Was wir im 1. Samuelbuch lesen, ist kein historischer Bericht. Noch streiten die Gelehrten, was daran Legende, was späterer Nachtrag, was tendenzielle Überarbeitung ist und wo sich geschichtliche Tatsachen herausschälen lassen. Aber wie der Streit auch ausgehen mag: Diese Erzählung von Saul, dem ersten König Israels, beschreibt zugleich wohl erstmals in der Menschheitsgeschichte ein besonderes Krankheitsbild. Wir würden es heute eine bipolare Störung nennen, eine Reihung manisch-depressiver Schübe, hervorgerufen durch mancherlei äußere Umstände, aber wohl auch genetisch bedingt. Zugleich aber begegnen wir in dieser Geschichte jenem ewig neuen Gegensatz zwischen Bewahrung des Alten und dem Glauben an den Fortschritt, dem Konflikt zwischen rationaler Politik und religiös motivierter Intoleranz. Wie in einer Collage treten neben die Erzählung fiktive Dokumente, Briefe und Berichte vieler beteiligter Personen und eröffnen so unterschiedliche Perspektiven auf das Schicksal des Königs.