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Jonas Wergeland, berühmter Fernsehstar Norwegens und auf dem Gipfel des Ruhms, ist tief gestürzt. Er ist des Mordes an seiner Frau Margrete angeklagt. In seinem facettenreichen Roman spürt der bedeutende norwegische Romancier Jan Kjaerstad den Rätseln von Jonas Wergelands Leben nach. Er war ein blendender Selbstdarsteller, ein Karrierist mit Hunger nach Macht und ein erfolgreicher Verführer der Frauen. Doch nun sitzt Jonas Wergeland als Mörder im Gefängnis. Ein Professor der Geschichte soll die Biographie des einstigen Publikumslieblings schreiben, doch er hat zu viel Material, zu viele Fragen…mehr

Produktbeschreibung
Jonas Wergeland, berühmter Fernsehstar Norwegens und auf dem Gipfel des Ruhms, ist tief gestürzt. Er ist des Mordes an seiner Frau Margrete angeklagt. In seinem facettenreichen Roman spürt der bedeutende norwegische Romancier Jan Kjaerstad den Rätseln von Jonas Wergelands Leben nach. Er war ein blendender Selbstdarsteller, ein Karrierist mit Hunger nach Macht und ein erfolgreicher Verführer der Frauen. Doch nun sitzt Jonas Wergeland als Mörder im Gefängnis. Ein Professor der Geschichte soll die Biographie des einstigen Publikumslieblings schreiben, doch er hat zu viel Material, zu viele Fragen - verändert man ein Leben, indem man es erzählt? Die Biographie will nicht gelingen. Eine geheimnisvolle Frau kommt dem Professor zu Hilfe. Wie Scheherazade erzählt sie ihm, der gebannt mitschreibt, Geschichten aus Jonas' Leben. Von der Kindheit, von Freundschaft, Verrat und Liebe, von Margrete, der Frau, die er als einzige wirklich geliebt hat. Wie ein Puzzle setzt sich ein Leben zusammen,
aber anders als erwartet ist es ein Leben der Mittelmäßigkeit. Um sich einen Platz an der Spitze zu erobern, vertuschte Jonas erfolgreich seine Banalität; in seinem Verhältnis zu Margrete wird sie ihm jedoch zum Verhängnis. Erneut löst Jan Kjaerstad mit seiner Fabulierkunst und Bilderflut, seinem literarischen Können und Ideenreichtum, seinen wunderbar erzählten Geschichten einen regelrechten Leserausch aus.
Autorenporträt
Jan Kjaerstad, geboren 1953, Studium der Theologie. Nach dem Studium Musiker in einer Band, begann dann zu schreiben. Der Autor hat ein umfangreiches erzählerisches und essayistisches Werk vorgelegt mit mehrfachen Auszeichnungen. (1998 Henrik-Steffens-Preis, 2001 den renommierten Preis des Nordischen Rats).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2002

Die Rettung des Verurteilten
Wie man ein Menschenleben zusammensetzt: Jan Kjaerstads Roman „Der Eroberer”
Romane bieten die Chance, jemanden, den es nicht gibt, sehr genau kennen zu lernen: Jane Eyre, Felix Krull oder Rodion Raskolnikoff gewinnen beim Lesen immer mehr an Kontur und sind nach einiger Zeit so plastisch geworden, dass wir meinen, ihnen auf der Straße begegnen zu können. Doch steht in wenigen Romanen die Hauptfigur so sehr im Vordergrund, dass die Handlung allein dem Zweck ihrer Charakterisierung zu dienen scheint. Man sollte diese Romane vielleicht eher Biografien nennen, wohl wissend, dass sie von Menschen handeln, die nie gelebt haben. Ein solcher biografischer Roman ist „Der Eroberer” des norwegischen Autors Jan Kjærstad, und er ist es auf seine ganz eigene Weise.
Kjærstad ist in seinem Roman einer fiktiven Ikone Norwegens auf der Spur, Jonas Wergeland, einem berühmten Filmemacher, der vom Olymp des nationalen Ruhms jäh abstürzt, als er angeklagt wird, seine Frau ermordet zu haben. Der Autor hat von Jonas Wergeland schon einmal erzählt. In „Der Verführer” hat er das Bild eines erfolgreichen und außergewöhnlichen Mannes gezeichnet, der, von der Weltausstellung in Sevilla zurückkehrend, seine Frau von Neonazis ermordet auffindet. So glanzvoll die Figur im „Verführer” erschien, so düster erscheint sie nun. Erzählte damals eine indische Anthropologin Wergelands Geschichte, so hat diesmal ein namenloser Professor das Wort, der an einer Biografie über ihn arbeitet. Unterstützt wird er in seinen Recherchen von einer geheimnisvollen, mephistophelischen Frauengestalt, die merkwürdig genau über das Leben von Wergeland Bescheid weiß.
Kjærstad zerbricht den chronologischen Verlauf des Geschehens. In zahllosen Anekdoten lässt er den Professor nach prägenden Erlebnissen in Kindheit und Jugend Wergelands suchen. Immer wieder treten neue Hypothesen an die Stelle von alten, um zu erklären, wie aus einem gewöhnlichen jungen Menschen ein Mörder werden konnte: War es der Moment, in dem Wergeland Zeuge einer Vergewaltigung wurde und nicht half, oder doch die Entdeckung, dass ihn seine Frau mit einem Freund betrügt?
Kjærstads Programm ist anspruchsvoll: zu zeigen, dass und wie sich das Leben ändert, je nachdem, wie man es erzählt. „Es gibt nur einen Grund zu erzählen,” heißt es einmal. „Die Rettung von jemandem, der schon verurteilt ist. Erzählen gegen jede Wahrscheinlichkeit.” Der Reiz besteht darin, durch Neukombination einzelner Anekdoten dem großen Ganzen eine neue Form zu geben. Kjærstad inszeniert ein literarisches Duell zwischen dem gelebtem Leben und seiner Aneignung durch die Literatur, und er zeigt dabei auf intelligente Weise, wie das Erzählen einer Geschichte den Erzähler widerspiegelt, ja dass die Geschichte unter Umständen mehr über diesen aussagt als über den Protagonisten.
Kein Wunder, dass Jonas Wergeland den Eindruck einer synthetischen Figur macht. Während Biografien einen Menschen quasi von innen heraus analysieren, setzt dieser Roman seinen Helden von außen aus lauter Teilen zusammen, von denen jedes die gesuchte Erklärung zu enthalten verspricht. Die Teile passen aber nicht immer und ergeben deshalb im Ganzen einen eher zusammengeschusterten Menschen. Das ist der Fehler des Biografen, der überall Erklärungen wähnt, so dass sie sich einander widersprechen. Dieser Fehler ist vom Autor beabsichtigt.
Doch ist es zugleich sein eigener Fehler. Denn sein Held ist begnadeter Diskuswerfer, Komponist, talentierter Schnitzer von Drachenköpfen, Architekt, Astrophysiker und alle anderen übertreffender Filmemacher in einer Person, und das ist zu viel des Guten. So einfallsreich Kjærstads Geschichten sind, so überladen sind sie mit Bedeutungen, und es ist nicht zuletzt dieser Mangel an Bedeutungslosigkeit, der den Geschichten den Realismus nimmt und sie zu reinen Symbolen macht. Es gibt nicht wenige Kapitel, die sich wie Berechnungen eines Statikers lesen.Jan Kjærstad hat einen sehr technischen Roman konstruiert, eine Art gläserne Uhr, die ihre Räder und Federn zeigt, als wären sie schon die Uhrzeit. Außer für seine Hauptfigur und Fragen zur norwegischen Kultur (und ihrem Verhältnis zum Fernsehen) interessiert sich der Text vor allem für sich selbst.
Auf dem Feld der Psychologie, der Kulturanalyse wie der Metafiktion beweist Kjærstad Kenntnisreichtum und Scharfsinn. Und wenn sich die verschiedenen Anliegen auch gelegentlich ins Gehege kommen, so bleiben dem Roman, der sich in der Übersetzung von Angelika Gundlach gut liest, doch eine Reihe von Episoden, die so rund sind und so reich an Fantasie, dass man staunt und sich wünscht, es gäbe mehr von ihnen. Stattdessen präsentiert Kjærstad – etwas penetrant – alle fünfzig Seiten einen Koitus.
KAI MARTIN WIEGANDT
JAN KJAERSTAD: Der Eroberer. Roman. Aus dem Norwegischen von Angelika Gundlach. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2002. 539 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2002

Zwischen Barks und Marx
Phantom der Atome: Jan Kjaerstad bleibt relativ unscharf

In der Mai-Ausgabe der literarischen Zeitschrift "Schreibheft" aus dem letzten Jahr wurden dem Norweger Jan Kjaerstad viele Seiten freigehalten. Die packte er randvoll. Er schrieb über Quantenphysik, Literatur, Musik, Informations- und Gentechnologie. Sein Vorhaben war kein geringes: "Ich werde einen Versuch unternehmen abzuschätzen, ob die Quantenphysik uns einen Fingerzeig für eine mögliche neue Prosa geben kann. Ich werde erörtern, inwieweit uns die Quantenphysik in der Reflexion darüber, was eine Erzählung ist und wie sich Einzelgeschichten miteinander verbinden lassen, Anregungen geben kann. Die Absicht ist also in gewisser Weise, ein neues Atommodell für die Prosa zu finden."

Aus diesem Gebirge kommt eine Maus, und die Maus piepst nicht besonders originell. Kjaerstad mag Sprünge und Risse im Dasein, ein Gewebe von Einzelgeschichten, statt Kausalitäten, Linearität und die langweilige Vorstellung von der einzig wahren Geschichte. Literatur und Wirklichkeit, Fiktion und Physik - der Schriftsteller packt den Tiger Niels Bohr in den Tank der Literatur und drückt aufs Gaspedal.

Wohin das führt, zeigt sein Roman "Der Eroberer". Wie der Vorgänger "Der Verführer" dreht sich die Geschichte um Jonas Wergeland, einen einsamen Star des norwegischen Kulturfernsehens. Wergeland erschießt seine Frau aus dem üblichen Grund - weil die Frau mit Seitensprüngen aus der ehelichen Linearität ausschert. So billig wie dieses Ende soll das Leben des Helden nicht sein. Es setzt sich aus Geschichten, manchmal leise und weise, wer weiß schon mehr, zusammen. Die Geschichten werden von einer unbekannten Frau in einer Reihenfolge erzählt, deren Prinzip weder die Chronologie noch die Kausalität ist. Sondern: die Fügung. Na und, rufen wir, denen diese sogenannten Fügungen keinen Schauer über den Rücken jagen. Das Leben ist ein Molekül aus Hunderten von Atomen, die voneinander nichts wissen, aber miteinander verwandt sind, Ähnlichkeiten aufweisen: die gleiche Nase, die gleichen Füße und so weiter. Ein Professor möchte es riskieren und eine Biographie über den verurteilten Wergeland schreiben, und er empfängt die redselige Unbekannte mit offenen Ohren und offenen Armen.

Wir sitzen unterdessen mit verschränkten Armen da. Wir dösen nicht, aber wir sehen tatenlos zu, wie die norwegische Literatur in Geschwätz und Geschwafel untergeht. Was sollten wir anderes tun? Wenn wir nicht mit verschränkten Armen dasitzen würden, dann hätten wir uns spätestens auf Seite 22 nicht mehr im Griff gehabt und das Buch zugeklappt. Wir lesen dort zum Beispiel, was wir gerne für einen schlechten Witz halten würden, doch wir wissen schon hier, daß uns diese Vermutung leider immer wieder im Stich lassen wird - es ist bitterernst gemeint: "Eines Tages, Professor, wird jemand eine dicke Abhandlung darüber schreiben, welchen Einfluß Carl Barks auf ein paar Generationen von Europäern gehabt hat. Carl Barks, ja - nicht Karl Marx." Ist das nicht - wagen wir es, sagen wir es mit Niels Bohr - eine tollkühn von Kjaerstad gedachte Komplementarität von kapitalem Klang und kapitalistischer Kultur?

So geht's weiter - unverdrossen der Autor, wir mit anschwellendem Verdruß. Das Plateau der Platitüden zieht sich endlos hin. Noch auf Seite 535 wird der Frau des Helden, die allein schon wegen diesem Satz allen Grund hätte, mit dem eigenen Tod zu rechnen, ein zuckersüßes Bonmot in den Mund gelegt: ",Es braucht Zeit', sagte Margrete, als könnte sie seine Gedanken lesen. ,Es braucht Zeit, ein Mensch zu werden.'" Und wir? Wir, die wir unsere Gedanken lesen können, wir denken an die Zeit und die enorme Geduld, die es braucht, um die Lektüre dieses Buches zu Ende zu bringen, das sprachlich verklebt und intellektuell verquast ist, weshalb kein einziger Riß und kein einziger Sprung durch das daher- und dahinschwadronierte Dasein gehen. Der dritte Band der Trilogie über Jonas Wergeland wird noch übersetzt. Er soll "Der Entdecker" heißen.

EBERHARD RATHGEB

Jan Kjaerstad: "Der Eroberer". Roman. Aus dem Norwegischen übersetzt von Angelika Gundlach. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002. 539 S., geb., 24,90 [Euro].

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"Eine formvollendete epische Symphonie ..., ein Roman, der Leichtigkeit und Gewicht vereint und viele Leser verdient." (Stavanger Aftenblad)