Studienarbeit aus dem Jahr 2023 im Fachbereich Politik - Sonstige Themen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit untersucht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall S.A.S. vs. France aus der Perspektive der offenen Laizität, wie sie von Jocelyn Maclure und Charles Taylor konzipiert wurde. Das Urteil, das das französische Verbot der Gesichtsverschleierung in der Öffentlichkeit bestätigte, hat weitreichende Diskussionen über die Balance zwischen individueller Religionsfreiheit und staatlicher Neutralität ausgelöst. Das Urteil unter dem Blickwinkel der offenen Laizität zu betrachten, bietet sich vor allem deshalb an, da Laizität als eines der Wesensmerkmale der Französischen Republik angesehen wird. Die offene Laizität stellt dabei eine alternative Konzeption des Verhältnisses zwischen Staat und Religion dar, die aufgrund der Notwendigkeit eines neutralen Staates in pluralistischen Gesellschaften, die Achtung der religiösen und moralischen Vielfalt als übergeordnetes Ziel der Laizität definiert. Um das Urteil einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, wird in einem ersten Schritt das Konzept der offenen Laizität nach Maclure und Taylor (2011) erläutert. Im Anschluss wird der Fall S.A.S vs France detailliert beschrieben, wobei der Fokus auf den rechtlichen Aspekten des Verbots der Gesichtsverschleierung in der französischen Öffentlichkeit, dem Rechtfertigungsargument des "vivre ensemble" der französischen Regierung und den Argumentationen des EGMR liegt. Daraufhin folgt eine kritische Analyse des Urteils des EGMR aus der Perspektive der offenen Laizität. Dabei werden insbesondere die Auswirkungen auf die individuelle Gewissensfreiheit und moralische Gleichheit, die Einhaltung des Neutralitätsgebots des Staates und die Förderung eines pluralistischen Zusammenlebens untersucht. Im Hinblick auf die offene Laizität wird dargelegt, dass der französische Staat mit dem Verbot der Gesichtsverschleierung die Achtung der moralischen Gleichheit und den Schutz der Gewissensfreiheit seiner Bürger nicht gewährleistet. Zudem erfüllt der Staat nicht die Neutralitätsanforderung der Laizität, da weder säkulare noch religiöse Wertvorstellungen bevorzugt oder benachteiligt werden sollten. Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Prinzipien der Laizität ¿ gleiche Achtung und Schutz der Gewissensfreiheit ¿ wurden in der Urteilsfindung nicht angemessen berücksichtigt.
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