Mit diesem Buch hält man ein Werk in den Händen, dass niemanden kalt lässt. Schon die Tatsache an sich, dass ein Kind verschwindet, ist schlimm und nicht nur für alle Beteiligten unfassbar, was aber anschließend bei der Suche nach dem Schuldigen geschah und während des Prozesses, spottet jeder
Beschreibung.
Während der Ermittlungen gibt es mehrere Thesen, die aufgestellt werden. Wollte Peggy weg…mehrMit diesem Buch hält man ein Werk in den Händen, dass niemanden kalt lässt. Schon die Tatsache an sich, dass ein Kind verschwindet, ist schlimm und nicht nur für alle Beteiligten unfassbar, was aber anschließend bei der Suche nach dem Schuldigen geschah und während des Prozesses, spottet jeder Beschreibung.
Während der Ermittlungen gibt es mehrere Thesen, die aufgestellt werden. Wollte Peggy weg von ihrer Mutter oder dem Stiefvater, der sie prügelte? Ist sie, als sie gesehen wurde, wie sie in ein Auto stieg, ein Missbrauchsopfer geworden oder ist sie gar nach Tschechien verschleppt worden, um dort an einen Zuhälter zu geraten?
Nachdem die Soko 1 mit keinem Täter aufwarten konnte, wird eine Soko 2 gebildet, mit der die Befragungen von vorn beginnen.
Nachdem diese mit Ahmed Yilmaz keine geständige Person vorweisen können und sein Alibi stichfest ist, schießen sie sich auf Ulvi Kulac. Unter höchst dubiosen Umständen erhalten sie von ihm ein Geständnis, auf das sie ihn festnageln, obwohl er es später widerruft.
Alle recherchierten Ermittlungsergebnisse werden so konstruiert, dass sie passend auf Ulvi zutreffen. Hinweise, dass Peggy zu späterer Zeit als dem von der Polizei festgelegten Todeszeitpunkt, von mehreren Personen noch gesehen wurden, wurden dem Gericht gar nicht erst vorgelegt oder als nicht wichtig erachtet.
Seitens der Ermittler gibt es einen festgelegten Tathergang, von dem auch durch Zeugenaussagen nicht abgewichen wird.
Der anschließende Prozess ist eine Farce. Dem Gericht stehen nicht alle Unterlagen zur Verfügung, was nicht stimmig war, wurde dem Gericht nicht vorgelegt. Selbst die Tatsache, dass ein Geständnis nur dann vor Gericht zugelassen ist, wenn es vor einem Richter geäußert wurde, wird umgangen.
Das Autorenduo Ina Jung und Christoph Lemmer hat sich intensiv mit dem Verschwinden von Peggy beschäftigt. Was dabei zu Tage kommt, haben sie in diesem Buch aufgeschrieben. Widersprüche und fehlende Hinweise fanden sie noch nach Jahren des Verschwindens von Peggy.
Da fragt man sich als Leser nicht nur einmal, wieso gab es zur damaligen Zeit keinen kompetenten Vertreter, der darauf aufmerksam gemacht hatte? Weder die Polizei noch das Gericht oder gar die Presse haben Anstalten gemacht, der wirklichen Wahrheit auf den Grund zu gehen. Die Öffentlichkeit forderte einen Schuldigen und der wurde ihr präsentiert. Dass es sich dabei aller Wahrscheinlichkeit um einen konstruierten Täter handelt, war dabei völlig egal.
Ein Kapitel des Buches bezieht sich auf das Thema, wie die Polizei Geständnisse produziert. Es macht Angst, wirklich Angst. Einige andere Beispiele neben dem vom Verschwinden Peggys werden benannt, wo es auch anders geht, aber es gibt auch Beispiele, wo eindeutig ein Fehlverhalten der polizeilichen Ermittlungen, der Staatsanwaltschaft und des Gerichts zu erkennen ist.
Dieses Buch ist ein Hinweis auf die absolute Inkompetenz der zuständigen Behörden, die im Fall Peggy ermittelt haben.
Nachdem die Ermittler sich auf ihren Täter eingeschossen haben, wurde nicht mehr ernsthaft nach dem wahren Täter gesucht. Die beiden Autoren sind auf eine Person gestoßen, die ebenfalls infrage gekommen wäre, aber die Ermittlungen wurden in diese Richtung eingestellt, weil man ja bereits einen "geständigen" Täter hatte.
Unglaubliches hat man nach der Lektüre des Buches an Wissen aufgenommen. Es zeigt einen Rechtsstaat, der es mit Recht und Gesetz unter Druck nicht so genau nimmt. Es wurden gravierende Fehler gemacht, Geständnisse unter Druck erpresst, Aussagen wurden widerrufen, weil sie der Polizei nicht gefielen.
Das Vertrauen in diesen Rechtsstaat kann man mit solchen Machenschaften nicht aufrecht erhalten. Wem kann man denn überhaupt noch trauen, wenn selbst die, die für Ordnung und Sicherheit sorgen sollen, sich die Wahrheit zurecht biegen?
Ich für meinen Teil bin wirklich entsetzt über das, was ich erfahren habe und es macht mich nachdenklich.