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Die Erzählungen von Ssadegh Hedajat gehören zu den schönsten und eindrucksvollsten Schöpfungen der modernen persischen Prosa. Sie erzählen vom Schicksal einfacher Menschen, von unerreichbarem Glück, von vermißter Geborgenheit. Ähnlich wie bei Kafka - mit dem der Autor oft verglichen wurde - ist es das zwangsläufige, unerklärliche Scheitern der menschlichen Existenz, das in Hedajats Prosa Gestalt annimmt.

Produktbeschreibung
Die Erzählungen von Ssadegh Hedajat gehören zu den schönsten und eindrucksvollsten Schöpfungen der modernen persischen Prosa. Sie erzählen vom Schicksal einfacher Menschen, von unerreichbarem Glück, von vermißter Geborgenheit. Ähnlich wie bei Kafka - mit dem der Autor oft verglichen wurde - ist es das zwangsläufige, unerklärliche Scheitern der menschlichen Existenz, das in Hedajats Prosa Gestalt annimmt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.1997

Nur der Papagei hört zu
Erzählungen des persischen Dichters Ssadegh Hedajat / Von Harald Hartung

Wer bei uns den Namen Ssadegh Hedajat kennt, meint den Autor der "Blinden Eule". Dieser märchenhaft-surreale Roman vom Leben und Scheitern eines armen Künstlers, der Schreibetuis bemalt, ist ein Hauptwerk der modernen persischen Literatur und ein Buch von internationalem Rang. "Die blinde Eule" hat den geheimen Ruhm jener Bücher, die von Leser zu Leser weitergereicht werden.

So weit hat es das übrige Werk des Persers Hedajat noch nicht gebracht. Doch könnte sich daran etwas ändern. Touradj Rahnema, Germanistikprofessor in Teheran, hat eine Auswahl von Hedajats Erzählungen herausgegeben und mit einem instruktiven Vorwort versehen. "Der Feueranbeter" präsentiert uns ein deutlicheres Bild dieses interessanten Dichters.

Ssadegh Hedajat, 1903 in Teheran geboren, besuchte eine französische Missionsschule, ging 1926 zum Studium nach Paris und kehrte "ohne solides Diplom" zurück. Er hatte sich nicht entscheiden können, ob er Ingenieur, Maler oder Zahnarzt werden sollte. Davon profitierte die Literatur: 1930 debütierte Hedajat mit dem Erzählband "Lebendig begraben". Der Pessimismus, der aus dem Titel spricht, bleibt ein dominierendes Motiv.

Hedajats Pessimismus ist traditionsgebunden und modern zugleich. Er nährte sich an dem altpersischen Dichterphilosophen Omar Chajjam und dessen Affekt gegen den Klerus und die islamische Orthodoxie. Aber auch an Maupassant, Tschechow und Kafka. Schon 1953 übersetzte Hedajat die "Verwandlung" und schrieb über Kafka einen Essay. Sein Pessimismus war wohl auch ein Reflex auf die gesellschaftliche Realität. Denn die Ära Resa Pahlawis (1925-1941) war für Persien zwar eine Phase der Modernisierung, doch kaum eine Epoche politischer und geistiger Freiheit. Man schrieb unter Zensur; und so ließ Hedajat seinen Roman "Die blinde Eule" 1936 in Bombay erscheinen.

Hedajat war kein Mann der Karriere. Obwohl er selbst aus einer begüterten Familie stammte und einflußreiche Verwandte besaß, führte er jahrelang das Leben eines untergeordneten Angestellten und empfand sich als Versager: "Ich bin einer, den man vergessen kann." Er blieb Junggeselle und litt zeitlebens unter Depressionen. Schon als Student hatte er einen Selbstmordversuch gemacht, und Paris war dann auch, im April 1951, der Ort des selbstgewählten Endes. Einen Abschiedsbrief, eine Erklärung hinterließ er nicht. Doch hat er kurz vor seinem Tod alle noch unveröffentlichten Schriften vernichtet.

Einiges verraten Hedajats Erzählungen. Etwa die Geschichte "Die Dunkelkammer". Ein Reisender, gezwungen, über Nacht zu unterbrechen, wird von einem Fremden zur Übernachtung eingeladen. Man sitzt in einem ovalen, samtrot ausgeschlagenen fensterlosen Raum, und das Gespräch wird zu einer Konfession des Gastgebers, der von seinem Außenseitertum und Lebensschmerz spricht. Am Morgen findet der Gast den Gastgeber tot und erkennt: "Nach alldem war er vielleicht ein wahrhaft glücklicher Mensch gewesen und hatte diese Glückseligkeit für immer für sich behalten wollen. Und dies Zimmer ist sein ideales Zimmer gewesen!"

Bruchstück einer Konfession? Wer so liest, wird auch bei der Geschichte von "Dasch-Akol" fündig. Die Titelfigur, ein reiferer Mann, dem ein sterbender Freund seine Familie anvertraute, verliebt sich in dessen junge Tochter, behält aber diese Liebe für sich, weil er sich alt und häßlich fühlt, gerät an den Alkohol und kommt zu Tode. Sein Papagei, der einzige, dem er seine Liebe anvertraute, spricht das Geheimnis aus - zu spät für die junge, inzwischen verheiratete Frau.

Hedajat schildert eine ganze Galerie einsamer, unverstandener Menschen. Fast immer sind es Männer. Am merkwürdigsten vielleicht die Geschichte des überaus schüchternen Internatsschülers Mehrdad, der sich in Le Havre in eine Schaufensterpuppe verliebt und sie in den Sommerferien nach Haus mitbringt, wo ihn seine Verlobte erwartet. Die Novelle endet mit einem Schuß - als die tragische Variante einer Thomas-Bernhard-Geschichte.

Unverkennbar ist der misogyne Zug vieler Erzählungen. Die Frauen, so scheint es, sind den Männern über - selbst wo sie Opfer oder Objekt sind. Und noch das scheinbare Gegenbeispiel, die Geschichte "Der verschwundene Ehemann", hat eine bittere Pointe. Die junge Bäuerin, von ihem Mann geprügelt und verlassen, hat den Nichtsnutz schließlich gefunden, wird abgewiesen - und was tut sie? Sie setzt ihr Kind aus und reitet mit dem nächstbesten Mann davon.

Keine Folklore also, die sich goutieren ließe. Diese Welt mag orientalisch bunt erscheinen, ist aber mit Galle getränkt. Der Melancholiker hält sich an die Fabel, die den Fatalismus kaum verbirgt. Bemerkenswert ist die Kraft des Erzählers, sein Sinn für plastische Szenen und Charaktere, das Fehlen von Larmoyanz. Hedajat, der die Menschen nicht unbedingt mag, liebt die Kreatur - besonders die Hunde, die nach islamischem Glauben unrein sind. Er zeigt sich allergisch gegen religiöse Orthodoxie und intellektuelle Heuchelei. In seinen besten Geschichten findet er jene Lebensfülle, die er im Leben offenbar nicht fassen konnte.

Ssadegh Hedajat: "Der Feueranbeter und andere Erzählungen". Herausgegeben von Touradj Rahnema. Aus dem Persischen übersetzt von Susan Gaviri, Sigrid Lotfi, Touradj Rahnema und Werner Sundermann. Verlag C. H. Beck, München 1997. 194 S., geb., 42,- DM.

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