Die mit über 22.000 Versen umfangreichste deutschsprachige Fabelsammlung im 16. Jahrhundert zeichnet sich nicht nur durch ihren Bestand an 400 Fabeln und Erzählungen, sondern auch durch ihre vielfältigen narrativen und diskursiven Formen aus. Aufgenommen werden ursprünglich fabelfremde, d.h. nicht äsopische, Erzählungen wie Fazetien, Mären, Witze oder Schwänke im Erzählteil und im zweiten Fabelteil Elemente wie Antiken- und Bibelzitate, Sprichwörter, Exempel, Erzählungen und ein Sprecher-Ich, das als Deutender wie als Erzähler auftritt. Wiewohl in allen größeren Literatur- und Autorlexika vertreten und in literaturhistorischen Abrissen berücksichtigt, ist in den letzten Jahrzehnten das Hauptwerk des ehemaligen Mönchs und protestantischen Pfarrers Burkard Waldis kaum Gegenstand einer literaturwissenschaftlichen Analyse gewesen. Die erste umfangreiche Untersuchung seit dem Erscheinen der Edition in dieser Reihe (2011) widmet sich auf der Grundlage von Quellen, Gattungstradition undTextgeschichte den Sammlungsmerkmalen, Autorisierungsstrategien und Deutungsmöglichkeiten der frühneuzeitlichen Fabel im 'Esopus'. Die besondere Aufmerksamkeit der Studie liegt auf dem moralisierenden zweiten Fabelteil, in dem der Sinn einer jeden Fabel konkretisiert wird, indem durch spezifische und unterschiedliche Verfahren belehrt, vereindeutigt, verallgemeinert und kommentiert wird. Die Studie verknüpft im Rahmen ihrer Analyse von Formen der Gattungstransformation, der Selbstautorisierung und Sinnkonstitution mikroanalytische Untersuchungen einzelner Fabeln mit der makroanalytischen Betrachtung des Gesamtwerks.
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"In ihrem Vorgehen zeichnet sich die Arbeit durch eine gelungene Skalierung zwischen Fabelerzählung,
affabulatio, Fabelsammlung und literarischem Kontext aus, die verschiedene Verfahren
der Sinnstiftung offenlegt. Mit ihrer Studie ergänzt Bozkaya die Waldisforschung so um eine
innovative und produktive Esopus-Lektüre, die Spannungsverhältnisse nicht vereindeutigt, sondern
gerade die zahlreichen Schieflagen von Erzählung und Didaxe zum Ausgangspunkt überzeugender
Interpretationen macht." Nico Kunkel in: Arbitrium 2/2024
affabulatio, Fabelsammlung und literarischem Kontext aus, die verschiedene Verfahren
der Sinnstiftung offenlegt. Mit ihrer Studie ergänzt Bozkaya die Waldisforschung so um eine
innovative und produktive Esopus-Lektüre, die Spannungsverhältnisse nicht vereindeutigt, sondern
gerade die zahlreichen Schieflagen von Erzählung und Didaxe zum Ausgangspunkt überzeugender
Interpretationen macht." Nico Kunkel in: Arbitrium 2/2024