Weitab von den üblichen Klischeevorstellungen erzählt die Journalisten Hélène Lee die Geschichte eines Abenteuers und einer musikalischen wie emotionalen Revolution. Sie folgt den Spuren eines charismatischen Visionärs zurück zu den Wurzeln der Rastafari-Gemeinde Anfang des 20. Jahrhunderts: Leonard Percival Howell alias "Gong" scharte die ersten Rastas um sich. Lee schildert deren Leben auf Jamaika ebenso anschaulich wie die weitere Entwicklung der Rasta-Kultur - vom Harlem der 20er Jahre bis ins Ghetto von Trench Town am Stadtrand von Kingston in den Fünfzigern. Auch ein junger Sänger aus dem Hintergrund fühlte sich von der brodelnden Atmosphäre angezogen: Bob Marley. In Anlehnung an den großen Leader Percival Howell nannte er sich "Tuff Gong". Howell und Marley verstarben beide im gleichen Jahr ... 1981.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Als "Pioniertat" rühmt Nils Michaelis das Buch der französischen Journalistin Lee, die in den 70er Jahren aus eigenem Antrieb und Interesse für die Rasta-Bewegung zum ersten Mal nach Jamaika kam und seither zu diesem Thema Material gesammelt hat. Auch wenn ihr Reportagestil nicht ganz frei sei von romantisierenden Einschüben und ihre Analyse des Rastafarismus als religiöser Bewegung zu oberflächlich ausfalle, so habe sie mit ihrem Buch, das den Begründer der Rasta-Bewegung Leonard Percival Howell vorstellt, absolutes Neuland betreten. In den 30er Jahren interpretierte Howell, so Michaelis, das nüchterne politische Kalkül eines Zeitgenossen, dass in Äthiopien demnächst ein schwarzer Kaiser gekrönt werde, als religiöse Prophetie, die den Engländern bald politisch zu gefährlich werden schien. Zweimal wurde er inhaftiert, danach scharrte er in einer Landkommune seiner Anhänger um sich, aus der dann später die in den 70er Jahren berühmt gewordene Bewegung hervorging. Warum Jugendliche der Industrieländer sich für diese Bewegung begeisterten, analysiert Lee nach Michaelis einleuchtend; nur was die konkrete Ausformung des religiösen Systems angeht, hätte er lieber eine nüchterne Religionsanalyse à la Max Weber am Werk gesehen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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