus den Nahrungsmitteln "den wahren Geschmack" hervorzulocken, wird das Programm von Ducasses "ungekünstelter Kochkunst" zitiert und später ein "Salat aus geschmorten und rohen Artischocken mit Pasta und knusprigen Parmesanblättern" so leidenschaftlich geschildert, das der Leser der Kritik fast den Eindruck hat, selbst von diesem Salat gekostet zu haben.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2000

Artischocken sind keine Blumen
Schlicht darf es sein: Alain Ducasse, ein Meister seines Fachs

So oder so wird Alain Ducasse in die Geschichte der Kochkunst eingehen. Er war mit dreiunddreißig Jahren der jüngste Küchenchef, der jemals mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde - und er nötigte den konservativen Restaurantführer bald zu noch größerem Mut. Bislang war es ein ungeschriebenes Gesetz, daß der Meister selbst hinter dem Herd stehen muß, wenn er die höchsten gastronomischen Würden erlangen will; Ducasse aber entwickelte sich zum blendenden Organisator, um von 1998 an sowohl für sein Restaurant "Le Louis XV" in Monte Carlo als auch für das "Alain Ducasse" in Paris drei Sterne zu bekommen, und er erhielt noch je einen für zwei weitere Lokale. Von seinem neuen Kochbuch "Der Ducasse", das in Zusammenarbeit mit der Journalistin Linda Dannenberg entstanden ist, erwartet man allemal Wegweisendes.

Auch bei der Erstellung dieses Werkes nutzte er sein Talent, gute Mitarbeiter um sich zu scharen. Er ließ sich nicht nur von der Gastrosophin Dannenberg inspirieren, sondern gewährte auch dem Fotografen Pierre Hussenot und der Foodstylistin Tonya Peyrot freie Hand, die das Buch mit stimmungsvollen, natürlich wirkenden Bildern ausgestaltet haben. Der Verlag widerstand der Mode, den Satzspiegel zu sprengen. So entspricht das ruhige Erscheinungsbild des Textes den Fotografien und nicht zuletzt der Einstellung von Ducasse. Während viele jüngere Kochbücher den Eindruck hinterlassen, als solle das Kunterbunt der medialen Welt noch überboten werden, unterstreicht hier die seriöse Aufmachung das Vorhaben des Meisters, eine ungekünstelte Kochkunst zu bieten.

Ducasse weist darauf hin, daß er von Bauern abstammt, und wirklich wird bei ihm das Gebot, die Gaben der Natur zu achten, nicht zum bloßen Lippenbekenntnis. Ihm ist bewußt, daß die Köche über kurz oder lang in der Luft hängen, wenn nicht die letzten Landwirte, die noch gute Waren liefern, "als Meister ihres Faches" verehrt werden. So steht am Beginn aller Küchenkunst die Suche nach lohnenswerten Zutaten - verbunden mit dem Forscherdrang, das einzelne Stück so gut wie möglich zur Geltung zu bringen. Wie sein legendärerer, frühverstorbener Lehrmeister Alain Chapel will Ducasse den "wahren Geschmack" der Nahrungsmittel hervorlocken und sie in ihrer "schlichten Schönheit" servieren.

Chapel hatte seinem eigenen Kochbuch von 1980 den programmatischen Titel "Die Küche ist viel mehr als nur Rezepte" gegeben und leitete es mit einem Essay über die Kochkunst ein, unterstützt von seinem Freund Jean-François Abert. Ducasse und Dannenberg übernehmen in ihrer Zusammenarbeit wenigsten im Ansatz diese Haltung. Es wird nicht nur eingangs auf einigen Seiten die "kulinarische Philosophie" des Meisterkochs vorgestellt, sondern es werden auch bei fast jedem Rezept kurz die kompositorischen Überlegungen erklärt. Diesen Auskünften über Eigenheit und Kombinationsmöglichkeit der Waren könnte man freilich noch mehr Platz einräumen. Denn solche Mitteilungen sind für den Amateurkoch nützlicher als mehr als hundert größtenteils komplexe Rezepte.

Während deutsche Drei-Sterne-Köche wie Dieter Müller (F.A.Z. vom 31. Oktober) und Harald Wohlfahrt (F.A.Z. vom 21. August 1999) jüngst Kochbücher publiziert haben, in denen es von Angaben für Kaviar, Gänsestopfleber und Trüffeln wimmelt, geht Ducasse mit diesen exklusiven Zutaten zurückhaltend um, spart überhaupt mit Gewürzen und Aromaten, Butter und Sahne. Er vertraut dagegen mehr dem Eigenaroma von Salat, Gemüse, Obst, Fisch und Fleisch. Die bekömmlichen Gartenpflanzen sind bei ihm nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern werden zu wichtigen geschmacklichen Bestandteilen einer Speise oder zu eigenständigen Gerichten. Während Müller und Wohlfahrt die Gemüse häufig genau zuschneiden und penibel auf dem Teller verteilen, zuweilen auch noch Fisch und Fleisch damit "verzieren", werden bei Ducasse die Beilagen in der Regel nur grob geschnitten und auf dem Teller ungezwungen in- und übereinandergeschichtet.

Ein verhältnismäßig schlichtes Gericht wie der "Salat aus geschmorten und rohen Artischocken mit Pasta und knusprigen Parmesanblättern" zeigt bereits die Handschrift des Meisters. Typisch ist, daß eine bestimmte Zutat, wie in diesem Fall die Artischocke, verschieden zubereitet wird, um durch die Variation des Grundgeschmacks beim Esser eine höhere Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ein Teil der kleinen lila Artischocken bleibt roh und wird lediglich hauchdünn in Scheiben geschnitten und mit Olivenöl, Zitrone, Meersalz und Pfeffer aus der Mühle mariniert; der andere Teil wird geviertelt, im eigenen Saft geschmort und schließlich unter Zugabe von Hühnerbrühe fertig gegart. Auf dem Teller werden dann zunächst Rucola, der nach Rettich und Nüssen schmeckt, und die Hälfte der rohen Artischockenscheiben in- und übereinandergeschichtet, mit fruchtigem Olivenöl beträufelt und gepfeffert. Es folgen die glatten, kühlen Pastastückchen, die die untere knackige und würzige Schicht etwas abmildern. Dann kommen die gegarten und wiederum einige rohe Artischocken und am Schluß die knusprigen Parmesanblätter mit ihrer nussigen Note. Kein Geschmack übertönt den anderen, vielmehr intensivieren die Aromen einander gegenseitig.

Ducasse ist Rousseauist und bleibt doch auch ein Kind der modernen Zivilisation, indem er neue Zubereitungstechniken und Organisationsformen nutzt. Vielleicht ist in diesem Typus des zivilisierten Rousseauisten ein neuer Menschenschlag zu erkennen, der mit den Naturgütern schonend umgeht, ohne die Lust am Neuen zu verleugnen.

ERWIN SEITZ

Alain Ducasse, Linda Dannenberg: "Der Ducasse". Die besten Rezepte vom Meisterkoch der französischen Küche. Mosaik Verlag, München 2000. 264 S., 124 Farbfotos, geb., 98,- DM.

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