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In der Zerrissenheit des Islamismus liegt seine größte Gefahr
Al Qaida und die Taliban, Hisbollah und Hamas, Syrien und Iran - sie alle bedrohen den Westen. Es wäre allerdings ein gefährlicher Irrtum, diese Kräfte für einen geschlossenen, starken Feind zu halten. Denn durch die islamische Welt geht vielmehr ein tiefer Riss. Doch das ist kein Grund zur Entwarnung, sagt Olivier Roy: Er macht deutlich, dass die eigentliche Gefahr von den Spannungen innerhalb der islamistischen Gruppen ausgeht und zeigt, welche Politik wir ihr entgegensetzen müssen.
Der islamistische Terrorismus stellt eine
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Produktbeschreibung
In der Zerrissenheit des Islamismus liegt seine größte Gefahr

Al Qaida und die Taliban, Hisbollah und Hamas, Syrien und Iran - sie alle bedrohen den Westen. Es wäre allerdings ein gefährlicher Irrtum, diese Kräfte für einen geschlossenen, starken Feind zu halten. Denn durch die islamische Welt geht vielmehr ein tiefer Riss. Doch das ist kein Grund zur Entwarnung, sagt Olivier Roy: Er macht deutlich, dass die eigentliche Gefahr von den Spannungen innerhalb der islamistischen Gruppen ausgeht und zeigt, welche Politik wir ihr entgegensetzen müssen.

Der islamistische Terrorismus stellt eine weltweite Bedrohung dar. Doch der vom Westen propagierte "Krieg gegen den Terror" ist nicht zu gewinnen. Weder ist der Islam ein einheitliches Gebilde, noch sind geopolitische Militäraktionen eine angemessene Reaktion auf deterritorial agierende Selbstmordattentäter. Um zu bestimmen, wie der Westen künftig mit dieser Gefahr umgehen soll, müssen wir erst einmal danach fragen, wie die regionalen und globalen Kräfteverhältnisse wirklich sind, wer denn eigentlich der Feind ist und wie man ihm wirksam begegnen kann.

In seinem neuen Buch deckt der renommierte Islam- und Terrorismusexperte Olivier Roy die politischen Irrtümer des Westens auf, erklärt klar und anschaulich die innerislamischen Verhältnisse und Spannungen und liefert verblüffende Erkenntnisse über die Organisations- und Funktionsweise der Al Qaida.
Autorenporträt
Olivier Roy ist Forschungsdirektor am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) und unterrichtet an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales und an der Sciences Po in Paris. Er hat zahlreiche Bücher und Aufsätze über den politischen Islam, den islamistischen Terrorismus sowie den Mittleren und Nahen Osten veröffentlicht. Sein Buch "Der islamische Weg nach Westen" (2006) wurde zu einem häufig zitierten Standardwerk. Olivier Roy ist ein weltweit gefragter Islamismus-Experte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2008

Schärfer denken!

Olivier Roy, weltweit einer der besten Kenner des Islamismus, des Nahen und Mittleren Ostens, richtet einen dramatischen Appell an den Westen, um die Macht von Al Qaida zu brechen.

Um die ewigen politischen Debatten in unserer Familie abzukürzen, die in Wahrheit immer ein Wettbewerb nach dem oder der Linkesten im Raum waren, nutzte meine französische Großmutter gern einen Trick. Sie schob einfach den Satz "Ich habe ein Buch darüber gelesen" in den Raum, was ihr zumindest einen Ausgang aus der stets verfahrenen Argumentationslage gab. Es war eine klassische Ausgangslüge, denn meine Großmutter bezog ihr Wissen nahezu ausschließlich aus Filmen und Fernsehserien.

Dennoch wurde seinerzeit das Grundprinzip, wonach ein einzelnes Buch eine unübersichtliche argumentative Gefechtslage zu klären vermag, respektiert. Schließlich wollte man ja kein neues Fass aufmachen und nachfragen, welches eine Buch es denn bitte schön gewesen sein soll, welches klärt, ob die Amerikaner ein Fluch oder ein Segen sind. Das Radio und die Abendnachrichten waren für die kleinteilige Information, fürs Detail, zuständig, während das Buch die Dinge wieder im großen Maßstab ordnen würde. Das war der Pakt einer nun vergangenen Zeit.

Das Nachrichtenfernsehen und das Internet haben diese Gewichte in den neunziger Jahren völlig verschoben: Die beiden weltweit erfolgreichsten Nachrichtensender, Fox News und Al Dschazira, handeln weniger mit Nachrichten oder frischen Filmaufnahmen als mit Weltsichten. Der Zuschauer wird mit Übersichtlichkeiten getröstet, die kleinen Ereignisse müssen sich in das große Mosaik fügen. Auch das frei gestartete Internet wirkt zunehmend wie ein Feld von Millionen Metallspänen, unter dem jemand Magnete bewegt: Ähnliche Ansichten finden zusammen, verfestigen sich zu großen ideologischen Clustern, Zuschauer und User suchen Bestätigung oder, wie es bei den Mediaplanern heißt, Orientierung. Und weil das Geld zu bringen verspricht, überbieten sich die Medien darin, den Leuten den richtigen Weg nach Osten zu weisen.

Büchern kommt heute eine neue Funktion zu: die Leute zu verwirren, die Muster zu entwerten und klarzumachen, dass der Orient des einen der Okzident des anderen ist. Darum geht es auch dem französischen Politikwissenschaftler Olivier Roy, weltweit einer der besten Kenner des Islamismus und des Nahen und Mittleren Ostens: um die Erhöhung der Komplexität.

Roy ist mit voluminösen Werken bekannt geworden, legt aber nun einen schmalen, nicht weniger brisanten Band vor, in Wahrheit ist es ein verzweifelter Zwischenruf. "Der falsche Krieg" unternimmt in vier Kapiteln das, was sowohl die handelnden Politiker als auch die berühmten Experten immer wieder versäumen, nämlich einige fundamentale Fragen zu behandeln: Wer ist eigentlich unser Feind? Wie und mit welchen Mitteln bekämpft man ihn? Und vor allem: Wo bekämpft man ihn?

Roy schont weder die verantwortlichen Politiker noch die Leser. Er beginnt so: "Am Abend des 11. September 2001 besaß die amerikanische Regierung eine Blankovollmacht. Die öffentliche Meinung im Land war mobilisiert und entschlossen, die Schuldigen zu bestrafen. (. . .) Sechs Jahre später müssen wir einen kompletten Misserfolg konstatieren: Nicht eines der Ziele von damals wurde erreicht. Bin Ladin ist 2007 immer noch am Leben, ebenso Mullah Omar, der Anführer der Taliban. Es hat seit 2001 weitere terroristische Anschläge gegeben, und die Lage in der gesamten muslimischen Welt hat sich verschlechtert. Schlimmer noch: Am meisten profitiert von der neuen Situation Iran, Washingtons ärgster Feind, was eine neue Konfrontation befürchten lässt."

Roy geht daran, in diesem Buch jene Hausaufgaben zu machen, die eigentlich damals fällig waren, darum ist "Der falsche Krieg" keine ganz einfache Lektüre. Von der hehren Rhetorik des "Kriegs gegen den Terror" und der "Achse des Bösen" bleibt in Roys Bilanz kein vernünftiger Rest. Terrorismus und dass man dagegen ist - das ist keine geeignete Kategorie, um politischen Fortschritt zu erzielen, erklärt der Autor: Wandte man sich gestern noch gegen Arafat, so muss man heute seiner Fatah zur Hilfe eilen, um ein Gegengewicht zur Hamas zu stellen.

Die amerikanische Regierung - Roy greift sie nicht polemisch an, sondern verteidigt sie, wo immer möglich - taumelt mit allzu grobem Werkzeug durch die Region, sowohl, was die Begriffe als auch, ganz simpel, die Waffen angeht.

Mancher wird sich noch an das sagenhafte Diktum des damaligen Verteidigungsministers erinnern, der auf die von einem Soldaten vorgebrachte Kritik an der fehlenden Panzerung ihrer Mannschaftstransporter sagte: Man zieht in den Krieg mit der Armee, die man hat, nicht mit der, die man sich wünscht. Roy bestätigt das: Die Vereinigten Staaten waren nicht nur mit ihrer auf Lufthoheit und Territorialgewinne ausgerichteten Strategie fehlgeleitet, sie waren auch ideologisch motivierten Interpretationen der Lage aufgesessen, die einen echten Fortschritt in Nahost verunmöglichen. Erst sehr spät wurde den Offizieren der Koalitionstruppen klar, dass nicht die Bagdader Zentralregierung der wichtigste Akteur im Land war, sondern die Stämme, die es dann erst einmal aufwendig zur Kooperation zu bewegen galt.

Wertvolle Jahre gingen verloren, unschuldige Menschen verloren im Chaos ihr Leben. Die konzeptionelle Ignoranz des Westens geht zu Lasten arabischer Familien, deren Leid aber keine Konsequenzen für uns hat - auch das ist eine Wahrheit, die Roy in Erinnerung ruft, schließlich wird hier gerne so getan, als seien die Okzidentalen die Leidtragenden im Kampf der Kulturen.

Roy scheint kaum zu wissen, wo er anfangen soll, daher liest sich das Buch wie mit unterdrücktem Zorn geschrieben, als müsse er die Vereinfachungen alle auf einmal und wie im Furor entwerten: Weder gibt es einen globalen Vormarsch des Islamismus noch so etwas wie eine gemeinsame islamistische Front. Fundamentalisten, Dschihadisten und Islamisten sind völlig verschiedene Gruppierungen. Die radikalen Islamisten kommen in der Regel nur auf zwanzig Prozent der Wählerstimmen, es werden nur dann mehr, wenn umstandslos von Diktatur auf freie Wahl umgestellt wird oder besondere Unruhe herrscht. Die Scharia ist ein für Auslegungen offenes Normensystem und steht nicht notwendig für terroristisches Chaos. Die Muslimbrüder haben mit der Al Qaida nichts zu tun. Türken und Iraner sind keine Araber.

Wenn überhaupt ein Krieg tobt, dann wütet er zwischen Sunniten und Schiiten oder rivalisierenden, von anderen Staaten bezahlten Milizen. Der Westen spielt da eine höchst undurchsichtige Rolle. Sie hat mit den Kanten eines Kriegs gegen den Terror, in dem die Freiheit Deutschlands auch am Hindukusch verteidigt wird, wenig zu tun. Bestimmte Staaten wie Syrien oder Pakistan haben sich längst raffinierte Instrumentarien zurechtgelegt, mit denen sie den Westen erpressen. Sie fördern oder dulden allerlei terroristische Aktivitäten, haben selbst aber keine Repressionen zu befürchten, weil das Chaos, das in beiden Ländern nach einem Regimewechsel droht, weit größer ist als der Schaden, den die Terroristen anzurichten vermögen. Die Differenz und Zersplitterung der Länder, die wir so schön als die islamische Welt bezeichnen, ist dem Autor zufolge derart tiefgreifend und umfassend, dass die Einheit des Islamismus nur an einer Stelle existiert: im Bedrohungsgefühl, das westliche Medien schüren. Dies, so Roy, ist zugleich die stärkste Waffe der Islamisten: "Wir müssen aufhören, die Welt durch die Zerrbrille von Al Qaida zu betrachten, denn darin liegt ihre einzige Macht."

Die berühmteste Terrororganisation der Welt erscheint bei Roy wie ein ziemlich verwehter Haufen, der darum aber nicht weniger gefährlich ist. Weit davon entfernt, irgendwo territoriale Fortschritte erreichen zu können, ist es eine Dachmarke für solche geworden, die früher zu den linksextremen Terrorgruppen gestoßen wären - insbesondere die Konvertiten sind unberechenbar. Mit dem Afghanistan-Krieg oder dem Palästina-Konflikt hat die neue, mehr und mehr virtuell organisierte Al Qaida kaum noch etwas zu tun. Hier versammeln sich neuerdings belgische Hausfrauen und britische Zahnärzte. Zum Glück gelingt ihnen kaum etwas. Eines Tages wird sich das aber ändern. Was dann? Es beschleicht einen das mulmige Gefühl, als habe Roy schon heute das wichtigste Buch für die Zeit nach dem nächsten großen Anschlag geschrieben.

NILS MINKMAR

Olivier Roy: "Der falsche Krieg". Islamisten, Terroristen und die Irrtümer des Westens. Aus dem Französischen von Ursel Schäfer. Siedler Verlag, Berlin 2008. 188 S., br., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Das Klügste, was derzeit über das Verhältnis zwischen islamischer und westlicher Welt zu lesen ist." Welt am Sonntag über "Der islamische Weg nach Westen"

"Dieses kleine, aber kraftvolle Buch zeigt die innere Logik der Konflikte im Nahen Osten und deckt ihre Widersprüchlichkeiten auf." Le Temps

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen "verzweifelten Zwischenruf" nennt Rezensent Nils Minkmar dieses Buch des französischen Politikwissenschaftlers Olivier Roy, einen der "besten Kenner" des Islams. Ausdrücklich begrüßt er das Anliegen des Autors, das intellektuelle Diskussionsniveau in den sträflich vereinfacht geführten Debatten über Islamismus und Terrorismus zu heben und ein komplexeres, angemesseneres Bild zu zeichnen. Minkmar attestiert dem Autor, eindringlich gegen die Vereinfachungen und Irrtümer des Westens anzuschreiben, die letztlich nur zu einer Verschärfung, nicht zu einer Lösung der Situation führen. Zustimmend äußert er sich etwa über Roys Analyse des US-amerikanischen Kriegs gegen den Terror, die sowohl die Fragwürdigkeit ideologisch motivierter Interpretationen wie auch der militärischen Strategie vor Augen führt. Er hebt zudem Roys Ausführungen über die tiefgreifenden Differenz und Zersplitterung der Länder vor Augen, die im Westen immer nur als "die islamische Welt" identifiziert werden. Der Autor verdeutliche hier, dass die Einheit des Islamismus nur an einer Stelle existiere: im von den westlichen Medien geschürten Bedrohungsgefühl, das zur stärksten Waffe der Islamisten werde.

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