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Als Newton Sonnenlicht in die Spektralfarben zerlegte, warf man ihm vor, er habe den Zauber des Regenbogens zerstört. Doch das Wunderbare wird nicht weniger wunderbar, wenn wir es erklären können, sagt Richard Dawkins und liefert ein leidenschaftliches Plädyer für die Poesie der Wissenschaft. Mit der gleichen Verve entlarvt er Aberglauben und mystischen Kult als falsch verstandne Romantik und bewusste Irreführung. Er beweist mit diesem Buch, dass Wissenschaft alles andere als kalt, trocken und langweilig ist...

Produktbeschreibung
Als Newton Sonnenlicht in die Spektralfarben zerlegte, warf man ihm vor, er habe den Zauber des Regenbogens zerstört. Doch das Wunderbare wird nicht weniger wunderbar, wenn wir es erklären können, sagt Richard Dawkins und liefert ein leidenschaftliches Plädyer für die Poesie der Wissenschaft. Mit der gleichen Verve entlarvt er Aberglauben und mystischen Kult als falsch verstandne Romantik und bewusste Irreführung. Er beweist mit diesem Buch, dass Wissenschaft alles andere als kalt, trocken und langweilig ist...
Autorenporträt
Richard Dawkins, Jahrgang 1941, geboren und aufgewachsen in Ostafrika, Schüler des Biologen und Nobelpreisträgers Niko Tinbergen, lehrte als Professor der Zoologie an kalifonischen Universitäten und Oxford University. In Oxford hat er heute den Lehrstuhl für "Public Understanding of Science" (die Vermittlung von Naturwissenschaften) inne. Dawkins zählt zu den bedeutensten modernen Evolutionstheoretikern.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2000

Poesie muss sein
Auch in der Naturwissenschaft – meint Richard Dawkins
Es gelingt Richard Dawkins immer wieder, uns zu verblüffen. Nach seinem Meisterwerk Gipfel des Unwahrscheinlichen, 1999, legt er nun mit Der entzauberte Regenbogen erneut ein ganz außerordentliches Buch vor, das von Sebastian Vogel wieder blendend übersetzt wurde.
Wir Eukaryonten verlangen nach Staunen erregenden Sachverhalten, lassen uns aber auch durch Scharlatanerie pervertieren – statt uns klar zu machen, dass Wunder in der Regel erklärt werden können. Sie verlieren durch rationale Aufklärung nichts von ihrem Reiz, das ist die Grundthese von Dawkins – mit der er dem Dichter Keats energisch widerspricht. Newton zerlegte das Licht in unterschiedliche Farben, was dann zu Maxwells Theorie der elektromagnetischen Wellenlängen führte und schließlich zu Einsteins Spezieller Relativitätstheorie. Was ist daran bedrohlich? Hat Newton die Magie des Regenbogens destruiert, wie Keats in seinem langen Gedicht Lamia (1820) behauptete? Indem er ihn auf die Spektralfarben reduzierte? Dawkins will das genaue Gegenteil darlegen – dass der Geist des Staunens, der Blake zur christlichen Mystik, Keats zu den Mythen Arkadiens und Yeats zu Elfen und Feen trieb, auch große Naturwissenschaftler bewegt.
Grotesk falsch
Die Naturwissenschaft nimmt dem Leben seine Wärme und seine Aura des Phantastischen – eine solche Auffassung ist „grotesk falsch”, so falsch, dass Dawkins nun jene Verzweiflung packt, die ihm, zu Unrecht, seit seinem frühen Werk Das egoistische Gen immer unterstellt wird. Nein, Naturwissenschaft vermittelt uns vielmehr eine tiefe ästhetische Empfindung, ein ehrfürchtiges Staunen – was gleichzusetzen sei mit dem Erhabensten, das Musik, Malerei oder Dichtung dem Menschen geben können. Newtons Entwirrung des Regenbogens führte zur Spektroskopie, und durch diese (die Absorptionslinien nach Fraunhofer) wissen wir nicht nur über den Kosmos besser Bescheid, sondern auch etwa über die Kernspintomographie, den DNS-Code oder Schwingungsverhältnisse in der Luft. Der entschlüsselte Regenbogen enthüllt uns Geheimnisse, für die „hehre Poeten” sich heftig begeistern – so dass sie „sich verraten fühlen, wenn man ihnen eine Erklärung liefert”.
Der Naturwissenschaftler ist wahrhaft kein „Spielverderber”, wenn er ein Mirakel durch rationale Forschung lüften will: „Ist es nicht eine edle, erleuchtete Art, unsere kurze Zeit unter der Sonne zu verbringen, wenn wir zu verstehen streben, was das Universum ist und wie es kommt, dass wir darin erwacht sind?” Das sei auch seine Antwort, wenn er – im übrigen „erstaunlich oft” – gefragt werde, „warum ich mir die Mühe mache, morgens aufzustehen”. Wir wollen hoffen, dass er das noch möglichst lange tut.
Missbraucht wird der Drang zum Mysteriösen – das wohlgemerkt vernünftig aufgedröselt werden soll! – durch den Hokuspokus des Aberglaubens und die Scharlatanerie. Hier hat Dawkins ein Heimspiel. Astrologie, Handlesekunst und andere Hellsehereien werden als tumbe Rosstäuscherei entlarvt. Die Parapsycholgie treibt mit dem natürlichen Hang zum Faszinosum Schindluder und führt mit krimineller – Dawkins fordert Haftstrafen – Energie in die Irre. Astrologie sei sinnloses Gewäsch, eine blanke ästhetische „Zumutung”, Zeitverschwendung und eine Beleidigung für genuine wissenschaftliche Psycholgie. Was den Wunderglauben beträfe – die angebliche Marienerscheinung in Fatima –, so möge man David Humes wegbereitenden Essay Über die Wunder (1748) konsultieren – und dann bitte die Klappe halten.
Davon abgesehen: Ist denn, fragt Dawkins, der Drang zu wissenschaftlicher Erkenntnis nicht per se „unwiderstehlich” und muss er, weil rational, tatsächlich mit echter poetischer Empfindsamkeit kollidieren? „Es bereitet mir”, so Dawkins, „eine diebische Freude festzustellen, wie vieles von dem, was wir bisher entdeckt haben, sich unmittelbar aus der Entwirrung des Regenbogens ableitet. ”
Man sieht, es geht um die angemessene Poetik, in guter naturwissenschaftlicher Poesie bleibt der Zauber erhalten. Eine ,schlechte’ poetische Naturwissenschaft kann dagegen die Vorstellungskraft auf falsche Fährten locken. Hier finden sich als Prügelknaben Stephen Jay Gould (wegen seiner Verteidigung der Makromutationen) und Lynn Margulis (Verfechterin der allzu gütigen Gaia-Hypothese). Mir fiele für eine gute naturwissenschaftlich-literarische Prosa (Dawkins nennt seinen SF-Kumpan Douglas Adams) Flann O’Briens Der dritte Polizist ein (ein Denkmal für Selby).
Wissenschaft, so das Resümee des Autoren, erlaube Rätsel, aber keine esoterische Magie, „Fremdartigkeit jenseits unserer wildesten Phantasien”, aber keine Hexenkunst. Das Schönste, so Einstein, sei das Rätselhafte, es sei die Quelle aller wahren Kunst und Wissenschaft. Wie entdeckte Kekulé 1865 die Ringstruktur des Benzols? Er hat nachts von einer Schlange geträumt, die sich in den eigenen Schwanz biss.
Dawkins behandelt weiter die schwierigen Fragen zu Koadaption und Koevolution, das Entwirren und synthetische Wieder-Verweben der menschlichen wie tierischen Sinneseindrücke durch das Gehirn und betont die Bedeutung des „genetischen Totenbuches”. Zu den potentiellen Neuerungen in der Software des Menschen zählt er neben der Entwicklung der Sprache das Verfertigen von Landkarten, die Fähigkeit zum Werfen, die Meme (Einheiten der kulturellen Vererbung) und die sexuelle Selektion. Das erstaunliche Fazit, man ist es von Dawkins so explizit wahrlich nicht gewohnt, ist jedenfalls: „Naturwissenschaft ist poetisch, sollte poetisch sein, kann von Poeten viel lernen und sollte eine gute poetische Bilder- und Metaphernwelt zur Inspiration heranziehen. ” Das ist ihm mit dem kitschigen Schlusssatz leider etwas misslungen. „Ein Keats und ein Newton, die einander lauschen, könnten die Galaxien singen hören. ” Die Quasare senden bekanntlich Plasma-Jetströme aus, aber singen sie?
THOMAS ECKARDT
RICHARD DAWKINS: Der entzauberte Regenbogen. Wissenschaft, Aberglaube und die Kraft der Phantasie. Deutsch von Sebstian Vogel. Rowohlt Verlag, Reinbek 2000. 416 Seiten, 48 Mark.
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