Schlicht und einfach war dein Leben...
Rosa ist gerade einmal 5 Jahre alt, als sie dem Boandlkramer ein Schnippchen schlägt. Von diesem Tag an ist ihr Lebensweg geebnet mit harter Arbeit, Entbehrungen, dem allgegenwärtigen Tod und einer großen Liebe.
Christiane Tramitz erzählt in
eindrucksvollen Worte vom schlichten, aber glücklichen und arbeitsreichen Leben der Totengräberin von Waging, die…mehrSchlicht und einfach war dein Leben...
Rosa ist gerade einmal 5 Jahre alt, als sie dem Boandlkramer ein Schnippchen schlägt. Von diesem Tag an ist ihr Lebensweg geebnet mit harter Arbeit, Entbehrungen, dem allgegenwärtigen Tod und einer großen Liebe.
Christiane Tramitz erzählt in eindrucksvollen Worte vom schlichten, aber glücklichen und arbeitsreichen Leben der Totengräberin von Waging, die sich nie die Butter vom Brot hat nehmen lassen. Rosa weiß ganz genau, was sie will und wen sie will, nämlich weg vom elterlichen Hof und den Wegscheider Anderl heiraten. Auch wenn dieser 18 Jahre älter ist als sie, findet sie in diesem Mann alles, was ihr Heimat und Zuflucht zugleich ist. Mit seiner Berufung zum Totengräber beginnt für Rosa eine immer wiederkehrende Begegnung mit dem Tod, dem sie unverkrampft und ungeniert gegenübersteht. Die Arbeit auf dem Gottesacker wird für sie zum Lebensinhalt und Rosa bietet den Dorbewohner:innen die Stirn, wenn es darum geht, emanzipiert voran zu schreiten und trotzdem die Traditionen zu bewahren.
Ein sehr einfühlsames Porträt einer ungewöhnlichen Frau, die nur eines im Leben kennt - harte Arbeit. Auch wenn sie eigenwillig und in ihrer Denkweise sehr dickschädelig sein kann, ist sie doch ein Segen für die Dorfgemeinschaft. Ihre Auffassung von hervorragender Grabpflege geht sogar soweit, dass sie 2015 Geflüchteten eine Möglichkeit gibt, für sie zu arbeiten, um diese von der herrschenden Langweile zu erlösen. Auch wenn die Waginger:innen ihr zustimmen, dass der Friedhof niemals vorher so schön und gepflegt ausgesehen hat, so muss Rosa klein bei geben und "ihre" Arbeitskräfte ziehen lassen.
Tramitz findet zu jeder Zeit die richtigen Worte, um Rosa mit all ihren Ecken und Kanten ins richtige Licht zu rücken. Es wird geschmunzelt, den Kopf geschüttelt und auch geweint, wenn die Autorin den Werdegang von Rosa für ihre Leser;innen offen legt. Über fast 70 Jahre ist die Wegscheiderin so etwas wie eine Institution, wenn es darum geht, Menschen auf ihrem Weg zur letzten Ruhe zu begleiten. Manchmal mit sehr unkonventionellen Mitteln, aber immer mit ganzem Herzen.
Eine ganz besondere Verbindung zwischen Autorin und Protagonistin entsteht, als Tramitz ihren verstorbenen Bruder von Rosa Wegscheider bestatten lässt. Ein sehr intimer Moment, der in meinen Augen die Dankbarkeit und Demut der Schreibenden gegenüber Wegscheiders Lebenswerk zum Ausdruck bringt
Ein sehr lesenswertes Buch über eine starke, eigenwillige Frau, die in ihrem Leben die Mitfahrt ins Jenseits mit dem Boandlkramer für alle "ihre" Toten so angenehm wie möglich gestaltet hat, um dann im hohen Alter nach einer letzten Zwiesprache mit ihm sanft hinüberzugleiten.