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Wie klärt man den eigenen Mord auf? Der pensionierte Kriminalkommissar Alexander Swoboda will im Morgenlicht die Steilküste der Normandie malen. Da stürzt ein Mann vor ihm von den vierzig Meter hohen Kreidefelsen. Als Ex-Polizist müsste er zu dem Toten gehen. Als Maler wendet er sich ab. Doch weit kommt er nicht. Er wird erschossen, und der Fall des Mannes von den Klippen wird zum Fall Swoboda. Aus dem Jenseits muss er die Morde aufklären - und hat keine Ahnung, wie das gehen soll.

Produktbeschreibung
Wie klärt man den eigenen Mord auf?
Der pensionierte Kriminalkommissar Alexander Swoboda will im Morgenlicht die Steilküste der Normandie malen. Da stürzt ein Mann vor ihm von den vierzig Meter hohen Kreidefelsen. Als Ex-Polizist müsste er zu dem Toten gehen. Als Maler wendet er sich ab. Doch weit kommt er nicht. Er wird erschossen, und der Fall des Mannes von den Klippen wird zum Fall Swoboda. Aus dem Jenseits muss er die Morde aufklären - und hat keine Ahnung, wie das gehen soll.
Autorenporträt
Heidenreich, Gert
Gert Heidenreich, geboren 1944 in Eberswalde, lebt in der Nähe von München. Sein Werk umfaßt Romane, Erzählungen, Gedichte, Essays, Theaterstücke und Arbeiten für Funk und Fernsehen. Er wurde u. a. mit dem Adolf-Grimme-Preis (1986), dem Literaturpreis der Stadt München (1990), dem Phantastik-Preis (1995) sowie dem Marieluise-Fleisser-Preis (1998) ausgezeichnet. 1991-1995 Präsident des deutschen P.E.N.-Clubs (West).
Rezensionen
"Eine Geheimgesellschaft von Trinkern und ihre Geldwäsche - einfach herrlich skurril!"
Elvira M. Gordon-Pusch, Frankfurter Stadtkurier 06.06.2017

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.11.2014

Auch
schon
tot?
Gert Heidenreich
lässt seinen
Kommissar aus dem
Jenseits ermitteln
VON KRISTINA MAIDT-ZINKE
Nehmen wir an, das unstillbare Verlangen nach Mordgeschichten sei eine Schwundstufe des uralten Bedürfnisses, sich mit dem Tod, dem großen Rätsel am Ende jedes Lebens, auseinanderzusetzen oder zu befreunden, ihn zu bannen oder sich wenigstens abzustumpfen gegen seine furchterregende Macht. Dann wäre es nur konsequent, das nekrophilste aller literarischen Genres, den Kriminalroman, in Richtung Totenreich zu öffnen und Verstorbene mitspielen zu lassen. Der Österreicher Wolf Haas zum Beispiel hat in seinem vorletzten „Brenner“-Krimi den Erzähler das Zeitliche segnen lassen; er sendet seine begnadeten Tiraden nunmehr aus dem Jenseits, während Brenner weiter irdisch ermittelt.
  Einen Schritt weiter hat sich Gert Heidenreich vorgewagt, der seine kleine Serie um den künstlerisch talentierten Ex-Kommissar Alexander Swoboda mit dem vierten Band unwiderruflich beenden will: Er schickt den Frühpensionär, kaum dass der in seine geliebte nordfranzösische Wahlheimat gezogen ist, zu Beginn des Romans „Der Fall“ über den Jordan – und lässt ihn sodann von „drüben“ an der Bearbeitung jenes Falles mitwirken, in dessen Mordmaschinerie er auf Erden geraten war. Denn er hatte ja mit dem Polizistendasein abgeschlossen – mehr noch: „Wenn er ehrlich ist, muss er zugeben, dass er seine Jahre mit Verstellung zugebracht hat: Ein Maler, der vorgab, Kriminalhauptkommissar zu sein, und die Rolle so gut spielte, dass man ihn für echt hielt.“
  Ganz ähnlich mag es den Schriftsteller Gert Heidenreich gedrängt haben, der Rolle des Krimiautors wieder zu entkommen, bevor er für echt gehalten wird. Wäre es ihm jedoch nur um eine radikale Methode gegangen, sich seines Helden zu entledigen, hätte er ihn einfach bei seinen letzten Ermittlungen umkommen lassen und damit zum Schweigen bringen können. Doch Heidenreich hatte offenbar mehr im Sinn. Er stellt dem Buch ein Zitat von Thomas Alva Edison aus dem Jahr 1928 voran, das da lautet: „Niemand weiß, ob unsere Persönlichkeit nach dem Tod in einer anderen Existenz oder in einer anderen Sphäre fortlebt, aber wenn wir ein hinreichend empfindliches Gerät entwickeln können, das von unserer Persönlichkeit aus dem Jenseits beeinflusst werden kann, dann sollte ein solches Gerät in der Lage sein, etwas aufzuzeichnen.“ Den Pragmatismus dieser These überbietet Heidenreich durch den lapidaren Kommentar: „Dieses Gerät gibt es. Es ist der Roman.“
  Tatsächlich wirkt es, als sei der Romanautor vorrangig am Jenseits-Thema interessiert gewesen und habe die Krimihandlung nur darum herumgebaut – zur Tarnung. Denn wer sich heute, lange nach Edison, mit der Frage befasst, ob mit dem physischen Exitus auch das menschliche Bewusstsein erlischt, gerät nach geltendem Konsens allzu leicht in den Verdacht der esoterischen Spinnerei. Der Roman aber darf alles, auch wenn von dieser Lizenz heute eher selten Gebrauch gemacht wird, und so bleibt Heidenreich völlig seriös und gattungskonform, wenn er den Handlungsraum erweitert und sich auf spekulatives Terrain begibt. Die beiläufige Eleganz, mit der er diesen Übergang vollzieht, muss ihm freilich erst mal einer nachmachen.
  Es gibt eine filmreife Eröffnungsszene, die den nichts ahnenden Swoboda das Leben kostet, weil er zufällig Zeuge eines Mordes wird. Dann folgt der Autor, nicht ohne skeptische und zweifelnde Kommentare, den Spuren seines Helden in jenem „unentdeckten Land“, das in der mythologischen und literarischen Überlieferung bemerkenswert präzise kartiert worden ist. Er sieht ihn an einem Fluss stehen und auf ein Boot warten. Den Fährmann Charon gibt Swobodas französischer Polizeikollege Georges Lecouteux, im Diesseits durchaus noch lebendig. Der Reisende begegnet dem Kind, das er einmal sein wollte, er erblickt seinen Killer, und er trifft seinen längst verstorbenen Philosophen-Freund, von dem er erfährt, dass man sich hier drüben „in Bildern“ aufhalte, in einem „Reich der totalen Subjektivität“: Zwanglos bewegt man sich unter Toten und Lebenden, in einer sich ständig wandelnden Schattenzone, die bei aller Fremdartigkeit viele vertraute Züge trägt. Der Maler im Bullen darf Landschaften von Gauguin und Rousseau, Manet und Turner durchwandern und erkennt: „Alles hier ist Kunst! Und ich bin glücklich wie nie zuvor in meinem – Leben? Tod?“
  Leider muss der Bulle im Maler noch mal ran, was dem Autor fast lästig zu sein scheint. Parallel zu der freundlichen, belesen-klugen Jenseitsvision vollzieht sich die Krimihandlung als makabrer Totentanz unter jenen, die mit allen Fasern an der diesseitigen Welt und ihren Täuschungen hängen und nie genug bekommen können. Es geht um eine Clique von Superreichen, denen exklusive Weinproben auf einem Loire-Schloss als Camouflage für raffinierte Geldwäschemanöver dienen. Ein Münchner Steuerberater kommt ihnen auf die Schliche und wird zum Erpresser, und aus lauter Habgier rotten sich die Beteiligten nach und nach gegenseitig aus.
  Dass die beiden Handlungsstränge nicht wirklich miteinander verknüpft werden, ist ihrer konträren Dynamik geschuldet. Das eher putzige Konzept, dass der ermordete Ruheständler aus dem Jenseits den Fall löst, wird nur andeutungsweise bedient, und ohnehin gibt es hier nichts aufzuklären, was dem Leser sonst verborgen bliebe. Das Spannende an diesem Roman ist nicht das Böse und dessen Bestrafung, sondern die leichthändige literarische Erkundung einer Sphäre, deren angstbesetzte Finsternis das Kapital darstellt, mit dem gewöhnliche Krimis wuchern. Insofern hat Gert Heidenreich, wenn man es genau nimmt, mit seinem Kommissar auch gleich das Genre erledigt.
Gert Heidenreich: Der Fall. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2014. 320 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Der Maler im Bullen
liegt hier im Clinch mit dem
Bullen im Maler
In der nordfranzösischen Wahlheimat von Heidenreichs Pensionär entstand 1881 Claude Monets Gemälde „Les Petites Dalles, Pourville“.
Foto: Bridgeman Art
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kristina Maidt-Zinke findet es nur konsequent, dass "das nekrophilste aller literarischen Genres", der Krimi, früher oder später auch die Toten selbst zu Wort kommen lässt, wo ließe sich schließlich freimütiger über das Leben nach dem Tod spekulieren als im Roman, fragt die Rezensentin. Gert Heidenreich hat das Experiment in "Der Fall" gewagt, berichtet Maidt-Zinke: gleich zu Beginn des neuen und letzten Bandes seiner Serie um den Ex-Kommissar Alexander Swoboda lässt er seinen Protagonisten ins Gras beißen, verrät die Rezensentin. Swoboda landet in einer fremden Sphäre, für deren Ausgestaltung Heidenreich sich gekonnt im reichen Fundus literaturgeschichtlicher Jenseitsvorstellungen bedient, so Maidt-Zinke. Dass die eigentliche Kriminalgeschichte eher als Alibi einsteht, um über den Untod zu sinnieren, nimmt die Rezensentin Heidenreich dann gar nicht mehr übel.

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