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Im Herz der Finsternis - Der große Antikriegsroman von einem der schärfsten Gegner des militärischen Engagements des Westens in Afghanistan
In einem Militärcamp in Afghanistan trifft ein Zug dänischer Soldaten ein, 24 Männer und die Soldatin Hannah unter Führung des charismatischen Rasmus Schrøder. Alle sind hochmotiviert, hervorragend ausgebildet und abenteuerhungrig. Doch die Tage fließen monoton dahin, bis durch eine Landmine zwei Männer sterben und eine sich immer schneller drehende Spirale der Gewalt in Gang setzt. Als schließlich Schrøder die Truppe verrät, gerät alles außer…mehr

Produktbeschreibung
Im Herz der Finsternis - Der große Antikriegsroman von einem der schärfsten Gegner des militärischen Engagements des Westens in Afghanistan

In einem Militärcamp in Afghanistan trifft ein Zug dänischer Soldaten ein, 24 Männer und die Soldatin Hannah unter Führung des charismatischen Rasmus Schrøder. Alle sind hochmotiviert, hervorragend ausgebildet und abenteuerhungrig. Doch die Tage fließen monoton dahin, bis durch eine Landmine zwei Männer sterben und eine sich immer schneller drehende Spirale der Gewalt in Gang setzt. Als schließlich Schrøder die Truppe verrät, gerät alles außer Kontrolle.

"Der erste Stein" ist ein großes Epos über Menschen in den Fängen des Krieges und über Freundschaft, Liebe, Verrat und den Tod.

Autorenporträt
Jensen, Carsten
Carsten Jensen, geboren 1952 auf Æro, gelang mit seinem Bestseller "Wir Ertrunkenen" der internationale Durchbruch. Er ist einer der profiliertesten politischen Journalisten Dänemarks. Daneben arbeitet er auch als Literaturkritiker und scheibt Bücher. Für die Recherche an "Der erste Stein" verbrachte er längere Zeit in Afghanistan. Der Roman wurde mit mehreren dänischen Preisen bedacht. Veröffentlichungen in mehrere Sprachen sind in Vorbereitung.

Sonnenberg, Ulrich
Ulrich Sonnenberg, geboren 1955 in Hannover, arbeitet als freier Übersetzer und Herausgeber in Frankfurt/Main. 2013 erhielt er den Übersetzerpreis des Staatlichen Dänischen Kunstrats. Er übersetzte u.a. Bücher von Hans Christian Andersen, Carsten Jensen, Karl Ove Knausgaard und Jens Andersens Astrid Lindgren-Biografie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.06.2017

Die böse Truppe
Der dänische Autor Carsten Jensen tarnt seine Afghanistan-Räuberpistole
„Der erste Stein“ nur unzureichend als Antikriegsroman
VON CHRISTOPH BARTMANN
Wer immer in Afghanistan den ersten Stein geworfen hat, die Dänen waren es nicht. Zwar hat Dänemark wie die meisten Verbündeten der USA nach 2001 Truppen nach Afghanistan entsandt, aber nie mehr als 750 Soldaten gleichzeitig. Auf die Isaf-Jahre folgte bekanntlich ab 2015 „RSM“, die „Resolute Support Mission“ der Nato, bei der sich, zumindest auf dem Papier, der Beitrag der Alliierten auf den Aufbau und die Unterstützung der afghanischen Streitkräfte beschränkt. Freilich waren die dänischen Opferzahlen in der Isaf-Zeit besonders hoch, weil diese Truppen, anders als etwa die Bundeswehr, in der stets umkämpften Provinz Helmand stationiert waren. Und hier im nordwestlichen Helmand, zwischen Gereshk und Sangin (das vor einigen Wochen wieder an die Taliban fiel), spielt, irgendwann in den Jahren vor 2015, Carsten Jensens drastischer Kriegs- oder Antikriegsroman „Der erste Stein“.
Carsten Jensen, Journalist, Romancier („Wir Ertrunkenen“) und streitbarer Debatteur, war oft in Afghanistan, wie er am Rande des Romans erwähnt, als Reisender und manchmal auch „eingebettet“ bei den dänischen Truppen in Helmand. Als Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit des Verteidigungsministeriums in Kopenhagen kann man sein Buch dennoch nicht missverstehen. Wenn alles auch nur halb so schlimm ist wie hier geschildert, die Moral der Truppe, die militärische Disziplin und überhaupt die Chancen des Gesamtunternehmens, dann müssten daheim die Alarmglocken läuten und Untersuchungsausschüsse rund um die Uhr tagen. Vorher sollten sie sich allerdings versichert haben, ob dies nicht, trotz aller Quellen und Einbettung, nicht vor allem ein Werk der Fiktion ist. Carsten Jensen hat in Afghanistan aber wahrscheinlich nicht selbst erlebt, wie dem Icherzähler beim Erzählen die Hand abgehackt wurde. Alles sei frei erfunden, wenn auch viel recherchiert wurde, beteuert Jensen. Nicht jeder Antikriegsroman muss auf Fakten bauen, aber hilft es der moralischen Lektion des Romans, wenn die Handlung unglaubwürdig ist?
Dabei beginnt alles recht sachlich und baut erst im weiteren Fortgang jene Kriegsfilmdynamik auf, die einen dann desto mehr an der Seriosität des ganzen Erzählunternehmens zweifeln lässt. Im Lager des dritten Zuges in Helmand vergeht der soldatische Alltag zwischen Langeweile und unkalkulierbarer Gefahrenlage. Die Soldaten, lauter Männer und eine Frau, sind freiwillig in Afghanistan. Zu Hause in Dänemark ist ihnen noch langweiliger, hier bekommen sie mehr gezahlt, als sie dort je verdienen könnten, und jederzeit kann aus der Ödnis das große Abenteuer aufblitzen, der Einsatz, nach dem sie sich alle sehnen.
Hauptakteure sind der rätselhafte Oberleutnant Schrøder, der fließend Paschtu spricht und sich von niemand in die Karten schauen lässt, die robuste Soldatin Hannah, deren einzige Schwäche die für Schrøders Sex-Appeal ist, der gar nicht pazifistische Seelsorger Møller, der die Moral des Zuges mit Hinweisen auf Taliban-Aktivitäten gegen die Angehörigen daheim schärft, und der Oberkommandierende Steffensen, der mit den benachbarten Briten und Amerikanern und den lokalen Warlords die Deals aushandelt. Auf die Warlords ist freilich so wenig Verlass wie, das sieht man später, auf die Amerikaner. Es gibt nämlich gute Truppen und schlechte Truppen, so wie es gute und schlechte Banken gibt, und allmählich verwandelt sich der dritte Zug ungewollt in so eine schlechte Truppe, die von den eigenen Leuten unter Feuer gesetzt, dafür aber von der lokalen Bevölkerung nicht ganz zutreffend als „amerikanische Dschihadisten“ bejubelt wird. Auf der ersten Hälfte der Romanstrecke folgt man dieser Eskalation des Geschehens noch mit Spannung.
Als dann aber Khaiber auftritt, der afghanischstämmige Entsandte vom dänischen Militärgeheimdienst, von dem wir zunächst glauben sollen, er sei nur unterwegs, die irre gewordene Truppe wieder einzufangen und sicher nach Hause zu bringen, wird die Geschichte zusehends zur Räuberpistole. Leider zu einer Räuberpistole mit hohem, aber nicht hinreichend begründetem Moralgehalt. Gewiss, der Krieg in Afghanistan ist schrecklich, für die Zivilgesellschaft sowieso, aber auch für Soldaten, die doch eigentlich Freiheit und Sicherheit dort etablieren wollen. Das wäre Stoff und Dilemma genug, aber Jensen will hier auf richtige, schwere Kulturkritik hinaus, was seinem Roman etwas unnötig Großspuriges verleiht.
Im Herzen dieser Finsternis befindet sich die Drohne, und Schrøder, der Commander Kurtz von Helmand, ist vielleicht ja der Herr über alle Drohnen, der Ober-Hacker, auf dessen Tastendruck ein ganzes Land in Stücke springt. Das liest sich an vielen Stellen so oder ähnlich: „Aber Schrøder? Er ist einer der einsamen Buhmänner des Cyberkriegs. Er ist kein Guerillakrieger im Netz, denn er hat keine Pläne, keine revolutionären Programme, die er durchsetzen will. Er strebt nach nichts. Warum sich der Anstrengung unterziehen, sich eine Waffe zu beschaffen, warum Energie verschwenden, einen Abzug zu betätigen, wenn es im Netz vom Gedanken bis zur Tat nur eines Klicks bedarf, und du bist im Pentagon eingebrochen“, und so weiter.
Schlimmer als Leute mit Motiven und Programmen sind also Cyber-Nihilisten, wild gewordene Gamer, die, selbst wenn sie zum Islam konvertieren, das nur aus einem Spielkalkül heraus tun. Lobt man sich da die ehrlichen Krieger, die ihre Gräueltaten noch aus idealistischen Beweggründen begingen, Nazis etwa? Jedenfalls hat Jensen ein Thema, das groß und wichtig genug wäre, aus der Hand gegeben und ist stattdessen dem Großklischee vom Krieg als Videospiel aufgesessen.
Man wundert sich dann immer weniger, wenn Jensen im Fortgang alle Brücken der Wahrscheinlichkeit hinter sich abreißt. Muss ein afghanischer Junge des Englischen mächtig sein, hat er sich das in der Wüste von Helmand mittels Youtube selbst beigebracht. Eine allein durch die Gegend irrende Frau mit einer Menge nützlicher Kenntnisse muss ihr Wissen irgendwann in Kabuls besseren Zeiten erworben haben. Und wenn der Militärspion mal eben auf die Spur des verloren gegangenen dritten Zuges irgendwo im südwestlichen Afghanistan kommen will, genügen ihm dafür zwei, drei zweckdienliche Hinweise aus der dörflichen Bevölkerung. Fast ist es, als würde die Romanhandlung vom Autor selbst mit dem Joystick dirigiert. Anders ist nicht zu erklären, wenn am Ende die Dänen selbst es sind, die zum Stein greifen (eine typisch afghanische Tötungsart, wie wir gelernt haben), nicht zum ersten, aber zum letzten.
Carsten Jensen: Der erste Stein. Roman. Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg. Albrecht Knaus Verlag, München 2017. 640 Seiten, 26 Euro. E-Book 20,99 Euro.
In der Ödnis könnte
jederzeit das
große Abenteuer aufblitzen
Der afghanische Junge hat
sich natürlich Englisch mittels
Youtube selbst beigebracht
Zu den Großklischees unserer Zeit gehört die Vorstellung, der Krieg sei ein Videospiel. Dem Roman von Carsten Jensen wird dieses Klischee zum Verhängnis. Ein Militärkonvoi im Distrikt Kandahar im Mai 2017.
Foto: AFP
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.07.2017

Drachentöter, auf nach Kabul
Carsten Jensen zieht mit Dänen an den Hindukusch

Was in Afghanistan passiert, was der Krieg mit dem Land und den ausländischen Soldaten macht, die dort stationiert sind, ist auch sechzehn Jahre nach dem 11. September so schwer greifbar, dass jeder Roman zum Thema begrüßt werden muss. Weshalb? Weil Literaten, um den Wahnsinn des Krieges zu erfassen und den Mensch in der Maschine zu beschreiben, im Zweifel andere Antennen und Ausdrucksmöglichkeiten haben als Journalisten, Politologen und Sachbuchautoren. Und weil wir für Sachbücher und Reportagen im weltpolitischen Nachrichtengewitter kaum noch empfänglich sind.

Ob die Romane, die dann in die Buchläden kommen, wie Dirk Kurbjuweits Buch "Kriegsbraut" (2011) oder Norbert Scheuers "Die Sprache der Vögel" (2015), die Erwartungen in dieser Hinsicht erfüllen, sei dahingestellt. Jedenfalls liegt nun ein weiterer vor: Carstens Jensens knallharte Geschichte "Der erste Stein", die dänischen Soldaten folgt, bis sie weit von ihrem Lager entfernt sind.

Der Schriftsteller, der von der Ostsee-Insel Ærø stammt und mit der Seefahrer-Saga "Wir Ertrunkenen" weltbekannt wurde, nahm sich viel vor. Er folgt dem Thema seit langem, verbrachte 2009 einige Wochen mit dänischen Soldaten in Helmland, reiste 2013 mit einem in Afghanistan erfahrenen Journalisten durchs Land. Die Liste der Literatur, die Jensen durchgrub, ist beeindruckend lang. Und beeindruckend ist auch der Auftakt: Schnittig erzählt Jensen von zwei Dutzend dänischen Soldaten, die in ihrem Lager gegen die Monotonie kämpfen, den Unterschied zwischen Kampfeinsätzen und Konsolespielen diskutieren und Hightech-Gadgets vergleichen. Die Tage vergehen so langsam und routiniert, dass sich manch einer nach einem Einsatz sehnt, der diesen Namen verdient: "Lieber Gott, zum Teufel, verschaff uns ein bisschen Action."

Aber die Sprüche bereuen sie bald. Denn Jensen nähert sich unaufhaltsam den Grausamkeiten des Krieges, und der Leser muss mit, denn er will sie ihm zeigen. Der erste Tote der Geschichte ist ein Taliban, der einen beliebten nordischen Marken-Rucksack trägt; ein Detail, das dem Schützen schwer zusetzt. Der zweite ist ein Kamerad, der von einer Straßenmine zerfetzt wird, der dritte der Mann, der ihn im Kugelfeuer zu retten versuchte.

Die Situation eskaliert. Die Dänen machen Fehler. Sie verlieren die Gunst von Verbündeten, töten Zivilisten aus Nervosität. Sie töten weitere, als ein von ihnen bestellter amerikanischer Raketenangriff auch Frauen und Kinder erfasst, werden so, wie sie nie werden wollten, stumpfen ab. Und über allem die Angst, die eigenen Familien in Dänemark könnten ins Fadenkreuz dort lebender Terroristen geraten.

Hier hätte der Roman gerne breiter erzählen können, wie das Land zu einem Kriegseinsatz in Afghanistan kam und was man dort mit Dänemark verbindet, dem Land der Mohammed-Karikaturen. Aber Dänemark wird nur gestreift. Die dänische Afghanistan-Politik flackert nur auf, wenn etwa der Zugführer erläutert, dass wir "wegen der Afghanen" hier sind: "Versucht sie euch als Teil eurer Gruppe vorzustellen." Wenn der dänische Oberkommandierende, stolz auf seine Erfahrungen im Gemeinderat auf Bornholm, die Dinge in der Wüste "zum Laufen bringen" zu können hofft. Wenn der Militärseelsorger im Lager seine Soldaten als Drachentöter bezeichnet. Er glaubt, dass sich der "große Weltenbrand", der 2001 begann, bis nach Dänemark ausbreiten kann. Bei den Figuren schnitzt Jensen nicht fein, sondern enttäuschend grob.

Schwieriger sind die Längen, die der Roman trotz eines überraschendes Twists der Handlung bekommt. Der Autor bemerkt das. Er zieht nach 350 Seiten einen weiteren Protagonisten aus dem Hut, für den er auch die Erzählperspektive zeitweilig wechselt. Doch der Effekt verpufft schnell, und die Geschichte in der Geschichte wirkt durch unglaubliche familiäre Verwicklungen furchtbar gekünstelt.

"Der erste Stein" ist so eher nicht der große Antikriegsroman, der er sein will; eher ein passabler, auf Bestseller gebürsteter Thriller, in dem Soldaten wie Soldaten reden und auch das Liebesleben der einzigen Frau im Team, einer per Schnupperkurs zur Armee geratenen Skaterin, nicht zu kurz kommen darf: "Sie spürt das Pochen zwischen den Beinen." Der Mann ihrer Wahl ist ein vormaliger Killerspiel-Entwickler, der zusehends Colonel-Kurtz-Attitüden entwickelt.

Die Botschaft Jensens ist gleichwohl präsent: Aus einem Krieg kommt auch im Zeitalter ständig laufender Helmkameras niemand mit sauberen Händen heraus. Hier gibt es nur Leid und Brutalität, wird alles nur schlimmer statt besser. "So wenig wussten sie über die dunklen Winkel des Daseins, dass sie freiwillig in den Krieg gezogen sind, nur um mal zu sehen, wie das so ist", heißt es über die Dänen, die durchs karge Afghanistan streichen. "Nun wissen sie, was Krieg ist, buchstäblich ein Schlachthaus, in dem niemand geschont wird, auch die Schlachtergesellen nicht."

MATTHIAS HANNEMANN

Carsten Jensen:

"Der erste Stein". Roman.

Aus dem Dänischen von

Ulrich Sonnenberg. Knaus Verlag, München 2017. 638 S., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Der wüstentrockene, unerbittlich reportagehafte Stil, die trotz ihrer Vielzahl großartig gezeichneten Figuren, die Kenntnis der Lage - all das macht 'Der erste Stein' zu einem herausragenden Buch." Deutschlandfunk Kultur, Tobias Gohlis