Theodor Oberländer, geboren 1905, gehörte zur akademischen Elite des Nationalsozialismus. Er leitete seit 1933 das Institut für Osteuropäische Wirtschaft in Königsberg und wechselte 1937 in das Amt "Ausland/Abwehr" der Wehrmacht. Bei der Besetzung Osteuropas war er federführend. 1953 wurde er unter Adenauer als Minister ins Kabinett berufen. Er war Anfang 50, als Ost-Berlin ihn in einem Schauprozeß wegen Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilte. 1960 konnte ihn Adenauer deshalb nicht mehr als Minister halten. Philipp-Christian Wachs zeichnet erstmals das Porträt eines Mannes, der die junge Bundesrepublik mitgestaltet, doch ebenso die Schattenseite des neuen deutschen Staates mitverantwortet hat. Sein Leben war Teil der Geschichte beider deutscher Staaten und ihres Umgangs mit der Vergangenheit.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Einen faszinierenden Fall aus der Zeit des Kalten Kriegs scheint Philipp-Chrsitian Wachs hier aufgerollt zu haben. Staadt referiert in seiner weitgehend positiven Rezension erstmal, um wen es hier geht: Theodor Oberländer, Vertriebenenminister unter Adenauer, dem das DDR-Regime 1960 in Abwesenheit einen Schauprozess wegen Vorbereitung eines Angriffskriegs machte. Staadt schildert in Anlehnung an Wachs` Buch, Oberländers Wirken in der Nazi-Zeit, wo er als "Ostwissenschaftler" zum Teil andere Konzeptionen der Bevölkerungspolitik in Osteuropa verfocht als die SS. Kritisch merkt Staadt hier allerdings an, dass Wachs Oberländer, der ein überzeugter Nazi war, ein wenig zu sehr zum Widerstandskämpfer hochstilisiere und gar an die Seite des Grafen Stauffenbergs stellen wolle. Ein Widerstandskämpfer war er aber nicht. Dies müsse man auch dann einsehen, wenn man eingesteht, dass die Vorwürfe der DDR-Justiz gegen Oberländer manipuliert waren. Dennoch bescheinigt der Rezensent dem Buch eine reiche Informationsfülle, vor allem was die juristischen Nachspiele von Oberländers Karriere anging.
© Perlentaucher Medien GmbH
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