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Ein Elefant verschwindet. Und auch von seinem Pfleger keine Spur. Ganz Tokio steht vor einem Rätsel, denn die Fußkette ist ungeöffnet, die Gitter sind intakt. Nur einer versteht, was wirklich passiert ist: Ein junger, etwas einsamer Mann, der in der Werbeabteilung eines Küchengeräte-Herstellers arbeitet, erzählt bei einem Scotch einer Journalistin eine ganz erstaunliche Geschichte.

Produktbeschreibung
Ein Elefant verschwindet. Und auch von seinem Pfleger keine Spur. Ganz Tokio steht vor einem Rätsel, denn die Fußkette ist ungeöffnet, die Gitter sind intakt. Nur einer versteht, was wirklich passiert ist: Ein junger, etwas einsamer Mann, der in der Werbeabteilung eines Küchengeräte-Herstellers arbeitet, erzählt bei einem Scotch einer Journalistin eine ganz erstaunliche Geschichte.
Autorenporträt
Haruki Murakami, geboren 1949 in Kyoto, die Eltern sind Lehrer für japanische Literatur. Studium der Theaterwissenschaften und des Drehbuchschreibens in Tokyo, aufkeimendes Interesse an amerikanischer Literatur und Musik. 1974 Gründung des Jazzclubs 'Peter Cat', den er bis 1982 betreibt. 1978 erste erfolgreiche Buchveröffentlichung. In den 80er Jahren dauerhaft in Europa ansässig (u.a. in Frankreich, Italien und Griechenland), geht er 1991 in die USA, ehe er 1995 nach Japan zurückkehrt. 2006 erhielt Haruki Murakami den Franz-Kafka-Literaturpreis. 2009 wurde ihm der Jerusalem Prize für sein literarisches Werk verliehen und 2014 wurde Haruki Murakami mit dem "Welt"-Literaturpreis ausgezeichnet. 2015 wurde er für den Hans Christian Andersen Literaturpreis ausgewählt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.01.2008

Vom Merkwürdigwerden und Seltsambleiben der Welt
Für alles gibt es eine seltsam logische Erklärung: Haruki Murakamis Erzählungen „Der Elefant verschwindet”
Haruki Murakamis Erzählungen und Romane schaffen die Genres, denen sie angehören, selbst, und verweben konsequent Märchenhaftes und Realistisches. In den verschiedensten Spielarten zeigt dies sein Buch „Der Elefant verschwindet”, das nun in einer Neuausgabe herauskommt, eine Sammlung von Erzählungen zwischen Harmlosigkeit und Bedrohlichkeit, zwischen Albträumen und Träumen jener Art, in denen man spazieren gehen möchte, Erzählungen, in denen Murakamis Helden aus der Ich-Perspektive vom Merkwürdigwerden und Seltsambleiben der Welt erzählen.
Vielleicht erzeugt keine der Erzählungen eine so dichte und zugleich für Murakami typische Atmosphäre wie „Der Aufziehvogel und die Dienstagsfrauen”, in der ein Anwalt auf der Suche nach einer entlaufenen Katze in eine Art Zaubergarten gerät und dabei einem Mädchen begegnet, das Sätze spricht, die wie von einer dritten, abwesenden Person gesprochen zu sein scheinen. Der zugewucherte, verlassene Garten und die Begegnung sind wie aus der Zeit gefallen und ein wenig unheimlich, aber auf eine gute, Neugier weckende Art, wie ein angenehmer Tagtraum.
„Scheunenabbrennen” ist die Geschichte eines Brandstifters, dessen Spezialität Scheunen sind. Der Erzähler kennt den zwielichtigen Mann bloß, weil eine Freundin mit ihm zusammen ist und ihn spontan mitbringt. „Es gibt alle möglichen Scheunen”, sagte der Mann. „In nur einer Viertelstunde brenne ich sie ab. Es ist, als hätten sie nie existiert. Niemand trauert ihnen nach. Sie . . . verschwinden einfach. In einem Nu.” Am Schluss ihres im Haschischrausch geführten Gesprächs kündigt der Mann an, in Kürze eine Scheune in der Umgebung abzubrennen. Der Erzähler erkundet daraufhin die Umgebung und stellt fest, dass auch nach Monaten keine Scheune abgebrannt wurde. Als er den Mann zufällig in einem Café wiedertrifft, behauptet der jedoch, es getan zu haben, und berichtet, dass seine Freundin spurlos verschwunden ist. Was ist wahr? Diese Frage stellt die Erzählung wie die Titelgeschichte, in der ein Elefant und sein Pfleger spurlos aus dem Zoo verschwinden, vor allem aber: Was hat das Scheunenabbrennen, oder vielleicht eher das unterbliebene Scheunenabbrennen, mit dem Verschwinden der Freundin zu tun? So entfernt diese Dinge sind, so hartnäckig drängt sich eine untergründige Verbindung zwischen ihnen auf.
Solche Verbindungen zwischen Entferntestem erzeugen die Skurrilität der Geschichten und lassen sie zwischen den verschiedenen Kategorien schweben. „Schlaf” bewegt sich zwischen psychosomatischer Studie, Sciencefiction, Traumerzählung und philosophischer Reflexion über Menschsein und Individualität, ohne dass eine dieser Klassifizierungen mehr Geltung beanspruchen könnte als eine andere. Eine Mutter entdeckt, dass sie nicht mehr schlafen kann oder vielmehr nicht mehr muss. Von einem Tag auf den anderen verfügt sie über unerschöpfliche Energie, und durch diese Veränderung ihres Wesens verändert sich für sie die ganze Welt. Ihr Alltag – für den Mann kochen, das Kind ins Bett bringen – verliert seine Selbstverständlichkeit. Sie liest Tag und Nacht und entfernt sich immer mehr aus dem Gefüge des Schläfergeschlechts, dem sie vor kurzem noch angehörte, wie der Prototyp eines neuen, eigentlicheren Menschen – eine unheimliche und im Unmöglichen realistisch anmutende Erzählung, die an Kafka erinnert.
Ein China der inneren Landkarte
Souverän sind Murakamis Rückblenden und Zeitsprünge, die seinen ohnehin offenen, rätselhaften Enden noch mehr den Anschein geben, überhaupt keine zu sein. Seine Sprache ist vielseitig: In der Geschichte „Der Elefant verschwindet” ist sie einfach gehalten, in anderen voller Vergleiche und Metaphern, die so kühn und treffend sind, dass man sie mehrmals liest. Dabei schwanken die Geschichten durchaus in ihrer Qualität. „Der Bäckereiüberfall” ist in so expressionistischem Stil geschrieben, dass sie überspannt wirkt – mit gewisser Logik, wie man zugeben muss, denn die charmante Geschichte „Der zweite Bäckereiüberfall” löst als Kontrapunkt nicht nur die stilistischen Spannungen, sondern auch einen Fluch auf dem Erzähler auf, indem statt einer Bäckerei ein McDonald’s überfallen wird. Und „Der Untergang des Römischen Reiches, der Indianeraufstand von 1881, Hitlers Einfall in Polen und die Sturmwelt” erinnert an Borges’ historisch grundierte Erzählungen, bleibt aber ein unbefriedigendes Experiment.
Auch „Frachtschiff nach China” ist ein Experiment. Ein Japaner berichtet von seinen drei ersten Begegnungen mit Chinesen: mit einem Lehrer, einer jungen Frau und einem Handelsvertreter, der einst dieselbe Schulklasse besuchte wie er. Alle Begegnungen brechen auf scheinbar zufällige Weise ab, ehe es zu einem tieferen Verständnis kommen könnte. Vielleicht muss es aber so sein. So bleibt China eine Projektionsfläche für die Phantasie auf der inneren Landkarte, geographisch nah und gleichzeitig äußerst fremd. Der serielle Erzählstil hat nichts Gekünsteltes, er harmoniert mit dem Gesetz der Serie, für das Murakami wie für seine anderen Rätsel eine seltsam logische Erklärung suggeriert. KAI WIEGANDT
HARUKI MURAKAMI: Der Elefant verschwindet. Erzählungen. Aus dem Japanischen von Nora Bierich. DuMont Buchverlag, Köln 2007. 189 Seiten, 14,90 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.1996

Der große Brötchencoup
Haruki Murakami zeigt, wie man eine Bäckerei überfällt

Warum überfällt jemand eine Bäckerei? Aus Hunger, und zwar einem gewaltigen. "Hunger entsteht wie? Aufgrund mangelnder Nahrungsaufnahme natürlich. Warum mangelt es an Nahrung? Weil es an äquivalenten Tauschobjekten fehlt. Und warum, schließlich, standen uns solche nicht zu Gebote? Weil wir nicht genug Phantasie besaßen, vermutlich. Oder aber der Hunger hing direkt und ursächlich mit unserem Mangel an Phantasie zusammen. Egal. Gott und Marx und John Lennon sind tot. Wir hatten Hunger, soviel stand fest, und deshalb wollten wir Böses tun. Aber nicht der Hunger trieb uns zum Bösen, sondern das Böse trieb, indem es uns hungern ließ. Klingt irgendwie, ich weiß nicht, existentialistisch." So gehen der Ich-Erzähler und sein Kumpel, mit Messern bewaffnet, langsam die Geschäftsstraße entlang auf die Bäckerei zu und fühlen sich dabei wie in "High Noon".

Natürlich kann bei einem solchen Überfall nicht alles glattgehen. Doch auf welch verblüffende Weise sich die beiden schließlich doch den Magen vollschlagen können, das macht die so kurze wie aberwitzige Geschichte des japanischen Autors Haruki Murakami zu einem Glanzpunkt der Sammlung. Acht Erzählungen, überwiegend in den achtziger Jahren entstanden, enthält der Band "Der Elefant verschwindet". Die Titelgeschichte ist wie drei weitere Texte aus dem Buch bereits auf deutsch erschienen. Doch auch wenn man sich für die eine oder andere Erzählung eine überzeugendere Alternative hätte vorstellen können, gibt die Auswahl doch einen Einblick in die Kompaktversionen der narrativen Welten von Murakami, der den deutschsprachigen Lesern bislang durch die beiden Romane "Wilde Schafsjagd" (1991) und "Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt" (1995, beide bei Insel) zugänglich gemacht wurde.

Nun also das dritte Buch, und wir stoßen auf alte Bekannte: Da ist der coole Held und Ich-Erzähler auf der Suche nach einem Vierbeiner, dessen Verschwinden beziehungsweise Nicht-Auffindbarkeit die Aura des Geheimnisvollen annimmt. Da sind Frauen mit hübsch geformten Ohren und bittersüße Begegnungen mit Fremden, die Fremde bleiben, weil man versehentlich ihre Telefonnummer weggeworfen hat. Und das Ganze spielt in den beschaulichen, mit Wäsche zugehängten Gäßchen der Wohnviertel oder im Zentrum von Tokio: "Schmutzige Fassaden, Scharen namensloser Menschen, unablässiger Lärm, reglose Autoschlangen, grauer Himmel, Reklametafeln, die jeden freien Zentimeter ausfüllten, Begehren, Resignation, Nervosität und Erregung . . . Meine Wanderungen ereignen sich in den U-Bahnen Tokios und auf den Rücksitzen der Taxis. Meine Abenteuer finden im Wartezimmer der nahegelegenen Zahnarztpraxis und am Bankschalter statt. Ich kann überall und nirgendwo hin."

In dieser uns nicht sehr fremden Alltagswelt lauern Überraschungen. Sei es, daß ein alter Elefant mitsamt Pfleger eines Tages spurlos verschwindet oder daß eine Zahnarztgattin wochenlang nicht schlafen kann, dabei aber eher jünger wird und keinerlei Müdigkeit verspürt. Es gibt auch einen "Zweiten Bäckereiüberfall", noch etwas vertrackter und nicht weniger komisch als der erste.

Humorvoll-witzige Geschichten wie diese entsprechen wohl am besten Murakamis erzählerischem Talent, seinem lakonischen, leichtfüßigen Erzählduktus. Weniger überzeugend lesen sich die auf Tief- und Doppelsinn abzielenden, romantisch angehauchten Zeitgenossen-Stories wie etwa die vom "Aufziehvogel und den Dienstagsfrauen", die auf eher banale Gags angewiesen ist. Kurzweilig und gekonnt erzählt sind die Geschichten jedoch allemal, und ihr Unterhaltungswert ist nicht geringzuschätzen.

Murakami, der 1979 sein Debüt als Romanautor gab, ist seither nicht nur ein produktiver Schriftsteller, sondern auch der Übersetzer von F. Scott Fitzgerald, Truman Capote, Tim O'Brien, Raymond Carver, John Irving, Paul Theroux und anderen. Schon 1991 listet eine der inzwischen zahlreichen Murakami-Sondernummern einer literarischen Zeitschrift 42 Buchtitel von ihm auf, besagte Übersetzungen mitgerechnet. Der Autor selbst sieht sich in der Nachfolge von Raymond Chandler, Kurt Vonnegut und Richard Brautigan. Nun denn, ob überhaupt noch etwas Japanisches an Murakami ist, mag man jetzt auf deutsch überprüfen. IRMELA HIJIYA-KIRSCHNEREIT.

Haruki Murakami: "Der Elefant verschwindet". Erzählungen. Aus dem Japanischen übersetzt von Nora Bierich. Berlin Verlag, Berlin 1996. 228 S., geb., 36,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kai Wiegandt bemerkt fasziniert, dass Haruki Murakami die Genregrenzen genauso wie die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit in seinen jetzt neu aufgelegten Erzählungen verschwimmen lässt. Er preist die atmosphärische Dichte - ein Markenzeichen des japanischen Autors - der Erzählung "Der Aufziehvogel und die Dienstagsfrauen" und lässt sich von der Zusammenführung vollkommen disparater Umstände in "Scheunenabbrennen" zu einer seltsamen Logik beeindrucken. Das macht schließlich auch die "Skurrilität" der Geschichten aus, die, wie Wiegandt einräumt, allerdings Qualitätsunterschiede aufweisen. So ist für seinen Geschmack beispielsweise "Der Bäckereiüberfall" in seinem bemüht expressionistischen Ton überzogen. Insgesamt aber wirken die Erzählungen durch ihre Rätselhaftigkeit, die ihn nicht selten an Kafka erinnern, und durch die abwechslungsreiche Sprache, so der begeisterte Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
Der "Fachmann für großstädtische Verlorenheit. Herausragend." AARGAUER ZEITUNG "Der [...] Meister der kleinen Form. Der zurückhaltende Plot der Erzählungen, das nicht gelüftete Geheimnis entsprechen in ihrer Überschaubarkeit und dem nicht zu steilen Spannungsgefälle dem Erzählfluss des Autors, der wunderschöne, skurrile poetische, nachdenklich stimmende Geschichten erfindet." GENERAL ANZEIGER "Abstrus und logisch, schlicht und brillant, klar und konsequent, fantastisch und fantasievoll. [...] Lesen, wundern, verzaubern lassen: Mit diesen zeitlosen Geschichten gelingt das." MAIN ECHO "Sprachlich kunstvoll gestaltet. [...] bemerkenswerte Story. [...] Amüsant und kurzweilig die jeweiligen Überlegungen! Alles in allem, ein interessantes Buch des Kafka-Preisträgers." BÜCHERSCHAU "Alltäglich und fantastisch-absurd zugleich." WOMAN "Haruki Murakamis Erzählungen [...] verweben konsequent Märchenhaftes und Realistisches. [...] So kühn und treffend sind, dass man sie mehrfach liest." S
"Haruki Murakamis Sätze zerschmelzen oft wie Pralinen auf der Zunge." -- Bild am Sonntag

"Leider sind Murakami Bücher irgendwann immer zu Ende, und eigentlich sollte man sie ein Leben lang lesen können, täglich, immer, ohne Ende ..." -- Die Welt