Ende Juli 1986 begleitet Didier Lefèvre als Fotograf eine Equipe der Organisation Ärzte ohne Grenzen nach Afghanistan, mitten im Krieg zwischen der Sowjetunion und den Mudschaheddin. Diese Arbeit, die mittels Fotografien und Zeichnungen individuelle Schicksale und Weltpolitik miteinander verbindet, erzählt von den Bemühungen einer engagierten Gruppe Menschen, die wieder aufzubauen versuchen, was andere zerstört haben. Mit DER FOTOGRAF gelang dem belgischen Verlag Dupuis ein internationaler Überraschungserfolg. Weltweit wurden an die 200 000 Exemplare in acht Sprachen
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2009NEUE REISEBÜCHER
Für den Tisch Afghanistan gilt nicht gerade als klassisches Reiseland, und das war auch 1986 nicht anders, als der französische Fotograf Didier Lefèvre dort arbeitete. Damals herrschte Krieg zwischen russischen Invasoren und Mudschahedin, und Lefèvres Aufgabe war es, hinter der Front die Arbeit der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu dokumentieren. Er schoss dafür Hunderte von Bildern. Er machte aber kein klassisches Fotobuch daraus, sondern einen Multi-Media-Comic-Strip, zusammen mit dem Zeichner Emmanuel Guibert und dem Autor Frédéric Lemercier. Mit einer Kombination von Fotos, Zeichnungen und Texten wird darin ebenso spielerisch wie ernst von der Begegnung mit einer Kultur berichtet, die Millionen Kilometer vom Westen entfernt zu sein scheint. Da sind die Bergbauern, die noch nie eine andere Sprache als ihre eigene gehört haben und den Reisenden für dumm halten, weil er die ihre nicht versteht. Da ist ein pakistanischer Beamter, der den Fotografen zu Hause empfängt, um ihm den Pass samt neuem Visum auszuhändigen - und dabei im Bett liegt. Und muslimische Kämpfer, die so gut schießen können, dass sie einen Spatzen vom Himmel holen, ohne den essbaren Körper zu zerstören - sie treffen den Kopf. Verletzte Pferde dagegen sind ihnen keine Kugel wert, die Tiere sterben einen langen und qualvollen Tod. Der Fotograf, der noch nie auf jemanden geschossen hat, bringt es nicht fertig, den Tieren einen Gnadenschuss zu geben, selbst als ihm jemand eine Waffe in die Hand drückt. Nachmachen möchte man eine solche Reise nicht. Die dreibändige Erzählung aber lässt einen Abenteuer und exotische Orte erleben, wie einst bei der Lektüre von Karl May oder "Tim und Struppi". Lefèvre starb 2007, erstaunlicherweise nicht im Kugelhagel an einem Bergpass, sondern zu Hause, an einem Herzinfarkt.
Christian Tröster
Didier Lefèvre, Emmanuel Guibert, Frédéric Lemercier: "Der Fotograf", Band 1-3, Edition Moderne, je 24 Euro, ein Euro geht an die Organisation Ärzte ohne Grenzen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für den Tisch Afghanistan gilt nicht gerade als klassisches Reiseland, und das war auch 1986 nicht anders, als der französische Fotograf Didier Lefèvre dort arbeitete. Damals herrschte Krieg zwischen russischen Invasoren und Mudschahedin, und Lefèvres Aufgabe war es, hinter der Front die Arbeit der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu dokumentieren. Er schoss dafür Hunderte von Bildern. Er machte aber kein klassisches Fotobuch daraus, sondern einen Multi-Media-Comic-Strip, zusammen mit dem Zeichner Emmanuel Guibert und dem Autor Frédéric Lemercier. Mit einer Kombination von Fotos, Zeichnungen und Texten wird darin ebenso spielerisch wie ernst von der Begegnung mit einer Kultur berichtet, die Millionen Kilometer vom Westen entfernt zu sein scheint. Da sind die Bergbauern, die noch nie eine andere Sprache als ihre eigene gehört haben und den Reisenden für dumm halten, weil er die ihre nicht versteht. Da ist ein pakistanischer Beamter, der den Fotografen zu Hause empfängt, um ihm den Pass samt neuem Visum auszuhändigen - und dabei im Bett liegt. Und muslimische Kämpfer, die so gut schießen können, dass sie einen Spatzen vom Himmel holen, ohne den essbaren Körper zu zerstören - sie treffen den Kopf. Verletzte Pferde dagegen sind ihnen keine Kugel wert, die Tiere sterben einen langen und qualvollen Tod. Der Fotograf, der noch nie auf jemanden geschossen hat, bringt es nicht fertig, den Tieren einen Gnadenschuss zu geben, selbst als ihm jemand eine Waffe in die Hand drückt. Nachmachen möchte man eine solche Reise nicht. Die dreibändige Erzählung aber lässt einen Abenteuer und exotische Orte erleben, wie einst bei der Lektüre von Karl May oder "Tim und Struppi". Lefèvre starb 2007, erstaunlicherweise nicht im Kugelhagel an einem Bergpass, sondern zu Hause, an einem Herzinfarkt.
Christian Tröster
Didier Lefèvre, Emmanuel Guibert, Frédéric Lemercier: "Der Fotograf", Band 1-3, Edition Moderne, je 24 Euro, ein Euro geht an die Organisation Ärzte ohne Grenzen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Der begeisterte Christoph Haas preist den jetzt auf Deutsch vorliegenden ersten Band eines Afghanistan-Comics, den der Fotoreporter Frederic Lemercier mit den Zeichnern Emmanuel Guibert und Frederic Lemercier verfasst hat. Der Band dokumentiert eine 1986 unternommene Reise Didier Lefevres mit den "Ärzten ohne Grenzen" nach Afghanistan. Schwarz-weiße Bilderstrecken der Fotoreportage werden kombiniert mit sparsam kolorierten Zeichnungen und schaffen so ein völlig neues " Seherlebnis", das zugleich durch seine "Humanität" berührt, schwärmt Haas. Durch diese ungewöhnliche Zusammenstellung derart unterschiedlicher Medien entstehe eine faszinierende "Spannung", lobt der Rezensent, der es besonders erfreulich findet, dass der Band auch ein Afghanistan jenseits der heute dominierenden Wahrnehmung von Terrorismus und Unterdrückung der Frauen zeigt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH