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Dieses Werk ist Teil der Buchreihe TREDITION CLASSICS. Der Verlag tredition aus Hamburg veröffentlicht in der Buchreihe TREDITION CLASSICS Werke aus mehr als zwei Jahrtausenden. Diese waren zu einem Großteil vergriffen oder nur noch antiquarisch erhältlich. Mit der Buchreihe TREDITION CLASSICS verfolgt tredition das Ziel, tausende Klassiker der Weltliteratur verschiedener Sprachen wieder als gedruckte Bücher zu verlegen und das weltweit! Die Buchreihe dient zur Bewahrung der Literatur und Förderung der Kultur. Sie trägt so dazu bei, dass viele tausend Werke nicht in Vergessenheit geraten.

Produktbeschreibung
Dieses Werk ist Teil der Buchreihe TREDITION CLASSICS. Der Verlag tredition aus Hamburg veröffentlicht in der Buchreihe TREDITION CLASSICS Werke aus mehr als zwei Jahrtausenden. Diese waren zu einem Großteil vergriffen oder nur noch antiquarisch erhältlich. Mit der Buchreihe TREDITION CLASSICS verfolgt tredition das Ziel, tausende Klassiker der Weltliteratur verschiedener Sprachen wieder als gedruckte Bücher zu verlegen und das weltweit! Die Buchreihe dient zur Bewahrung der Literatur und Förderung der Kultur. Sie trägt so dazu bei, dass viele tausend Werke nicht in Vergessenheit geraten.
Autorenporträt
Max Stirner (Pseudonym für Johann Caspar Schmidt) wurde am 25. Oktober 1806 in Bayreuth geboren, studierte in Berlin bei Hegel , Schleiermacher u.a., war von 1839-44 als Lehrer tätig und starb verarmt am 25. Juni 1856 in Berlin. Stirner war ein vir unius libri : Er schrieb neben einigen Korrespondenzen, Aufsätzen und Übersetzungen nur ein Buch -- »Der Einzige und sein Eigentum«, das 1844 erschien und bis heute immer wieder aufgelegt wurde (ohne dass man es einen philosophischen Klassiker nennen dürfte).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.02.2012

Späte Gerechtigkeit für Sankt Max
Stirners "Einziges" wird als erster Existentialist entdeckt

Man konnte erwarten, dass irgendwann die Isolierschichten des sozialen und kulturellen Konstruktivismus, in den sich große Teile der westlichen Intelligenz verliebt hatten, die Hitze der Probleme nicht mehr abhalten. Wo die Flucht in die Sachwerte einsetzt, ist auch im Denken echte Wirklichkeit gefragt. So verliert die kritische neokantianische Regel "Dass ich konstruiere, soll alle meine Aussagen begleiten" an Wert, und Hegel ist wieder da.

Dies vor allem in der Linken, die nach dem epochalen Zusammenbruch des Ostblocks dabei ist, für die kurrente Krise des Kapitalismus und die kommenden möglicherweise klassenkämpferischen sozialen Proteste eine historische Perspektive zu auszuweisen. Und - so stand es in den Schulbüchern nicht nur im Osten - nach Hegel steht Marx ins Haus. Müde der Paradoxien, Kontingenzen und Ambivalenzen, soll eine Dialektik des Konkreten neu erstehen. In zahlreichen Blogs brütet man darüber, wie die Wege zum Kommunismus in Zukunft aussehen könnten. Schon vor Jahren dachten Großtheoretiker wie Slavoj Zizek mit Hegel über Lenin und die "innere Größe des Stalinismus" nach. Alain Badiou verpasste den heterogenen Elementen des "französischen Moments der Philosophie", zu dessen Nachlassverwalter er sich selbst ernannt hat, den Rahmen einer Hegelschen Fortschrittsgeschichte, in der auch Stalin und Mao als Symbole für die revolutionären Taten anonymer Massen einen Ehrenplatz erhielten.

Wenn solche Gesänge wieder zu hören sind, gewinnt der alternative Ausgang aus dem Hegelianismus, der den Wert des Einzelnen gegenüber der Ordnung der Geschichte, die die intellektuellen Führer des Volkes für uns vorsehen, entschieden verteidigt hat, erneut an Aktualität: Max Stirners Schrift "Der Einzige und sein Eigentum" von 1844. Im Streit zwischen Marx und Stirner geht es um die Frage, ob dem Einzelnen ein Wert zukommt, weil er Teil der Gesellschaft und ihrer Geschichte ist, oder allein aufgrund seiner persönlichen Existenz.

Die mehr als 400 Seiten, die Marx und Engels umgehend gegen Stirner 1845 schrieben, sind in Krisenzeiten oftmals kreuz und quer ins Spiel gebracht worden und damit auch das Denken Stirners. So hatte zum Beispiel Eduard Bernstein vor dem Ersten Weltkrieg das längst schon der "nagenden Kritik der Mäuse" überlassene Anti-Stirner-Manuskript in der "Neuen Zeit" publiziert, um die Sozialdemokratische Partei aus ihrem dogmatischen Schlummer zu wecken. David Rjasanow stellte 1929 in der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) die Reihenfolge der Manuskripte der "Deutschen Ideologie" entgegen der Chronologie so um, dass der später geschriebene Teil über Feuerbach zuerst zu lesen war und die zuerst geschriebenen 400 Seiten gegen Stirner dann als überflüssige Wortspielereien erscheinen mussten. Und noch heute ist nicht sicher, ob sich die Herausgeber der neuen MEGA an die selbstgesetzten philologischen Regeln halten und die stalinistische Kompilation der Manuskripte zur "Deutschen Ideologie" in korrekter Weise auflösen werden. Mit Stirner anders umgegangen sind Martin Buber und Karl Löwith. Sie haben Stirners "Einzigem" den "Einzelnen" Kierkegaards zu Seite gestellt, und damit denen, die den unakademisch respektlosen Mutterwitz Stirners nicht zitieren wollten, eine Chance gegeben, mit dem Sprung in einen radikalprotestantischen Glauben Hegel zu entkommen.

1951 erschien in Sartres Zeitschrift "Les Temps Modernes" der Aufsatz "Une polémique inconnue: Marx et Stirner" von Henri Arvon. Der Artikel fand Eingang in Arvons Buch "Aux Sources de l'existentialisme" von 1954. Abgesehen von einer knappen Information von Iring Fetscher wurden Arvons Thesen über Stirner und Marx in Deutschland lange Zeit von nur wenigen gelesen und blieben ohne Wirkung. Dagegen machte sich hierzulande Hans G. Helms 1966 daran, Stirner zum Ahnherrn des Faschismus zu promovieren. Anders in Frankreich. Hier hat die durch Arvon inspirierte Stirner-Leküre bei Deleuze, Foucault und Derrida deutliche Spuren hinterlassen. Arvon hat wesentlich zum antitotalitären Profil dieser Intellektuellen beigetragen.

Nach mehr als einem halben Jahrhundert ist nun Arvons Stirnerbuch in einer von Gerhard Müller besorgten deutschen Übersetzung erschienen (Henri Arvon, "An den Quellen des Existentialismus" hrsg. von Armin Geus. Mit einem Nachwort von Bernd Kast, Basilisken-Presse, Rangsdorf). Im Vorwort des Herausgebers kann man nun auch lesen, was nicht viele wussten. Henri Arvon war der älteste Sohn des Bayreuther jüdischen Kaufmanns Julius Aptekmann. Ab 1924 besuchte er das dortige Humanistische Gymnasium, in dem Stirner hundert Jahre zuvor das Reifezeugnis ausgestellt wurde. Es wird berichtet, der Schüler habe sich mit Freunden zu "geheimen Lesungen" Stirners im Bayreuther Hofgarten verabredet. Wenige Monate nach seinem Abitur 1933 floh er nach Straßburg und bemühte sich um die französische Staatsbürgerschaft. Von seinem deutschen Geburtsnamen Karl-Heinz Aptekmann übernahm er nur die Initialen und nannte sich seitdem Henri Arvon.

Die deutsche Ausgabe kommt zur rechten Zeit, denn mit Arvon findet man bei Stirner einen Typ von Systemkritik, der gegen alle Wissenschaft von der Emanzipation der Menschheit auf die Faktizität des konkreten Individuums setzt. Wenn er von Egoismus redet, so meint er keinen zahmen, haushälterischen Egoismus, sondern eine Selbstbezogenheit, bei der die eigenwillige Besonderheit, die Unersetzbarkeit der eignen Lebenssubstanz auf die Spitze getrieben wird: "Ich bin mehr als Mensch, nämlich ein absonderlicher Mensch." Nicht die Würde des Menschen soll unantastbar sein, sondern meine qualitative Existenz, "die Eigenheit und Selbstangehörigkeit Meiner".

Mit solchen Individuen werden Zizek, Badiou und die anderen neuen Strategen der Formierung revoltierender Massen vermutlich nicht viel anfangen können. Für die vorgeschriebene Dialektik sind sie unbrauchbar. Arvon zeigt, dass es um eine "neue Wahrnehmung des Individuums" geht. Stirner sei das "letzte Glied der Hegelianischen Kette; aber er ist zugleich das erste Glied einer anderen Kette, die, nachdem sie fast während eines Jahrhunderts unsichtbar geblieben war, nun gerade wieder im Tageslicht auftauchte."

WOLFGANG ESSBACH

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