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Ende Juli 1986 begleitet Didier Lefèvre als Fotograf eine Equipe der Organisation Ärzte ohne Grenzen nach Afghanistan, mitten im Krieg zwischen der Sowjetunion und den Mudschaheddin. Diese Arbeit, die mittels Fotografien und Zeichnungen individuelle Schicksale und Weltpolitik miteinander verbindet, erzählt von den Bemühungen einer engagierten Gruppe Menschen, die wieder aufzubauen versuchen, was andere zerstört haben. Mit DER FOTOGRAF gelang dem belgischen Verlag Dupuis ein internationaler Überraschungserfolg. Weltweit wurden an die 200 000 Exemplare in acht Sprachen

Produktbeschreibung
Ende Juli 1986 begleitet Didier Lefèvre als Fotograf eine Equipe der Organisation Ärzte ohne Grenzen nach Afghanistan, mitten im Krieg zwischen der Sowjetunion und den Mudschaheddin. Diese Arbeit, die mittels Fotografien und Zeichnungen individuelle Schicksale und Weltpolitik miteinander verbindet, erzählt von den Bemühungen einer engagierten Gruppe Menschen, die wieder aufzubauen versuchen, was andere zerstört haben. Mit DER FOTOGRAF gelang dem belgischen Verlag Dupuis ein internationaler Überraschungserfolg. Weltweit wurden an die 200 000 Exemplare in acht Sprachen
Autorenporträt
Emmanuel Guibert, geb. 1964 lebt und arbeitet als Comiczeichner und -autor in Paris.
Emmanuel Guibert gilt heute als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Comiczeichner Frankreichs. Seinen Durchbruch erlebte er 1997 mit dem von Joann Sfar getexteten Band "La fille du professeur".

Didier Lefèvre, geboren 1957 in Paris, gestorben 2007, Fotoreporter. Bekannt wurde er mit Arbeiten über Länder wie Sri Lanka, Malawi, Kambodscha oder Kosovo.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2008

Über Stock und Stein mit Tim und Struppi
„Der Fotograf” von Emmanuel Guibert, Didier Lefèvre und Frédéric Lemercier ist ein Seherlebnis, bleibt trotz seiner ungewöhnlichen Machart aber einer der besten Traditionen des klassischen französischen Comics verpflichtet Von Christoph Haas
Seine erste große Fotoreportage führt ihn 1986 nach Pakistan. In Peshawar ist Didier Lefèvre mit Mitgliedern der Organisation „Ärzte ohne Grenzen” verabredet, die eine Karawane ins Nachbarland vorbereiten. Mitten im afghanischen Kriegsgebiet soll ein Lazarett Nachschub erhalten und ein weiteres errichtet werden. Das von den Mudschaheddin tolerierte Unternehmen ist ebenso langwierig wie gefährlich. Mit motorisierten Fahrzeugen und auf normalen Straßen würde es nicht länger als einen Tag in Anspruch nehmen. Um aber weder den Regierungstruppen noch den sowjetischen Invasoren in die Hände zu fallen, ist es notwendig, sich mit schwer bepackten Eseln und Pferden quer durchs Gebirge zu schlagen: über steile Geröllhänge, halb verschneite Pässe und wackelige Brücken. Mehrere strapaziöse Wochen wird die internationale Gruppe überwiegend zu Fuß unterwegs sein, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hat.
Lefèvre ist später noch viel herum gekommen. Er war in Malawi und Kambodscha, hat äthiopische Langstreckenläufer, spanische Toreros und französische Feuerwehrleute fotografiert. Im letzten Jahr ist er mit gerade fünfzig plötzlich verstorben. Seinen Auftrag in Afghanistan hat er in einem Bildband, aber auch in drei Comic-Alben, die im französischen Original zwischen 2003 und 2006 erschienen sind, festgehalten. Das erste von ihnen liegt nun auf deutsch vor – und bietet ein fesselndes, völlig ungewöhnliches Seherlebnis.
Da sind einerseits die flächigen, meistens gedeckt kolorierten Zeichnungen Emmanuel Guiberts und Frédéric Lemerciers, in denen Hintergründe gerne nur angedeutet werden oder aus monochromer Farbe bestehen. Da sind andererseits die detailreichen und tiefenscharfen Schwarzweiß-Bilder des Fotografen. Der Kontrast könnte nicht größer sein und ruft eine vibrierende Spannung hervor. Durch die Heterogenität der beiden Formen, die sich ständig abwechseln, wird der sonst von einem Comic gewohnte Lesefluss gezielt verweigert. Ähnlich den Reisenden, die über Stock und Stein müssen, kann auch das Auge des Betrachters nicht gleichmäßig dahin gleiten; es ist zum Hüpfen gezwungen, zum Beschleunigen und Abbremsen. Und lässt man die Seiten des Comic-Albums in ihrer jeweiligen Gesamtheit auf sich wirken, so besitzen sie eine fast dreidimensionale Plastizität: Wie bei einer Kippfigur treten mal die Panels, mal die ihnen im Format angeglichenen Fotografien hervor.
Ein faszinierendes Album ist „Der Fotograf” aber auch, weil es Einblicke in eine fremde Kultur erlaubt, die, anders als es uns heute mitunter erscheinen will, nicht allein von todessüchtigen Terroristen und brutalen Frauenunterdrückern geprägt wird. Auf einer Doppelseite mit Schnappschüssen, denen ein Blocktext vorangeschaltet ist, schildert Didier Lefèvre, wie sich Käufer und Verkäufer auf dem Pferdemarkt verhalten: „Damit der Handel vertraulich bleibt, werden die Hände bisweilen mit einem Tuch bedeckt. Dann reden sie miteinander durch Bewegen oder Druck der Finger. Die Finger des einen schlagen eine Summe vor, die Finger des anderen akzeptieren oder lehnen ab. Das ist ihr Code, eine Art Sprache, dazu Mimik und Blicke. Manchmal sieht man, wie einer seine Hand zurückreißt, weil er das Angebot indiskutabel findet.”
Nicht ohne Erschütterung erfährt man, dass die westlichen Helfer bei ihrer Tätigkeit oft nicht heilen, sondern nur das Sterben lindern können – und dafür großen Dank erfahren: Haben sie doch die Kranken umsorgt und darauf vorbereitet, Allah zu begegnen. „Wie schade, dass du keine Muslima bist!”, hört eine Ärztin von den Angehörigen. „Wir werden in einem anderen Paradies leben.”
An einer Stelle bemerkt Lefèvre, dass ihm während des harten Weges die Lektüre seiner Kindheit nicht aus dem Sinn kommen will: „Manchmal denke ich an Tim und Struppi. Es ist wirklich irre. Oft habe ich das Gefühl, als wären sie auch dort vorbeigekommen, wo wir entlanggehen.” In der Tat erinnern die kargen, leeren Berglandschaften, in denen man sich über das Auftauchen eines einsamen Schneemenschen nicht wundern würde, ein wenig an „Tim in Tibet”. Der Hinweis macht aber auch darauf aufmerksam, dass „Der Fotograf” trotz seiner ungewöhnlichen Machart einer der besten Traditionen des klassischen französischen Comics verpflichtet ist. Die dokumentarische Recherche, die vorurteilslose Neugierde, die den großen Werken Hergés zugrunde liegen, sind hier zur Hauptsache geworden. Sie haben ein Album von anrührender Humanität hervorgebracht, das sich spannender liest als viele Abenteuergeschichten.
Emmanuel Guibert, Didier Lefèvre, Frédéric Lemercier
Der Fotograf. Band 1
In den Bergen Afghanistans. Aus dem Französischen von Martin Budde.
Edition Moderne, Zürich 2008.
80 Seiten, 19,80 Euro.
„Wie schade, dass du keine Muslima bist! Wir werden in einem anderen Paradies leben”
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2009

NEUE REISEBÜCHER

Für den Tisch Afghanistan gilt nicht gerade als klassisches Reiseland, und das war auch 1986 nicht anders, als der französische Fotograf Didier Lefèvre dort arbeitete. Damals herrschte Krieg zwischen russischen Invasoren und Mudschahedin, und Lefèvres Aufgabe war es, hinter der Front die Arbeit der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu dokumentieren. Er schoss dafür Hunderte von Bildern. Er machte aber kein klassisches Fotobuch daraus, sondern einen Multi-Media-Comic-Strip, zusammen mit dem Zeichner Emmanuel Guibert und dem Autor Frédéric Lemercier. Mit einer Kombination von Fotos, Zeichnungen und Texten wird darin ebenso spielerisch wie ernst von der Begegnung mit einer Kultur berichtet, die Millionen Kilometer vom Westen entfernt zu sein scheint. Da sind die Bergbauern, die noch nie eine andere Sprache als ihre eigene gehört haben und den Reisenden für dumm halten, weil er die ihre nicht versteht. Da ist ein pakistanischer Beamter, der den Fotografen zu Hause empfängt, um ihm den Pass samt neuem Visum auszuhändigen - und dabei im Bett liegt. Und muslimische Kämpfer, die so gut schießen können, dass sie einen Spatzen vom Himmel holen, ohne den essbaren Körper zu zerstören - sie treffen den Kopf. Verletzte Pferde dagegen sind ihnen keine Kugel wert, die Tiere sterben einen langen und qualvollen Tod. Der Fotograf, der noch nie auf jemanden geschossen hat, bringt es nicht fertig, den Tieren einen Gnadenschuss zu geben, selbst als ihm jemand eine Waffe in die Hand drückt. Nachmachen möchte man eine solche Reise nicht. Die dreibändige Erzählung aber lässt einen Abenteuer und exotische Orte erleben, wie einst bei der Lektüre von Karl May oder "Tim und Struppi". Lefèvre starb 2007, erstaunlicherweise nicht im Kugelhagel an einem Bergpass, sondern zu Hause, an einem Herzinfarkt.

Christian Tröster

Didier Lefèvre, Emmanuel Guibert, Frédéric Lemercier: "Der Fotograf", Band 1-3, Edition Moderne, je 24 Euro, ein Euro geht an die Organisation Ärzte ohne Grenzen.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der begeisterte Christoph Haas preist den jetzt auf Deutsch vorliegenden ersten Band eines Afghanistan-Comics, den der Fotoreporter Frederic Lemercier mit den Zeichnern Emmanuel Guibert und Frederic Lemercier verfasst hat. Der Band dokumentiert eine 1986 unternommene Reise Didier Lefevres mit den "Ärzten ohne Grenzen" nach Afghanistan. Schwarz-weiße Bilderstrecken der Fotoreportage werden kombiniert mit sparsam kolorierten Zeichnungen und schaffen so ein völlig neues " Seherlebnis", das zugleich durch seine "Humanität" berührt, schwärmt Haas. Durch diese ungewöhnliche Zusammenstellung derart unterschiedlicher Medien entstehe eine faszinierende "Spannung", lobt der Rezensent, der es besonders erfreulich findet, dass der Band auch ein Afghanistan jenseits der heute dominierenden Wahrnehmung von Terrorismus und Unterdrückung der Frauen zeigt.

© Perlentaucher Medien GmbH