Der Erste Weltkrieg in Farbe
Mit Bildern von allen wichtigen Autochrom-Fotografen der damaligen Zeit
Das Geschehen im Ersten Weltkrieg wurde auf allen Seiten der Front millionenfach im Bild festgehalten. Seither sind Tausende von Büchern mit Schwarz-Weiß-Fotos über die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" erschienen.
Kaum bekannt ist jedoch, dass es durch die von den Brüdern Lumière 1903 patentierten Autochrom-Technik damals schon möglich war, in Farbe zu fotografieren. Zum ersten Mal werden in diesem Band anlässlich des 100. Jahrestags des Kriegsausbruchs die wichtigsten Ereignisse jener Zeit durchgehend in Farbe gezeigt - von der Mobilmachung 1914 bis zu den Siegesfeiern in Paris, London und New York 1919.
Zusammengetragen aus Archiven in Europa, den USA und Australien, illustrieren über 350 Farbfotos den Alltag und die Schrecken des Krieges an der Front und im Hinterland. Entstanden sind diese einmaligen Aufnahmen vor allem in Frankreich, Belgien und Deutschland, aber auch in Russland, der Schweiz, Italien, England, den Niederlanden, in Palästina, Algerien, Tunesien, Saudi-Arabien und in den USA.
Der Band enthält Bilder aller bedeutenden Autochrom-Fotografen des Ersten Weltkriegs, darunter Paul Castelnau, Fernand Cuville, Jules Gervais-Courtellemont, Léon Gimpel, Hans Hildenbrand, Frank Hurley, Jean-Baptiste Tournassoud und Charles C. Zoller. So werden vier schicksalshafte Jahre, die bisher nur aus Schwarz-Weiß-Aufnahmen bekannt war, im Abstand eines Jahrhunderts in authentischen Farben lebendig.
Der Autor:
Peter Walther hat verschiedene Publikationen zu literatur-, fotografie- und zeitgeschichtlichen Themen herausgegeben. Dazu gehören Bücher über Goethe, Fontane, Thomas Mann, über Schriftsteller im Ersten Weltkrieg sowie verschiedene Bildbände mit historischen Farbaufnahmen. Er hat als Kurator diverser Ausstellungen gewirkt. Sein spezielles Interesse gilt den frühen Techniken der Farbfotografie.
Mit Bildern von allen wichtigen Autochrom-Fotografen der damaligen Zeit
Das Geschehen im Ersten Weltkrieg wurde auf allen Seiten der Front millionenfach im Bild festgehalten. Seither sind Tausende von Büchern mit Schwarz-Weiß-Fotos über die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" erschienen.
Kaum bekannt ist jedoch, dass es durch die von den Brüdern Lumière 1903 patentierten Autochrom-Technik damals schon möglich war, in Farbe zu fotografieren. Zum ersten Mal werden in diesem Band anlässlich des 100. Jahrestags des Kriegsausbruchs die wichtigsten Ereignisse jener Zeit durchgehend in Farbe gezeigt - von der Mobilmachung 1914 bis zu den Siegesfeiern in Paris, London und New York 1919.
Zusammengetragen aus Archiven in Europa, den USA und Australien, illustrieren über 350 Farbfotos den Alltag und die Schrecken des Krieges an der Front und im Hinterland. Entstanden sind diese einmaligen Aufnahmen vor allem in Frankreich, Belgien und Deutschland, aber auch in Russland, der Schweiz, Italien, England, den Niederlanden, in Palästina, Algerien, Tunesien, Saudi-Arabien und in den USA.
Der Band enthält Bilder aller bedeutenden Autochrom-Fotografen des Ersten Weltkriegs, darunter Paul Castelnau, Fernand Cuville, Jules Gervais-Courtellemont, Léon Gimpel, Hans Hildenbrand, Frank Hurley, Jean-Baptiste Tournassoud und Charles C. Zoller. So werden vier schicksalshafte Jahre, die bisher nur aus Schwarz-Weiß-Aufnahmen bekannt war, im Abstand eines Jahrhunderts in authentischen Farben lebendig.
Der Autor:
Peter Walther hat verschiedene Publikationen zu literatur-, fotografie- und zeitgeschichtlichen Themen herausgegeben. Dazu gehören Bücher über Goethe, Fontane, Thomas Mann, über Schriftsteller im Ersten Weltkrieg sowie verschiedene Bildbände mit historischen Farbaufnahmen. Er hat als Kurator diverser Ausstellungen gewirkt. Sein spezielles Interesse gilt den frühen Techniken der Farbfotografie.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2014In Flanderns Farben
Fotobücher vom Ersten Weltkrieg waren in der Weimarer Republik sehr beliebt, auch unter ehemaligen Soldaten. Warum?
Von Tilman Spreckelsen
Zwei schwere Bände im Regal des Großvaters, zweimal "Der Weltkrieg im Bild": Der eine Band enthält Fotos aus dem Archiv des deutschen "Kriegs-Bild und Filmamtes", der andere zeigt Aufnahmen aus den Beständen der Entente. Der Großvater, der damals praktisch von der Schulbank in den Krieg gezogen war, hatte später die Bücher bis zuletzt aufgehoben, siebzig Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Wahrscheinlich nicht nur er: Angesichts der zahlreichen Exemplare von "Der Weltkrieg im Bild", die noch heute antiquarisch angeboten werden, scheinen die edlen Halblederbände mit den durch Transparentpapier geschützten Tiefdruckfotos damals reißenden Absatz gefunden zu haben - aber warum? Was war so attraktiv an Büchern, die einem Exsoldaten oder seinen Angehörigen noch einmal die Hölle vor Augen führten, die er doch gerade überstanden hatte?
Tatsächlich gab es während und vor allem nach dem verlorenen Krieg eine Fülle von Publikationen, die angetreten waren, die Geschichte der jahrelangen Kämpfe zu erzählen. Allen voran die 34-bändige Buchreihe "Schlachten des Weltkriegs", die der Reichsarchivrat und Major a. D. George Soldan zwischen 1921 und 1930 herausgab und die pro Band jeweils ein militärisches Aufeinandertreffen unter Titeln wie "Das Marnedrama 1914" oder "Die Tragödie von Verdun 1916, I. Teil" in Wort und Bild dokumentiert.
Oder eben der fotografische Überblick in "Der Weltkrieg im Bild", ebenfalls herausgegeben von George Soldan. Warum "im Bild"? In seinem Vorwort schreibt Soldan: "Wir alle sind, die Prachtgemälde deutscher Künstler aus vergangenen Kriegszeiten im Geiste vor uns tragend, in das Völkerringen hinausgezogen, um nur allzubald zu erfahren, daß der Krieg anders war, als wir ihn uns gedacht hatten." Nach der Erfahrung mit den trügerischen Gemälden urteilte Soldan nun: "Tatsachen kündet nur die Photographie, die möglichst während, oder spätestens unmittelbar nach der Kampfhandlung entstand." Dass es ihm dabei allerdings gerade nicht um "Tatsachen", um einen objektiven Blick auf das Kriegsgeschehen ging, sondern um einen durchaus interessegeleiteten, zeigt eine Denkschrift, die Soldan 1919 im Reichsarchiv verfasste, um derartige Publikationen anzuregen. Darin heißt es, die Erinnerung an das "Schöne und Erhabene" des Krieges müsse wachgehalten werden, damit "aus gemeinsam ertragenem Glück und Unglück deutschnationales Empfinden erwachsen" könne. Der 1878 geborene Soldan, später im NS-Staat als Schriftleiter der Zeitschrift "Deutsche Wehr" und als Kriegsberichterstatter tätig, begründete in der Einleitung zu "Der Weltkrieg im Bild" dann auch, warum die Fotos in den von ihm edierten Bänden als Produkte offiziell beauftragter Fotografen den zahlreichen Privataufnahmen der Soldaten überlegen seien, wenn es um authentische Dokumentation des Krieges geht: "Je wilder die Schlacht tobte, desto mehr vergaßen wir jenen kleinen Apparat, der unser Kämpfen im Bilde festhalten sollte, und gedachten wir seiner, wenn einmal Eindrücke überwältigendster Art geradezu nach Festhaltung im Bilde schrien - dann hemmte die Wucht desselben Erlebnisses unsere Hand." Natürlich ging es da um Kontrolle, um die Deutungshoheit über ein damals immer noch heftig umstrittenes Geschehen. An Farbaufnahmen dachte Soldan dabei nicht, seine gewichtigen Fotobände enthielten Schwarzweißfotos, gern im Kupfertiefdruck reproduziert. Doch unter den Kriegsberichterstattern auf beiden Seiten der Front waren einige, die mit dem 1903 zum Patent angemeldeten Autochrome-Verfahren der Brüder Lumière das Kriegsgeschehen festhielten. Bei dieser Methode wurden winzige Partikel Kartoffelstärke in den drei Grundfarben koloriert und anschließend auf eine Glasplatte geklebt - die Lücken zwischen den Körnchen wurden mit Kohlestäubchen bedeckt. Darüber kam noch eine weitere Schicht aus Silberbromid und Gelatine. Fiel nun Licht auf die Glasplatte, ließen die unterschiedlich eingefärbten Körnchen als Farbfilter jeweils die entsprechende Farbe passieren, und die Platte wurde an dieser Stelle belichtet. Aus den vielen kleinen Pünktchen ergab sich so ein Bild - ähnlich wie ein pointillistisches Gemälde, nur eben in viel feinerer Auflösung. Und mit dem Unterschied, dass hier die Partikel in den drei Grundfarben in ihrer jeweils unterschiedlichen Zusammensetzung sämtliche andere Farben erzeugten. Das Resultat sind Glasdias, die sich hervorragend projizieren, in speziellen Geräten anschauen und im Druck reproduzieren ließen.
1907 kam das Verfahren auf den Markt, die Brüder Lumière konnten trotz des aufwendigen und teuren Herstellungsprozesses kurz vor Kriegsbeginn täglich bis zu 6000 Autochrome-Fotoplatten produzieren. Amateure und professionelle Fotografen setzten sie ein (oder griffen zu Produkten der rasch aufkommenden Konkurrenz), obwohl die benötigte Belichtungszeit sehr viel länger war als bei den damals üblichen Verfahren zur Schwarzweißfotografie. Schnappschüsse ließen sich damit nicht machen, jedes Motiv wirkte statisch. Und ähnlich wie bei den Aufnahmen, die ein gutes halbes Jahrhundert zuvor während des Krim-Kriegs entstanden waren (Sonntagszeitung v. 9. März), hatten die Fotografen mit Kampfhandlungen nichts zu tun.
Dieser Tage ist nun ein Band erschienen, der erstmals umfangreich zeigt, welche Farbaufnahmen unmittelbar vor, im und kurz nach dem Ersten Weltkrieg entstanden sind. Der Potsdamer Historiker Peter Walther hat dafür Archive der wichtigsten am Krieg beteiligten Nationen konsultiert und Bilder zutage gefördert, von denen ein großer Teil bislang unveröffentlicht geblieben war. Sie zeigen Soldaten in anfangs bunten Uniformen, deren auffällige Farben im Verlauf des Kriegs verschwinden, Unterstände und Schanzanlagen, die bei aller Gefahr geradezu behaglich wirken, zerstörte Gebäude, die die Barbarei des Gegners festhalten sollen, und Zivilisten in den teils evakuierten Städten, die das alles gar nicht fassen können, was um sie geschieht, und die nun stoisch für den Fotografen posieren. Auch hier galt im Übrigen, wie offenbar in den Schwarzweißaufnahmen von der Front, das Dokumentieren von Toten als unerwünscht - von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Hätten auch diese Bilder zu Propagandazwecken getaugt? Eine Feier des Militärs, der Kanonen, Tanks und Flugzeuge lassen sie nicht zu, dafür sind sie naturgemäß zu still. Aber die Spuren, die der Erste Weltkrieg hinterließ, wenn die Front einmal weitergezogen war, sind ihnen eingeschrieben. Und das hat man selten so eindrucksvoll gesehen wie hier.
Der Bildband "Der Erste Weltkrieg in Farbe" wurde von Peter Walther herausgegeben und ist im Taschen-Verlag erschienen (Köln 2014, 384 S., 39,99 [Euro]).
Literatur: Sandra Oster, "Krieg und Frieden im Foto-Text-Buch der Weimarer Republik". In: Non Fiktion 8,2/9,1, S. 125-145.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Fotobücher vom Ersten Weltkrieg waren in der Weimarer Republik sehr beliebt, auch unter ehemaligen Soldaten. Warum?
Von Tilman Spreckelsen
Zwei schwere Bände im Regal des Großvaters, zweimal "Der Weltkrieg im Bild": Der eine Band enthält Fotos aus dem Archiv des deutschen "Kriegs-Bild und Filmamtes", der andere zeigt Aufnahmen aus den Beständen der Entente. Der Großvater, der damals praktisch von der Schulbank in den Krieg gezogen war, hatte später die Bücher bis zuletzt aufgehoben, siebzig Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Wahrscheinlich nicht nur er: Angesichts der zahlreichen Exemplare von "Der Weltkrieg im Bild", die noch heute antiquarisch angeboten werden, scheinen die edlen Halblederbände mit den durch Transparentpapier geschützten Tiefdruckfotos damals reißenden Absatz gefunden zu haben - aber warum? Was war so attraktiv an Büchern, die einem Exsoldaten oder seinen Angehörigen noch einmal die Hölle vor Augen führten, die er doch gerade überstanden hatte?
Tatsächlich gab es während und vor allem nach dem verlorenen Krieg eine Fülle von Publikationen, die angetreten waren, die Geschichte der jahrelangen Kämpfe zu erzählen. Allen voran die 34-bändige Buchreihe "Schlachten des Weltkriegs", die der Reichsarchivrat und Major a. D. George Soldan zwischen 1921 und 1930 herausgab und die pro Band jeweils ein militärisches Aufeinandertreffen unter Titeln wie "Das Marnedrama 1914" oder "Die Tragödie von Verdun 1916, I. Teil" in Wort und Bild dokumentiert.
Oder eben der fotografische Überblick in "Der Weltkrieg im Bild", ebenfalls herausgegeben von George Soldan. Warum "im Bild"? In seinem Vorwort schreibt Soldan: "Wir alle sind, die Prachtgemälde deutscher Künstler aus vergangenen Kriegszeiten im Geiste vor uns tragend, in das Völkerringen hinausgezogen, um nur allzubald zu erfahren, daß der Krieg anders war, als wir ihn uns gedacht hatten." Nach der Erfahrung mit den trügerischen Gemälden urteilte Soldan nun: "Tatsachen kündet nur die Photographie, die möglichst während, oder spätestens unmittelbar nach der Kampfhandlung entstand." Dass es ihm dabei allerdings gerade nicht um "Tatsachen", um einen objektiven Blick auf das Kriegsgeschehen ging, sondern um einen durchaus interessegeleiteten, zeigt eine Denkschrift, die Soldan 1919 im Reichsarchiv verfasste, um derartige Publikationen anzuregen. Darin heißt es, die Erinnerung an das "Schöne und Erhabene" des Krieges müsse wachgehalten werden, damit "aus gemeinsam ertragenem Glück und Unglück deutschnationales Empfinden erwachsen" könne. Der 1878 geborene Soldan, später im NS-Staat als Schriftleiter der Zeitschrift "Deutsche Wehr" und als Kriegsberichterstatter tätig, begründete in der Einleitung zu "Der Weltkrieg im Bild" dann auch, warum die Fotos in den von ihm edierten Bänden als Produkte offiziell beauftragter Fotografen den zahlreichen Privataufnahmen der Soldaten überlegen seien, wenn es um authentische Dokumentation des Krieges geht: "Je wilder die Schlacht tobte, desto mehr vergaßen wir jenen kleinen Apparat, der unser Kämpfen im Bilde festhalten sollte, und gedachten wir seiner, wenn einmal Eindrücke überwältigendster Art geradezu nach Festhaltung im Bilde schrien - dann hemmte die Wucht desselben Erlebnisses unsere Hand." Natürlich ging es da um Kontrolle, um die Deutungshoheit über ein damals immer noch heftig umstrittenes Geschehen. An Farbaufnahmen dachte Soldan dabei nicht, seine gewichtigen Fotobände enthielten Schwarzweißfotos, gern im Kupfertiefdruck reproduziert. Doch unter den Kriegsberichterstattern auf beiden Seiten der Front waren einige, die mit dem 1903 zum Patent angemeldeten Autochrome-Verfahren der Brüder Lumière das Kriegsgeschehen festhielten. Bei dieser Methode wurden winzige Partikel Kartoffelstärke in den drei Grundfarben koloriert und anschließend auf eine Glasplatte geklebt - die Lücken zwischen den Körnchen wurden mit Kohlestäubchen bedeckt. Darüber kam noch eine weitere Schicht aus Silberbromid und Gelatine. Fiel nun Licht auf die Glasplatte, ließen die unterschiedlich eingefärbten Körnchen als Farbfilter jeweils die entsprechende Farbe passieren, und die Platte wurde an dieser Stelle belichtet. Aus den vielen kleinen Pünktchen ergab sich so ein Bild - ähnlich wie ein pointillistisches Gemälde, nur eben in viel feinerer Auflösung. Und mit dem Unterschied, dass hier die Partikel in den drei Grundfarben in ihrer jeweils unterschiedlichen Zusammensetzung sämtliche andere Farben erzeugten. Das Resultat sind Glasdias, die sich hervorragend projizieren, in speziellen Geräten anschauen und im Druck reproduzieren ließen.
1907 kam das Verfahren auf den Markt, die Brüder Lumière konnten trotz des aufwendigen und teuren Herstellungsprozesses kurz vor Kriegsbeginn täglich bis zu 6000 Autochrome-Fotoplatten produzieren. Amateure und professionelle Fotografen setzten sie ein (oder griffen zu Produkten der rasch aufkommenden Konkurrenz), obwohl die benötigte Belichtungszeit sehr viel länger war als bei den damals üblichen Verfahren zur Schwarzweißfotografie. Schnappschüsse ließen sich damit nicht machen, jedes Motiv wirkte statisch. Und ähnlich wie bei den Aufnahmen, die ein gutes halbes Jahrhundert zuvor während des Krim-Kriegs entstanden waren (Sonntagszeitung v. 9. März), hatten die Fotografen mit Kampfhandlungen nichts zu tun.
Dieser Tage ist nun ein Band erschienen, der erstmals umfangreich zeigt, welche Farbaufnahmen unmittelbar vor, im und kurz nach dem Ersten Weltkrieg entstanden sind. Der Potsdamer Historiker Peter Walther hat dafür Archive der wichtigsten am Krieg beteiligten Nationen konsultiert und Bilder zutage gefördert, von denen ein großer Teil bislang unveröffentlicht geblieben war. Sie zeigen Soldaten in anfangs bunten Uniformen, deren auffällige Farben im Verlauf des Kriegs verschwinden, Unterstände und Schanzanlagen, die bei aller Gefahr geradezu behaglich wirken, zerstörte Gebäude, die die Barbarei des Gegners festhalten sollen, und Zivilisten in den teils evakuierten Städten, die das alles gar nicht fassen können, was um sie geschieht, und die nun stoisch für den Fotografen posieren. Auch hier galt im Übrigen, wie offenbar in den Schwarzweißaufnahmen von der Front, das Dokumentieren von Toten als unerwünscht - von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Hätten auch diese Bilder zu Propagandazwecken getaugt? Eine Feier des Militärs, der Kanonen, Tanks und Flugzeuge lassen sie nicht zu, dafür sind sie naturgemäß zu still. Aber die Spuren, die der Erste Weltkrieg hinterließ, wenn die Front einmal weitergezogen war, sind ihnen eingeschrieben. Und das hat man selten so eindrucksvoll gesehen wie hier.
Der Bildband "Der Erste Weltkrieg in Farbe" wurde von Peter Walther herausgegeben und ist im Taschen-Verlag erschienen (Köln 2014, 384 S., 39,99 [Euro]).
Literatur: Sandra Oster, "Krieg und Frieden im Foto-Text-Buch der Weimarer Republik". In: Non Fiktion 8,2/9,1, S. 125-145.
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Nach einem ausführlichen Rückblick auf die Anfänge der Farbfotografie fragt Rezensent was Peter Walther eigentlich mit seinem Fotoband "Der Erste Weltkrieg in Farbe" vermitteln will. Leider nicht allzu viel, stellt der Rezensent bald fest. Denn auch wenn man denken könnte, dass durch Farbe die Authentizität des Gezeigten gesteigert würde, ist dem nicht so: Aufgrund der fehlenden Flexibilität des Apparates, mit dem die Autochrom-Bilder aufgenommen wurden, erklärt Düker, bilden die Aufnahmen lediglich durchkomponierte Stillleben und keine spontanen, kriegsnahen Momente ab. So würde die Dokumentation des Krieges nur um eine realitätsferne Perspektive ergänzt. Auch mit den allzu knappen Texten, die den "Prachtbildern" einfach informationsarm beigestellt sind, ist der Rezensent äußerst unzufrieden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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