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Erstmals wird das Libretto der "Zauberflöte" in einem neuen Zusammenhang mit der Zeit- und Geistesgeschichte des späten 18. Jahrhunderts interpretiert. Mozart und sein Textdichter Schikaneder erweisen sich in Perls Untersuchung als engagierte Vertreter einer radikalen spätaufklärerischen Strömung, der Ideologie der Illuminaten, einem Geheimorden, zu dessen Wiener Organisationen Mozart in enger Verbindung stand. Wegen der rigorosen Zensur mussten die Autoren die Botschaft des Werkes tarnen: Die "Zauberflöte" wurde zum allegorischen Theater, in dem die handelnden Personen die beiden…mehr

Produktbeschreibung
Erstmals wird das Libretto der "Zauberflöte" in einem neuen Zusammenhang mit der Zeit- und Geistesgeschichte des späten 18. Jahrhunderts interpretiert. Mozart und sein Textdichter Schikaneder erweisen sich in Perls Untersuchung als engagierte Vertreter einer radikalen spätaufklärerischen Strömung, der Ideologie der Illuminaten, einem Geheimorden, zu dessen Wiener Organisationen Mozart in enger Verbindung stand. Wegen der rigorosen Zensur mussten die Autoren die Botschaft des Werkes tarnen: Die "Zauberflöte" wurde zum allegorischen Theater, in dem die handelnden Personen die beiden unversöhnlichen Mächte Klerus und Illuminaten verkörpern, die originalen Bühnenbilder lassen sich gar als Darstellung eines Salzburger Versammlungsortes des Ordens bestimmen. So stellt sich diese Oper in neuer Perspektive als einzigartiger Spiegel der politischen Ereignisse im josephinischen Österreich dar.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.05.2001

Papagenial
„Zauberflöte” entschlüsselt –
Mozarts Oper als Polit-Kassiber
Mozarts letzte Oper ist im deutschsprachigen Raum das meist gespielte und dabei das am wenigsten verstandene seiner Bühnenwerke. Es ist natürlich ziemlich evident, dass Taminos Wanderung per aspera ad astra „irgendetwas” auch mit Mozarts freimaurerischen Neigungen zu tun hat, aber die Unfähigkeit, allegorisch zu denken, führt bei Regie und Publikum zur Annahme, es handle sich um eine Märchenoper mit grandioser Musik, aber mehr oder weniger läppischen Texten.
Der Gedanke, die Zauberflöte sei gewissermaßen eine Oper mit doppeltem Boden, ist nicht neu. Neu ist allerdings der Nachweis ihrer allegorischen Durchstrukturierung, den Helmut Perl auf großartige Weise bietet. Mit der „Märchenoper” räumt er gründlich auf. So etwa steht die Königin der Nacht für die „Himmelskönigin”, und diese natürlich für die katholische Kirche. Die Nacht ist eine (auch heute noch gängige und nachvollziehbare) Metapher für Unbildung und Unwissenheit, in deren Kontraposition sich die Aufklärung und das Licht befinden. Auch Papageno ist eine Chiffre: „Papa steht für Papst und geno (gens, -tis) bedeutet Leute oder Volk, kann aber auch den Ursprung bezeichnen. Als Suffix -gen bedeutet die Silbe ,zeugend, nachbildend, erzeugt‘. Der Name Papageno meint also einen Menschen, der der Kirche unkritisch gegenübersteht, ... eben ein Geschöpf, wie es die Kirche nur wünschen kann, deren geistliches Oberhaupt der Papst ist.”
Mozart stand den so genannten Illuminaten nahe, einer freimaurerischen Spielart, die zunächst in Bayern, dann aber auch in Österreich schärfster Verfolgung ausgesetzt war. Folglich sahen er und sein ideologisch gleich ausgerichteter Textdichter Emanuel Schikaneder sich gezwungen, ihre Botschaften zu verschlüsseln. Streicht man also beim „Illuminat” die erste Silbe, kommt man bei leichter Modifikation auf Taminu ...
Nichts ist in Mozarts Oper bedeutungslos oder gar läppisch: Jedes Bild, fast jede gesprochene oder gesungene Silbe wirbt für die Sache der Aufklärung. Auch hierfür ein Beispiel. „In diesen heiligen Hallen...” Der rhetorische Akzent dieser berühmten Arie liegt raffinierterweise auf „diesen” – setzt sie dadurch logisch ab von jenen anderen Hallen, in denen man die Rache sehr wohl kennt. Mozart und Schikaneder schmuggelten mit ihrer Oper einen Kassiber unters Volk, den ausnahmslos alle gleich verstanden: das Publikum, aber vor allem auch der Klerus. Die Zauberflöte ist nämlich vor allen antiklerikal. Mozarts Schwägerin überlieferte, dass in dessen Todesnacht sich „diese christligen unmenschen lange” geweigert hätten zu kommen, ihn mit dem Sterbesakramenten zu versehen. Man hatte verstanden. Mozart war ein Illuminat. Mozart war ein Kirchenfeind.
Perls Analysen sind kundig und scharfsinnig, und wir freuen uns auf die erste Inszenierung der Zauberflöte nicht mehr als Märchenoper mit allerlei Sperenzchen, sondern als ein ernstes, hochpolitisches Werk. FRIEDEMANN KLUGE
HELMUT PERL: Der Fall „Zauberflöte”. Mozarts Oper im Brennpunkt der Geschichte. Atlantis Musikbuch-Verlag, Zürich Mainz 2000. 200 S. , 89 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wem die Zauberflöte als Märchenoper grade recht ist, der sollte das Buch vielleicht besser nicht lesen. Der Rezensent jedenfalls freut sich nach der Lektüre dieser "kundigen und scharfsinnigen Analysen" schon auf die erste Inszenierung nicht mehr als Sperenzchenstück, sondern als ein "ernstes, hochpolitisches Werk." Was ist geschehen? Zwar sei der Gedanke von der Oper mit doppeltem Boden nicht neu, erklärt Friedemann Kluge, neu sei allerdings der Nachweis der allegorischen Durchstrukturierung, wie ihn das Buch "auf großartige Weise" biete. Damit wir begreifen, bringt Kluge einige Beispiele: So stehe etwa die Königin der Nacht als "Himmelskönigin" für die katholische Kirche, Papageno (von papa = Papst und gens, -tis = Leute, Volk bzw. Ursprung) für einen kirchentreuen Menschen und Tamino, mit einiger Fantasie freilich, für Illuminat. Letzterer, weiß Kluge, war Mozart selber, der somit schärfster Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre, hätten, ja, hätten er und sein Textdichter Schikaneder sich nicht aufs Verschlüsseln verstanden. "Die Zauberflöte ist nämlich vor allem antiklerikal", und jedes Bild, jede Silbe, so Kluge, werbe für die Sache der Aufklärung.

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