Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.06.2009Von Hunden geherzt
Manchmal scheint es, als sei die Literatur mehr von Hunden als von Menschen bevölkert. Vor hundert Jahren schon stahl ein nervöser Collie dem Personal in Thomas Manns Roman "Königliche Hoheit" die Schau; wenig später folgte des Autors "Idyll" Herr und Hund. Wie man an einer literarischen Wiederentdeckung beobachten kann, schrieb auch ein ungarischer Zeitgenosse Thomas Manns vor dem Ersten Weltkrieg eine vorzügliche Hundegeschichte, die nun erstmals auf Deutsch vorliegt. Károly Lovik (1874 bis 1915) war ein Spezialist für Windhunde, und im Zentrum seines Romans steht ein jährliches Windhundrennnen, von dem die Ehre zweier rivalisierender Familien abhängt. Die Gesellschaft dieser Familien ist eine solche, "in der bereits die Säuglinge mit Windhundpeitschen spielten oder sogar mit diesen auf die Welt kamen". Vielfach anthropomorphisiert Lovik die Hunde auf belustigende Weise; ihre Gedanken kennt sein auktorialer Erzähler ebenso gut wie dieder Menschen. Der "gerissene Windhund" des Titels ist der jugendliche Held Balázs Bogdány, der das Rennen um das Mädchen Klárika macht. Nicht aber die Liebesgeschichte ist die Hauptattraktion des Romans, sondern seine erzählerischen Digressionen. In bester Tristram-Shandy-Tradition schweift Loviks Erzähler immer wieder ab. Dass er sich dafür wortreich entschuldigt, macht die Sache noch amüsanter. Erzählerisch unattraktiver, aber von ebenso krausem Witz ist ein zweiter Roman Loviks, der im selben Band präsentiert ist. (Károly Lovik: "Der gerissene Windhund / Der Goldbürger". Aus dem Ungarischen von Viktor Zachar. Kortina Verlag, Budapest, Wien 2008. 328 S., geb., 19,- [Euro].) wiel
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Manchmal scheint es, als sei die Literatur mehr von Hunden als von Menschen bevölkert. Vor hundert Jahren schon stahl ein nervöser Collie dem Personal in Thomas Manns Roman "Königliche Hoheit" die Schau; wenig später folgte des Autors "Idyll" Herr und Hund. Wie man an einer literarischen Wiederentdeckung beobachten kann, schrieb auch ein ungarischer Zeitgenosse Thomas Manns vor dem Ersten Weltkrieg eine vorzügliche Hundegeschichte, die nun erstmals auf Deutsch vorliegt. Károly Lovik (1874 bis 1915) war ein Spezialist für Windhunde, und im Zentrum seines Romans steht ein jährliches Windhundrennnen, von dem die Ehre zweier rivalisierender Familien abhängt. Die Gesellschaft dieser Familien ist eine solche, "in der bereits die Säuglinge mit Windhundpeitschen spielten oder sogar mit diesen auf die Welt kamen". Vielfach anthropomorphisiert Lovik die Hunde auf belustigende Weise; ihre Gedanken kennt sein auktorialer Erzähler ebenso gut wie dieder Menschen. Der "gerissene Windhund" des Titels ist der jugendliche Held Balázs Bogdány, der das Rennen um das Mädchen Klárika macht. Nicht aber die Liebesgeschichte ist die Hauptattraktion des Romans, sondern seine erzählerischen Digressionen. In bester Tristram-Shandy-Tradition schweift Loviks Erzähler immer wieder ab. Dass er sich dafür wortreich entschuldigt, macht die Sache noch amüsanter. Erzählerisch unattraktiver, aber von ebenso krausem Witz ist ein zweiter Roman Loviks, der im selben Band präsentiert ist. (Károly Lovik: "Der gerissene Windhund / Der Goldbürger". Aus dem Ungarischen von Viktor Zachar. Kortina Verlag, Budapest, Wien 2008. 328 S., geb., 19,- [Euro].) wiel
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