Die Geschichte der Kirche beginnt mit einem Trauma: der Hinrichtung Jesu in Jerusalem. Dort hin waren ihm seine Anhänger und Anhängerinnen in der Erwartung gefolgt, er werde sich in der Hauptstadt als Messias erweisen, der neue König des jüdischen Volkes - gekommen, es von der römischen Herrschaft zu befreien. Doch die Römer hatten, weil er ihnen als Hochverräter erschien, kurzen Prozess mit ihm gemacht. Nun mussten, so schien es, die Jünger sich sagen: Wäre er der von Gott gesandte Messias gewesen, so hätte er nicht unter liegen können. Allein das konnte nicht das letzte Wort über ihn sein. Zu vielfältig meldeten sich die Erinnerungen: sein Wanderleben ohne materielle Sicherung, seine liberale Art, die "Torah" - die in der Bibel überlieferte Verfassung des jüdischen Volkes - auszulegen, seine Erwartung des nahen Beginns eines Lebens in Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen - und die von ihm begangenen Heilungen - offenbar großenteils Spontanheilungen. Aus diesem seelischenZwiespalt erwuchsen die Versuche, seinen Tod umzudeuten - bis dahin, dass er ihnen als das zentrale Heilsereignis erschien: das "Sühnopfer des neuen Bundes". Im Zuge dieser Umdeutung entstanden die Vorstellungen, die man summarisch als den Antijudaismus der Kirche bezeichnet. Sein Kern und Hauptmotiv: "Die" Juden sind schuld am Tode Jesu; ihr Establishment: Priester und Pharisäer haben ihn verkannt; sie haben ihn als Rebell und Irrlehrer betrachtet und den Römern ausgeliefert. So wurden sie zum - wie immer auch bösen - Werkzeug im göttlichen Heilsplan, der auf die Versöhnung aller Menschen ausging. Und sehr bald in der Urkirche begann der Hang, ihre Haltung zu der des Judentums im ganzen zu verallgemeinern. Auf diese Weise entstanden die Motive des Antijudaismus: [1] Die Juden sind kollektiv, als solche, schuld am Tode Jesu. [2] Hochmütig verweisen sie auf ihren Ursprung und fühlen sich seinetwegen von Gott bevorzugt und dem Rest der Menschheit überlegen. [3] Sie hängen an einer geistlos-starren Auslegung ihres "Gesetzes". Der erste Teil des Buches - "Ursprünge des christlichen Antijudaismus im Neuen Testament" - geht den im Neuen Testament vorhandenen Spuren dieser Motive nach: in der Apostelgeschichte, im Johannes-Evangelium, in den paulinischen Briefen. Im zweiten Teil des Buches - "Von Jesus" - werden diesem düsteren Eindruck zehn Studien über Texte aus dem Matthäus- und dem Markus -Evangelium gegenübergestellt, die zeigen, dass die Urkirche sich im Antijudaismus nicht erschöpfte, sondern in ihr andererseits die Erinnerung an die Art lebendig blieb, wie Jesus, im Judentum, als Jude gelebt, gedacht und gehandelt hatte.
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