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Wer war Kaspar Hauser (ca. 1812-1833)? Ein verstoßener badischer Erbprinz? Oder lediglich ein "boshafter, lügnerischer" Filou, der die biedermeierlichen Bildungsbürger an der Nase herumführte? Der junge Mann ohne Vergangenheit, der knapp zwanzigjährig von einem unbekannten Täter niedergestochen wurde, faszinierte und polarisierte schon zu seinen Lebzeiten. Einerseits genoss er die Aufmerksamkeit der Wissenschaft, andererseits sah er sich von der Öffentlichkeit angefeindet.Das Buch zeichnet Hausers Lebensgeschichte anhand von Augenzeugenberichten und Vernehmungsprotokollen nach und diskutiert…mehr

Produktbeschreibung
Wer war Kaspar Hauser (ca. 1812-1833)? Ein verstoßener badischer Erbprinz? Oder lediglich ein "boshafter, lügnerischer" Filou, der die biedermeierlichen Bildungsbürger an der Nase herumführte? Der junge Mann ohne Vergangenheit, der knapp zwanzigjährig von einem unbekannten Täter niedergestochen wurde, faszinierte und polarisierte schon zu seinen Lebzeiten. Einerseits genoss er die Aufmerksamkeit der Wissenschaft, andererseits sah er sich von der Öffentlichkeit angefeindet.Das Buch zeichnet Hausers Lebensgeschichte anhand von Augenzeugenberichten und Vernehmungsprotokollen nach und diskutiert die unterschiedlichen Theorien über seine Herkunft aus neuen Blickwinkeln.
Autorenporträt
Anna Schiener, Dr. phil., (1955-2014), studierte Geschichte, Alte Sprachen und Archäologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Freiberufliche Autorin und Historikerin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.05.2010

Unglaublich
unaufgeklärt
Anna Schiener rollt den Fall
Kaspar Hauser noch einmal auf
Der Bursche hat tatsächlich gelebt, das ist sicher. Allein das. Alles andere aber, seine Herkunft, sein Tod und alles, was sich in den fünfeinhalb Jahren zwischen seinem offiziellen Eintritt in die Welt und seinem Ableben zutrug, ist rätselhaft und düster, und die meisten Geschichten, die sich um Kaspar Hauser ranken, basieren auf Behauptungen, Mutmaßungen, gewagten Interpretationen, Halbwahrheiten, Phantasie. Kaspar Hauser ist ein Fabelwesen geworden. Der Name hat sich verselbständigt als Synonym für weggesperrte Kinder. Dabei ist es überaus zweifelhaft, ob Hauser wirklich jahrelang eingekerkert war – und wenn, dann schon gar nicht bei Wasser und Brot, wie Hauser selbst glauben machen wollte. Kein Mensch hätte das überlebt.
Die Historikerin Anna Schiener rollt den Fall noch einmal auf. Das Buch ist in zwei Abschnitte gegliedert, genauso wie die gesamte Causa Hauser aus zwei Teilen besteht: Zum einen aus dem Leben der historischen Person selbst, zum anderen aus dem, was daraus zusammengesponnen wurde: der Schimäre. Bei der Darstellung der Jahre 1828 bis 1833, die Hauser in Nürnberg und Ansbach verbrachte, greift Anna Schiener hauptsächlich auf Quellen zurück, die seine Betreuer verfasst haben. Sie sind noch am verlässlichsten. Doch diese Überlieferungen können das Rätsel um diesen Jüngling nicht lösen. Im Gegenteil: Sie rufen nur neue Fragen hervor, da sie sich zum Teil widersprechen und oft auf äußerst subjektiver Wahrnehmung beruhen. Der eine glaubte Kaspar Hauser als einen gottlosen Lügner entlarvt zu haben, der andere hielt ihn für aufrichtig.
Nicht einmal die Umstände des Todes lassen sich klären. Was der eine Mediziner nach Inspektion der Leiche ausschloss, nämlich dass Hauser sich selbst ein Messer in die Brust rammte, hielt ein anderer für möglich.
Eines darf man von einem Buch über Kaspar Hauser auf keinen Fall erwarten: Aufklärung. Stattdessen löst es an vielen Stellen Staunen aus über Psychiater, Rechtsgelehrte, Polizisten, Geschichtswissenschaftler und solche, die sich dafür hielten. Sie alle haben mitgestrickt an dieser gigantischen Schimäre. In der Rezeptionsgeschichte tauchen Personen wie Queen Victoria auf, die davon überzeugt war, dass es sich bei Hauser um einen badischen Fürstensohn handelte. Im Grunde ist es nicht besonders neu, was Anna Schiener hier in der Art und Weise kriminologischer und phänomenologischer Zusammenschau präsentiert. Ähnlich hat der Historiker Ivo Striedinger den Fall Hauser bereits 1933 in einer Abhandlung für die Zeitschrift der bayerischen Landesgeschichte aufgearbeitet. Im Gegensatz zu Striedinger verzichtet Schiener jedoch weitgehend auf eigene Kommentierung und Interpretation im Wissen, dass jegliche Festlegung auf eine These über diesen seltsamen Gesellen vermessen wäre. Sie lässt die zahlreichen Quellenzitate für sich sprechen. Und was sagen sie? Dass nichts sicher ist, was diesen Kaspar Hauser angeht. Nicht einmal die in jüngerer Zeit angestellten DNS-Analysen geben Aufschluss.
Ein Urteil bleibt dem Leser überlassen. Und das lautet: Sehr wahrscheinlich machte dieser Hauser, der plötzlich anffing zu existieren und ebenso abrupt abtrat, eine Unzahl von Menschen verrückt, weil er selbst verrückt war. Ein Träumer, der wusste, womit er begeistern konnte – mit einer unglaublichen Geschichte. RUDOLF NEUMAIER
ANNA SCHIENER: Der Fall Kaspar Hauser. Verlag Friedrich Pustet, Regenbsurg 2010. 232 Seiten, 22 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Rudolf Naumaier baut allzu hochgegriffenen Erwartungen an dieses Buch der Historikerin Anna Schiener gleich vor: Auch hierin werde das Rätsel Kaspar Hauser nicht gelöst, Schiener versucht es nicht einmal und kümmert sich auch nicht sonderlich um die Versuche ihrer Vorgänger. Vielmehr beschränke sie sich darauf, das Leben Kaspar Hausers - so weit es die Quellen hergeben - darzustellen sowie das, was Nach- und Fachwelt daraus gemacht habaen. Der Darstellung des Rezensenten zufolge dürfte es dabei zu jedem Urteil oder Gutachten auch ein gegenteiliges geben, egal ob es von Ärzten, Juristen oder Kriminalisten stammt. Für Neumaier scheint sich seine eigene Interpretation zu bestätigen: dass es sich bei Hauser um einen verrückten Träumer handelte, der andere ebenfalls kirre machte.

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