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In diesem Buch geht Richard Sennett auf die gesellschaftlichen Folgen einer globalen Ökonomie ein. "Drift" ist für ihn der Schlüsselbegriff dieser Ära: Die Mobilität, die Internationalität, welche die neue Ordnung fordern, führen zu einem gleichgültigen "Dahintreiben", zu Orientierungslosigkeit und Isolation.

Produktbeschreibung
In diesem Buch geht Richard Sennett auf die gesellschaftlichen Folgen einer globalen Ökonomie ein. "Drift" ist für ihn der Schlüsselbegriff dieser Ära: Die Mobilität, die Internationalität, welche die neue Ordnung fordern, führen zu einem gleichgültigen "Dahintreiben", zu Orientierungslosigkeit und Isolation.
Autorenporträt
Richard Sennett, geboren 1943, wuchs in Cabrini Green, einem Armenviertel von Chicago, auf. Er versuchte den sozialen Aufstieg aus dieser von ihm später als eng und bedrohlich beschriebenen Welt zunächst über die Musik und lernte in jungen Jahren Cello, komponierte und hatte Erfolge bei öffentlichen Auftritten. Das Studium der Musikwissenschaften und des Violoncello in New York musste er aufgrund einer fehlgeschlagenen Operation an seiner linken Hand aufgeben. Daraufhin studierte er zunächst bei David Riesman in Chicago, dann bei Talcott Parsons in Harvard Soziologie und später Geschichte. Nach der Promotion 1964 forschte und lehrte er unter anderem in Harvard, Yale, Rom und Washington. 1998 erhielt Sennett den Premio Amalfi, 2006 wurde er mit dem Stuttgarter Hegel-Preis ausgezeichnet.
Sennetts Hauptthemen sind die Vereinzelung, Orientierungslosigkeit und Ohnmacht moderner Individuen, die Oberflächlichkeit und Instabilität zwischenmenschlicher Beziehungen sowie die Ausübung von Herrschaft. Vor allem in seinen Frühwerken bleibt er der Stadt seiner Kindheit und den in ihr gemachten Erfahrungen stark verhaftet. Die hohe Aktualität seiner Themen und sein eingängiger, essayistischer Stil ließen seine Bücher zu Bestsellern avancieren.
Richard Sennett lebt in London und New York.
2011 wurde er mit dem Jeanette Schocken Preis, dem Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.1998

Alle Räder kreischen schrill
Richard Sennett eilt durch die Maschinenräume des Turbokapitalismus und tröstet die Werktätigen / Von Jürgen Kaube

Der Begriff des Kapitalismus dient seit mehr als hundert Jahren dazu, die Beschreibung des gegenwärtigen Wirtschaftssystems zugleich einheitlich und elastisch zu halten. Entweder ist er als Sachaussage über dessen Strukturen gemeint. Dann beschreibt er einen Komplex aus gewinnorientierter Ökonomie, privatem Eigentum an Maschinen und Geldvermögen sowie Interessenkonflikten zwischen "Arbeit" und "Kapital". Oder es wird unter Kapitalismus eine historische Epoche verstanden, die sich von einer vergangenen (Feudalismus), zeitgenössischen (Sozialismus) und permanent in Ankunft befindlichen (Kommunismus) unterscheidet. Dann dokumentiert sich die Elastizität des Begriffs in seiner Ergänzbarkeit. Immer wenn sich die historischen Grenzen des Kapitalismus ein Stück hinausschieben, wird der Epochenbegriff um Sondermerkmale erweitert. So sind inzwischen der Früh-, Hoch-und Spät-, der Manager-, Staatsmonopol-und Kartell-, der industrielle, fordistische und postindustrielle Kapitalismus an uns vorbeigezogen.

Der amerikanische Soziologe Richard Sennett hat nun den "neuen" als "flexiblen" Kapitalismus ausgerufen. Einmal geht es ihm um technologische Entwicklungen: flexible Fertigungssysteme, Bildschirmarbeitsplätze, computerunterstützte Konstruktion. Dann um Veränderungen in der Organisationsstruktur der Wirtschaft: um "down sizing" und "outsourcing" von Firmen, um flachere Hierarchien und Teamarbeit. Sogar vom "Ende des organisierten Kapitalismus", dessen Unternehmen sich in Netzwerke und Projekte auflösen, ist die Rede.

Die Einheit dieser Erscheinungen findet Sennett weniger in ihren Ursachen als in ihren Folgen. Der neue Kapitalismus, das ist die These, verändert den Charakter seines Personals. Vor allem deshalb, weil er das soziale und individuelle Zeitempfinden verwandelt. Früher, so Sennett, waren Dauer, Wiederholung und Sicherheit noch etwas wert. Heute hingegen falle das für die "Kapitalisten" Gute immer mehr mit dem Sofortigen zusammen. Der neue Kapitalismus pflege einen Kult des Dynamischen und Riskanten. Unter diesem Zwang zur Dauerinnovation, Mobilität und Jugendlichkeit, so Sennett, erodiere der biographische Zusammenhalt. Die Fähigkeit der Menschen, "ihre Charaktere zu durchhaltbaren Erzählungen zu formen", schwinde.

Sennett wiederholt auf seine Weise noch einmal aus industriesoziologischen Quellen die Erzählung vom Ende des bürgerlichen Zeitalters. Was diese Quellen betrifft, so wird der Leser mit zahlreichen interessanten Beobachtungen aus dem Innenleben der Wirtschaft bekannt gemacht. Hier hat das Buch seine Verdienste. Was jedoch die Erzählung vom Ende einer Epoche angeht, darf man sich über die zurückhaltenden intellektuellen Ansprüche wundern, die Sennett an seine Diagnose stellt. Der Begriff des Kapitalismus scheint alle Vorurteile rechtfertigen.

Auffällig ist vor allem, wie umstandslos aus Veränderungen wirtschaftlicher Organisationen unmittelbar auf die Gesellschaft und die Psyche ihrer Mitglieder durchgeschlossen wird. Einmal unterstellt, es haben sich tatsächlich die Zeitrhythmen der Ökonomie beschleunigt und nicht nur die "dynamische" Rhetorik in den Unternehmen - sind die wirtschaftlichen denn die einzigen, die wichtigsten Rhythmen des sozialen Lebens? Sennett verwendet nicht ein Argument darauf, warum die Strukturen der Arbeitswelt das Muster für alle anderen abgeben.

Jede seiner Thesen illustriert er an Einzelschicksalen aus seinem ferneren Bekanntenkreis. Das ist als Methode Geschmacksache. Als Fundament der Zeitdiagnose jedoch ersetzt es Theorie durch das Angebot der Einfühlung. Man weiß nicht, woher er es nimmt, aber ständig kommuniziert uns der Autor sein Wissen um die Bedingungen solider Charakterbildung. Über Gespräche unter entlassenen Angestellten, die sich mit ihrem beruflichen Scheitern auseinandersetzen, berichtet Sennett: "Sie mußten sich aufeinander einlassen, sich aufeinander verlassen, um das Tabu zu brechen, und im Laufe der Zeit öffneten sie sich einander, unterstützten sich gegenseitig - und kamen auf diese Art zu einer zusammenhängenden Deutung des Geschehens, ihrer eigenen Rolle und der Zeit."

Mit solchen Wendungen bewirbt sich Richard Sennett als Rosamunde Pilcher der Industriesoziologie. So liest man inmitten einer anregungsreichen Polemik, die sich wenig um ihre Grundlagen schert, immer wieder Rührstücke der kritischen Theorie und wird das Gefühl nicht los, um sie sei es dem Autor eigentlich gegangen.

Richard Sennett: "Der flexible Mensch". Die Kultur des neuen Kapitalismus. Aus dem Amerikanischen von Martin Richter. Berlin Verlag, Berlin 1998. 224 S., geb., 36,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Franz Schuh fühlt sich in seiner Besprechung von Sennetts Buch "Der flexible Mensch" an amerikanische Fernsehsehserien, insbesondere "Ally McBeal" erinnert. Diese Filme, führen seiner Ansicht nach vor, wie "buchstäblich alles an einer Oberfläche abgleitet". Diese glänzende Oberfläche sei, so Schuh, charakteristisch für die in diesem Buch charakterisierte Mittelschicht, die der Kapitalismus nicht unangetastet lässt, sondern vielmehr daran hindere eine eigene Geschichte auszubilden. Die angloamerikanische Form des Kapitalismus fordere in erster Linie Flexibilität, die alle Probleme sofort zu lösen versuche und suggeriere man könne "Macht ausüben, ohne Verantwortung zu tragen." Schuh resümiert die Haltung des Autors als die einer "pragmatischen Skepsis", die man berücksichtigen solle, wenn man heutzutage das "rheinische Kapitalismusmodell durch das angloamerikanische ersetzen" wolle.

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