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"Im August des Jahres 1674 gab es in Versailles nur noch ein Gesprächsthema: den Krieg." So beginnt Frédéric Richauds Roman - "Der Gärtner des Königs". Zeit und Ort sind eindeutig: heftige militärische Auseinandersetzungen, gleichzeitig der sich langsam vollendende Bau des riesigen Schlosses zu Versailles.

Produktbeschreibung
"Im August des Jahres 1674 gab es in Versailles nur noch ein Gesprächsthema: den Krieg." So beginnt Frédéric Richauds Roman - "Der Gärtner des Königs". Zeit und Ort sind eindeutig: heftige militärische Auseinandersetzungen, gleichzeitig der sich langsam vollendende Bau des riesigen Schlosses zu Versailles.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.2002

Gut gedüngt
Grüne Wochen in Versailles: Frédéric Richauds Romandebüt

Kaum jemand kennt die Großen dieser Welt so gut wie ihre Vertrauten. Schriftsteller bedienen sich seit langem dieser Einsicht und beschreiben das Leben von Königen und Staatsmännern gern aus der Perspektive ihrer Untergebenen. Kammerdiener und Mätressen, Maler und Leibärzte, sie alle haben uns schon Blicke hinter die Kulissen des Hofzeremoniells eröffnet.

Der Franzose Frédéric Richaud (Jahrgang 1966) stellt in seinem Romandebüt nun einen weiteren Zeugen imperialer Macht vor. "Monsieur le jardinier" - so lautet der Titel im Original, dessen offiziöser Klang sich im Deutschen nur schwer wiedergeben läßt - ist der Obst- und Gemüsegärtner Ludwigs des XIV., sein Reich sind die Nutzgärten von Versailles, die dieser unermüdliche Arbeiter in langem Ringen mit der Natur in ein kleines Paradies für Mohrrüben, Kürbisse und Apfelbäume verwandelt. Die Figur hat ein historisches Vorbild: Jean-Baptiste de La Quintinie lebte von 1628 bis 1688. Er war Jurist, entdeckte jedoch auf einer Italienreise seine wahre Bestimmung und widmete sich fortan der wissenschaftlichen Verbesserung des Gartenbaus. Seine Einrichtung des Obst- und Gemüsegartens von Versailles trug ihm nationalen Ruhm ein. Die Verherrlichung hortikologischen Wissens liegt Frédéric Richaud indes fern. Sein schmaler Roman über den Gärtner des Königs ist eine streng komponierte Studie über die Schranken, die dem aufgeklärten Verstand durch Borniertheit gesetzt sind. In kühl-distanzierter Sprache führt er uns in die Anlagen von Versailles, die in den siebziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts erst allmählich jene Formen gewannen, die sich als Zeugnis absolutistischer Herrschaft bis heute erhalten haben.

Richaud hält sich allerdings nicht lange bei der geometrischen Perfektion des Parks auf, sondern beschreibt die Mühen, mit denen sumpfige, von Insekten umschwirrte Landflächen allmählich in fruchtbares Gartenland umgewandelt werden. Urheber dieser Transformationen ist tatsächlich Quintinie, der Gärtner des Königs und sein besonderer Günstling, der hier als wortkarger Sonderling vorgestellt wird. Dem bunten Leben am Hof hält er sich fern; eine Reise in die nahe gelegene Großstadt Paris wird für den gebildeten Gemüsezüchter zum qualvollen Ausflug in eine Welt der oberflächlichen Belustigung. In scharfen Strichen zeichnet Richaud den politischen Hintergrund, vor dem sich die Hofgesellschaft amüsiert: Die Truppen Ludwigs XIV. führen Feldzüge gegen ihre Nachbarn im Norden und Osten; im Lande selbst werden die Protestanten mit brutaler Härte verfolgt.

Quintinie beunruhigen diese Nachrichten zwar, doch versucht er zunächst, sich auf seine gärtnerischen Aufgaben zu konzentrieren. "Ich werde das tun, wozu ich geboren wurde", zitiert er Marc Aurel und hegt keinen Zweifel an seiner Lebensaufgabe. Allmählich jedoch verliert Quintinie das Vertrauen in seine Arbeit. Der Briefwechsel mit seinem Freund Philipp de Neuville, einem Gegner des Zentralismus, läßt ihn an seinem Dienst für den prunksüchtigen König zweifeln. Aber auch die Bauern der Umgebung, mit denen Quintinie so gern sein landwirtschaftliches Wissen teilt, enttäuschen seine naive Hoffnung auf eine Verbesserung der Welt aus dem Geist des Gemüseanbaus. Den Ertrag seiner Nutzgärten zwar kann der kluge Mann steigern, aber die Menschen erreicht er nicht. Am Ende entscheidet sich der resignierte Gärtner für die Botanik: Eingeschlossen in sein Gewächshaus, das er nie mehr verlassen wird, überläßt er sich ganz dem organischen Stoffwechsel. So wird die Skepsis gegenüber allem Fortschritt zum eigentlichen Thema Richauds, der am Beispiel Quintinies vorführt, daß es leichter ist, Ödland in einen fruchtbaren Garten zu verwandeln, als eine erstarrte Gesellschaft zu verändern.

SABINE DOERING

Frédéric Richaud: "Der Gärtner des Königs". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Anne Götze. Manholt Verlag, Bremen 2001. 160 S., geb., 19,- [Euro].

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