Im November 1859 veröffentlichte der Theologe Charles Darwin sein Buch Die Entstehung der Arten. Hat die Idee von einem Schöpfergott seitdem ausgedient? Der Jesuit und Biologe Christian Kummer zeigt, dass Evolutionstheorie und Gottesglaube sich nicht ausschließen, sondern im Gegenteil aufeinander angewiesen sind.
Immer noch glauben bibeltreue Christen an die Schöpfung, wie sie in der Bibel erzählt wird, und lehnen die naturwissenschaftliche Evolutionstheorie nach Darwin strikt ab. Diese Haltung, so Christian Kummer, sei ein "akademischer Ladenhüter", der noch immer politischen Sprengstoff in sich berge. Seiner Meinung nach sollten Naturwissenschaft und Religion miteinander im Gespräch bleiben. Sie sind geradezu aufeinander angewiesen. Denn die großen ethischen Fragen unserer Zeit, zum Beispiel Lebensschutz oder Stammzellforschung, kann man nicht ohne biologisches Wissen beantworten. Und unsere wissenschaftlich-technische Zukunft lässt sich ohne ein religiös geprägtes Verantwortungsethos nicht human gestalten.
Immer noch glauben bibeltreue Christen an die Schöpfung, wie sie in der Bibel erzählt wird, und lehnen die naturwissenschaftliche Evolutionstheorie nach Darwin strikt ab. Diese Haltung, so Christian Kummer, sei ein "akademischer Ladenhüter", der noch immer politischen Sprengstoff in sich berge. Seiner Meinung nach sollten Naturwissenschaft und Religion miteinander im Gespräch bleiben. Sie sind geradezu aufeinander angewiesen. Denn die großen ethischen Fragen unserer Zeit, zum Beispiel Lebensschutz oder Stammzellforschung, kann man nicht ohne biologisches Wissen beantworten. Und unsere wissenschaftlich-technische Zukunft lässt sich ohne ein religiös geprägtes Verantwortungsethos nicht human gestalten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.02.2009Natürliche Wege
Der Untertitel des Buches, "Evolutionstheorie contra Schöpfungsglaube", ist eher irreführend. Denn worum es Christian Kummer geht, das ist gerade der Nachweis, dass von einem solchen Gegensatz nicht die Rede sein sollte. Um das vor Augen zu führen, unterzieht der theologisch-philosophisch genauso wie biologisch versierte Autor die neueren Versuche, in den Lücken evolutionsbiologischer Erklärungen Platz für "Intelligent design" (ID) oder gleich einen planenden Gott zu gewinnen, einer überzeugenden Kritik. Sie ist lesenswert auch deshalb, weil sie vor dem Hintergrund einer ganz untechnisch gehaltenen Darstellung neuerer evolutionsbiologischer Einsichten entfaltet wird. ID-Anhänger unterbieten freilich nicht nur die Biologie: Ihr Lückenbüßergott ist ersichtlich auch theologisch eine ärmliche Gestalt. Was der Autor dagegensetzt, sind Überlegungen zu einer Metaphysik der Natur, die auf Tuchfühlung mit Wissenschaft operiert. Metaphysik also, werden an dieser Stelle selbstbewusste Ritter der Wissenschaft vielsagend wiederholen, und noch dazu mit theologischen Hintergedanken! Doch Kummer weiß gut dagegenzuhalten nach dem Motto: Besser eine naturwissenschaftlich informierte Metaphysik der Natur versuchen als bloß - Stichwort "naturalistisches Weltbild" - naturwissenschaftliche Modellvoraussetzungen zu universaler Geltung, also uneingestandener Metaphysik, aufzublasen. Der Punkt geht an den Autor - und auch der von Glaubensfragen nicht bewegte Leser stellt fest, dass die traditionsreiche Bemühung um ein kohärentes Gefüge von biologischen Theorien und theologischen Perspektiven immer noch eine anregende Angelegenheit sein kann. (Christian Kummer: "Der Fall Darwin". Evolutionstheorie contra Schöpfungsglaube. Pattloch Verlag, Düsseldorf 2009. 303 S., Abb., geb., 19,95 [Euro].) hmay
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Untertitel des Buches, "Evolutionstheorie contra Schöpfungsglaube", ist eher irreführend. Denn worum es Christian Kummer geht, das ist gerade der Nachweis, dass von einem solchen Gegensatz nicht die Rede sein sollte. Um das vor Augen zu führen, unterzieht der theologisch-philosophisch genauso wie biologisch versierte Autor die neueren Versuche, in den Lücken evolutionsbiologischer Erklärungen Platz für "Intelligent design" (ID) oder gleich einen planenden Gott zu gewinnen, einer überzeugenden Kritik. Sie ist lesenswert auch deshalb, weil sie vor dem Hintergrund einer ganz untechnisch gehaltenen Darstellung neuerer evolutionsbiologischer Einsichten entfaltet wird. ID-Anhänger unterbieten freilich nicht nur die Biologie: Ihr Lückenbüßergott ist ersichtlich auch theologisch eine ärmliche Gestalt. Was der Autor dagegensetzt, sind Überlegungen zu einer Metaphysik der Natur, die auf Tuchfühlung mit Wissenschaft operiert. Metaphysik also, werden an dieser Stelle selbstbewusste Ritter der Wissenschaft vielsagend wiederholen, und noch dazu mit theologischen Hintergedanken! Doch Kummer weiß gut dagegenzuhalten nach dem Motto: Besser eine naturwissenschaftlich informierte Metaphysik der Natur versuchen als bloß - Stichwort "naturalistisches Weltbild" - naturwissenschaftliche Modellvoraussetzungen zu universaler Geltung, also uneingestandener Metaphysik, aufzublasen. Der Punkt geht an den Autor - und auch der von Glaubensfragen nicht bewegte Leser stellt fest, dass die traditionsreiche Bemühung um ein kohärentes Gefüge von biologischen Theorien und theologischen Perspektiven immer noch eine anregende Angelegenheit sein kann. (Christian Kummer: "Der Fall Darwin". Evolutionstheorie contra Schöpfungsglaube. Pattloch Verlag, Düsseldorf 2009. 303 S., Abb., geb., 19,95 [Euro].) hmay
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